Distrikt 1860

Das Schweigen brechen

von Dagmar Gilcher |
| Lesezeit: 3 Minuten

Die drei Rotary Clubs der Stadt – der RC Darmstadt, der RC Darmstadt-Kranichstein und der RC Darmstadt-Bergstraße – unterstützen eine Kampagne gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen.

Aus Angst und Scham schweigen viele Opfer sexuellen Missbrauchs, denn oft genug kommen die Täter aus dem engsten Familienkreis. Oft kommt es vor, dass Mütter ihren Töchtern weniger glauben als dem Ehemann. "Im Schnitt", erklärt Südhessens Polizeivizepräsident Rudi Heimann, "müssen Geschädigte acht Erwachsene ansprechen, bevor ihnen einer glaubt." Und doch kommen immer mehr Fälle ans Licht: In Hessen stieg die Anzahl deutlich an, die Dunkelziffer wird nach wie vor hoch eingeschätzt. Dem Schweigen und Nicht-Glauben entgegenwirken will eine im Frühjahr gestartete Kampagne des Polizeipräsidiums Südhessen, für die sich neben dem Verein "Bürger und Polizei" auch die drei Darmstädter Rotary Clubs und die eng mit dem RC Darmstadt verbundene Kurt und Lilo Werner Stiftung engagieren.

"Hinschauen und nicht wegschauen" wollen die Darmstädter Rotarier, nachdem sie im Gespräch mit Geschädigte behandelnden Ärzten erstmals mit dem Thema konfrontiert wurden. Die Gesellschaft zu sensibilisieren, Misshandlungen zu erkennen, die ihre Schwächsten — nämlich Kinder und Jugendliche — betrifft, ist ein Ziel der groß angelegten Kampagne. "Gesellschaftliche Enttabuisierung" heißt dieser eine von fünf Punkten des Projektes, das nicht zuletzt dank des Darmstädter rotarischen Gemeinschaftsengagements und der Kurt und Lilo Werner Stiftung auf den Weg gebracht wurde. "Früherkennung gewährleisten", "Kontakthemmung zur Beratung abbauen", "Hilfsangebote bekanntmachen und erweitern" sowie "Täter verunsichern und identifizieren" sind die anderen vier.

Umfangreiche Aufklärung

Bereits angelaufen sind Informationsveranstaltungen für Eltern und pädagogisches Fachpersonal. Rund 4000 Schülerinnen und Schüler haben mit ihren Lehrkräften bereits den Dokumentarfilm "Gefangen im Netz" über sexuelle Gewalt an Kindern im Internet gesehen und an einer anschließenden Informationsveranstaltung teilgenommen. Zur Lehrerfortbildung ebenso wie für Eltern, Schülerinnen und Schüler gedacht ist eine interaktive Ausstellung "Klick clever. Wehr Dich gegen Cybergrooming".

"Wir kriegen das nur mit Aufklärung in den Griff und weil ein Viertel der Hinweise aus der Altersgruppe der Opfer stammt, müssen dort Hilfsangebote bekannt sein", wird Polizeivizepräsident Heimann in der örtlichen Presse zitiert. Wie viel sich an sexueller Gewalt im Netz abspielt, haben auch die Darmstädter Rotarier lernen müssen. "Wir haben uns intensiv mit diesem schwierigen Thema befasst und sind einhellig zur Auffassung gelangt, dass wir diese Kampagne unterstützen wollen", erklärten die drei Präsidenten der Darmstädter Clubs. Die Kurt und Lilo Werner Stiftung sagte eine Verdoppelung der Spendensumme zu. Insgesamt rund 20.000 Euro kamen so für eine Anschubfinanzierung zusammen. Insgesamt ist die Kampagne auf zwei Jahre angelegt.

Wie es aussieht, wird das Beispiel aus Südhessen Schule machen und im gesamten Bundesland übernommen. Gelegenheit für weiteres rotarisches Engagement auch andernorts.

Dagmar Gilcher

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