Distrikt 1820

Entlein sich kratzend – gegen Anlagenotstand

von Christian Kaiser |
| Lesezeit: 3 Minuten

Durch Verkauf von Repliken einer von August Gaul geschaffenen Bronzeskulptur werden Mittel für den „Rotary Gestaltungspreis“ gewonnen.

Anlässlich des 100-jährigen Bestehens von Rotary International im Jahr 2005 hatten die Rotary Clubs Hanau und Hanau-Maintal die "Rotary Stiftung Zeichenakademie Hanau" gegründet. Zur Nachwuchsförderung schreibt die Stiftung jährlich landesweit den "Rotary Gestaltungspreis" aus. Wie die jüngste, inzwischen 14. Preisverleihung mit 81 eingereichten Arbeiten wieder gezeigt hat, ist der Preis sehr begehrt.

Auch wenn die finanzielle Ausstattung nicht ausschlaggebend für das hohe Renommee sein mag, ist die Finanzierung des Preisgeldes in Höhe von 3.000 Euro für die Stiftung und die beteiligten beiden Clubs dennoch Jahr für Jahr ein Thema. So ist es angesichts der Situation an den Kapitalmärkten schon länger unmöglich, aus dem Stiftungsvermögen mit mündelsicheren Anlagestrategien ausreichende Erträge zu erwirtschaften.

Damit bleibt nur die jeweilige Aufstockung der Preisgelder durch die beiden Clubs und die Verbreiterung der Ertragsgrundlage über Mehrung des Stiftungsvermögens durch Zustiftungen. So ist das Stiftungskapital von anfangs 30.000 Euro durch paritätische Zustiftungen der beiden Rotary Clubs auf inzwischen 70.000 Euro gewachsen.

Rechtzeitig vor dem 150. Geburtstag des berühmtesten Schülers der Hanauer Zeichenakademie, des Tierbildhauers August Gaul, hatte Gerhard Schulz-Wahle, ehemaliger Lehrer der Zeichenakademie, eine geniale Idee für die Lösung der Finanzierungsprobleme:

Im Archiv der Zeichenakademie schlummerte seit 1884 ein "Junges Entlein, sich kratzend" im "Dornröschenschlaf". Nachdem das August Gaul zugeschriebene Werk bisher nicht vervielfältigt worden war, lag es nahe, das Entlein "wach zu küssen", eine nummerierte Serie in begrenzter Stückzahl auf den Markt zu bringen – und damit gleichzeitig den Meister zu seinem 150. Geburtstag zu ehren.

Gedacht, getan – nach der Konzipierung folgte die Umsetzung: Es werden insgesamt 21 Abgüsse der im Werkverzeichnis als Nr. 1 angegebenen Plastik hergestellt. Die Entlein werden anschließend von SchülerInnen der Zeichenakademie durch Ziselieren der Oberflächen bearbeitet – ganz so, wie es August Gaul für seine zu vervielfältigenden Tierfiguren vorgeschrieben hatte.

Nachdem zwei Exemplare für die Museen der Stadt Hanau und die Sammlung der Zeichenakademie bestimmt sind, gelangen 19 Abgüsse mit den Nummern 1/21 bis 19/21 für jeweils 3.000 Euro in den Verkauf.

Das Entlein war zugleich Anlass für ein Unterrichtsprojekt, das sich mit der "Erfindung" einer neuen Ente befasste. Einen Tag nach dem 150. Geburtstag von August Gaul fand die "Vernissage" statt, bei der neben den Kopien der Gaul-Ente die von einer Jury ausgewählten in Bronze gegossenen gestalterischen Interpretationen vorgestellt wurden. Danach zogen die Veranstalter eine erfreuliche Bilanz: Bis auf zwei Exemplare sind die bislang hergestellten Repliken der Gaul-Entlein verkauft.

Christian Kaiser

Aus dem Magazin

Die Kraft des Singens
12 / 2025
Unter die Haut: Tattoos
11 / 2025
Die Rente ist sicher
10 / 2025
Als Gott auszog – Gedanken zur Umwidmung von Kirchen
09 / 2025
Österreich - Erinnerungen an die Zukunft
08 / 2025
Comeback des Sportvereins
07 / 2025
Man muss Menschen mögen
06 / 2025
Alles auf Anfang
05 / 2025
Cool Japan
04 / 2025
Mut zum Bruch: Deutschland nach der Wahl
03 / 2025
Gehasst oder geliebt?
02 / 2025
Wettrüsten im All: Wie Europa abghängt wird
01 / 2025
08/2024
08 / 2024
07/2024
07 / 2024
06/2024
06 / 2024
05/2024
05 / 2024
04/2024
04 / 2024
03/2024
03 / 2024
02/2024
02 / 2024
01/2024
01 / 2024