Kolumne Peter
von Peter Peter |
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Das spontane Freiluftessen im Bois de Boulogne vor knapp 35 Jahren wurde zum Vorbild für schicke Picknicks in Weiß rund um den Globus.

Ganz in Weiß: Das muss keine Braut sein. Churchill kleidete sich mit kolonialer Stilsicherheit gern in weißes Anzugtuch, wenn er in Südfrankreich malte oder den Commonwealth besuchte. Kreuzfahrtkapitäne machen in strahlender Paradeuniform einschließlich weiß blitzender Schuhe optisch etwas her, Fechterinnen und Fechter ebenso. Und Wimbledon kämpft unverdrossen dafür, dass auf seinem heiligen Rasen Tennis ein weißer Sport bleibt, wenn auch nicht mehr in langen Bundfaltenhosen und Faltenröcken gespielt wird.

Zugleich ist Weiß die Farbe der Küche. Klassische Köchinnen und Köche tragen weiße Schürzen. Makellos weiße Damasttischdecken gehören ebenso zur festlichen Tafel wie weißes Porzellan und gebleichte weiße Kerzen, die einstmals viel teurer waren als bienenwachsfarbene.

Was lag näher, als diese beiden Welten des eleganten und des professionellen Weiß zu verknüpfen? „Dîner en blanc“, unter diesem Schlagwort wurde 1988 erstmals in Paris ein spontanes Freiluft essen an einem öffentlichen Platz, dem Bois de Boulogne, organisiert. Die Teilnehmer sollten Weiß tragen, um sich zu erkennen, sowie Verpflegung, Campingtisch und Klappstühlchen mitbringen. Klar, dass so eine Idee nicht in Deutschland aufkam, wo man selbst im Opernhaus vor gemütlichem Schlabberlook nicht sicher ist. Frankreich, die Nation der weißen Kochmützen und der von Monet und Manet gemalten Picknicks, hat damit einen sommerlichen Trend in die weite Welt gesetzt, der längst auch unsere Metropolen erobert hat und jetzt nach dem Lockdown frisch zelebriert wird.

Auch wenn Presseorgane gegen „eine Horde weißen Wohlstands“ stänkern, so liegt der Erfolg in der lässigen Zeitgeistigkeit. Monochrome Bankette sind eine Art ästhetischer Flashmob. Die Location wird kurzfristig über soziale Netze bekannt gegeben. Sie befriedigen ebenso wie das Oktoberfest die Lust auf gemeinsame Verkleidung. Bei den wenigsten Teilnehmern dürfte ein weißes Dinner-Jacket im Schrank hängen. In Frankreich könnte frau sich bei der Modekette Blanc du Nil eindecken. Hierzulande wird eher improvisiert. Als Mann ist man schon dabei mit dem weißen Miniset Hemd, Hose, Sneakers – einfach sich ein Tischtuch umzuschlingen wie bei den seit 1967 gefeierten weißen Münchner Faschingsnächten, gilt als exzentrisch. Denn willkommen sind alle, die bei dem Motto „blanc“ mitmachen wollen und die bereit sind zu einer weiteren Modetugend: „partager“, sprich teilen. Und die vor allem nachher strikt ihren Müll wieder mitnehmen.

Zugegeben, ein Dîner en blanc ist eine elegante Alternative zur Würstchenparty mit gegrilltem Nackensteak und selbst angezapftem Plastikbierfässchen. Hier eckt man nicht an, wenn man Champagnergläser aus dem Korb zieht. Ein Hauch von Glyndebourne, den legendären Opernfestspielen mit Rasen-Picknick, darf mitschweben. Auch kulinarisch ist es erwünscht, das Thema farblich auszuspinnen. Weißwein, Lotte oder Seezunge, Béchamelsauce, Blumenkohlmousseline, Pannacotta gelten als Favoriten.

Als virtuellen Ratgeber könnte man noch einen weiteren weiß gekleideten Herrn hinzuziehen: den Papst. Einer der Vorläufer von Franziskus, Johannes XXII., hatte sich in Avignon einer reinen Diät aus weißen Speisen verschrieben. Seine Empfehlungen: Fischpasteten, Blancmanger aus Rahm und Hühnerbrust, Endivien und weißrippiger Romanasalat, provençalischer Ziegenfrischkäse. Wer dem ganzen einen pomologischen Kick geben will, könnte nach weißen Johannisbeeren oder elfenbeinfarbenen Napoleonkirschen fahnden. Oder beim Sharing demonstrativ schlicht durch Weißbrot mit weißem Speck verblüffen.

Peter Peter

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