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von Peter Peter |
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Die Panettone-Mode

Peters Lebensart: Italiener essen zur Weihnachtszeit gern Panettone. Aus Sauerteig. Im deutschsprachigen Raum kennt man vor allem die trockene, krümelige Hefe-Version. In jedem Fall gilt: Augen auf beim Panettone-Kauf, denn die Preisspanne ist gewaltig, und die teuersten sind nicht immer die besten

Welche Karriere: Bis vor ein paar Jahrzehnten nur Insidern vertraut, hat Panettone im Gefolge von Cappuccino und Gelato unseren Weihnachtstisch erobert und verdrängt teilweise Stollen oder Tiroler Kletzenbrot.

Schon im Oktober tauchen in Supermärkten die ersten Schachteln auf, die Deutschlandfiliale von Eataly in München türmt Berge von verlockend verpackten Panettone-Kartons auf. Die Preisspanne ist gewaltig, reicht von zehn bis 40 Euro pro Kilo. Nicht immer ist das teuerste Produkt automatisch das beste, aber langsame Teigführung und für den Geschmack entscheidende Zutaten wie reichlich kandierte Zitrusfrüchte sind nicht zu Dumpingpreisen zu haben.

Kein „Brot von Toni“

Der in Parma lehrende Professor Alberto Grandi hat Aufsehen mit der provokanten These erregt, die wahren traditionellen Lebensmittel Italiens seien alteingesessene Industrieprodukte, dagegen scheinbar Historisches wie der Colonnata-Speck, mit dem sich schon Michelangelo gestärkt haben soll, „invention of tradition“ und Resultat erfolgreichen Regio-Marketings. Grandis Buch lässt sich in vielen Punkten angreifen, aber beim Panettone liegt er richtig. Tatsächlich ist er eine Weiterentwicklung traditioneller Sauerteiggebäcke durch Angelo Motta, den Pionier der italienischen Konditoren-Industrie, nach dem eine Bar in der Mailänder Galleria benannt ist. Seine Idee war, durch Hefezugabe das mittels einer Krepppapiermanschette eingeengte Backgut pilzförmig aufgehen zu lassen – und einen lokalpatriotischen Mailand-Bezug herzustellen, indem behauptet wurde, die Domkuppel habe diese Form inspiriert. Volksetymologischer Unsinn ist die Theorie, es sei das „Brot von Toni“, auch wenn dazu rührende Renaissancelegenden kolportiert werden. Panettone heißt ursprünglich einfach nur großer Brotlaib. Tatsache ist: Ab den 1960ern wurde industrieller Panettone zum italienweit verbreiteten „dolce nazionale“.

Panettone ist zum Experimentierfeld ambitionierter Pasticcerien geworden

 

Das veranlasste kleinere Handwerksbetriebe, Panettoni nachzubacken – viele kannten ähnliche Rezepte vom taubenförmigen Ostergebäck Colomba oder vom Veroneser Guglhupf Pandoro. Mittlerweile ist Panettone zum Experimentierfeld ambitionierter Pasticcerien geworden. Vor allem der Süden, wo das feinste Zitronat und Orangeat zu Hause sind, hat das Gebäck adoptiert. Sal de Riso von der Amalfiküste hat mit seinem „besoffenen“ Panettone ubriaco, der mit Limoncello aromatisiert ist, den Preis für den besten Panettone Italiens gewonnen. Die hinreißenden Blechdosen mit Puppentheater-Motiven, die das Designerduo Dolce & Gabbana für die pistazien- und mandelgespickten Exemplare der sizilianischen Marke Fiasconaro entworfen hat, sind adventliche Bestseller. Manchmal gleichen die Ergebnisse gigantischen Cupcakes, überzogen mit Schoko, Nougat, pinkem Zuckerguss oder Bergamottenfrosting.

Zur Not dekonstruieren

Wer Klassik bevorzugt, gönnt sich eine Scheibe im gediegenen Caffè Cova auf der Mailänder Modemeile Via Montenapoleone und trinkt dazu ganz all’italiana ein Glas süßen Schaumwein. Geheimtipps für handwerklichen Panettone sind längst Legion, meine persönlichen wären die winzige Pasticceria Namura in der Mailänder Via Castelvetro und das historische Caffè Converso im piemontesischen Bra, dem Sitz der Slow-Food-Bewegung.

Es soll auch Leute geben, die keinen Panettone mögen, vor allem nicht in der mit viel Hefe, Zucker und wenig Eiern hochgejagten Trockenversion, oder die einfach zu viele geschenkt bekommen haben. Hier der ultimative Verwertungstipp von einer hausfraulich begabten Freundin: Das gute Stück reiben und die Brösel zum Panieren nehmen – Panettone dekonstruiert!

Peter Peter

ist Gastrosoph, Restaurantkritiker und Dozent für kulinarischen Tourismus. Der Münchner publizierte „Kulturgeschichten der Küche“ und lehrte Gastrosophie an der Universität Salzburg. Zuletzt erschien sein Buch „Blutorangen – Eine Reise zu den Zitrusfrüchten Italiens“. Im Rotary Magazin schreibt er monatlich über aktuelle Themen rund um das gute Essen und die feine Küche. Er ist außerdem Autor des Podcasts „macht Hunger“ (derpragmaticus.com) und bloggt unter pietropietro.de.

Foto: Jessine Hein/Illustratoren
Peter Peter

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