Hoffmeisters Empfehlungen
von Martin Hoffmeister |
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Vier Werksempfehlungen zu Beginn seines Jubiläumsjahres

Kein zweites Komponisten-Jubiläum der älteren und jüngeren Geschichte dürfte am Ende des Jahres gewaltigeren und vielgesichtigeren medialen Hype generiert haben: Beethoven bewegt – global. Als Komponist, Neuerer, Humanist, selbst als widerständige Persönlichkeit.

Wien. Über 35 Jahre lang fungierte Österreichs kunstsinnig-vitale Metropole als Kraftund Inspirationsquelle für den umtriebigen Komponisten. Das Theater an der Wien verpflichtete Beethoven 1803 als „Composer in Residence“. Wie tief greifend der Komponist vom Genius loci der Stadt und dessen zahllosen Gesichtern erfasst und geprägt wurde, lässt die Fülle von suggestiven, aussagekräftigen Fotos, Gemälden, Zeichnungen, Stichen und Porträts des vorliegenden Bandes erkennen. Fotograf und Autor Andreas J. Hirsch führt den Leser zu den wichtigen Beethoven-Orten in und um Wien, kommentiert, erläutert und nimmt durch breit gefächertes Hintergrundwissen ein. Zitate einschlägiger Beethoven-Kenner und -Interpreten runden das kulinarisch aufbereitete Tableau ab.

Der Katalog präsentiert viele, zum Teil exemplarische zyklische Einspielungen der Beethoven-Sinfonien. Kaum zu erwarten waren vor diesem Hintergrund für das Beethoven-Jahr neue, zumal originäre interpretatorische Impulse. Für Überraschungen und Emphase sorgen daher die Exegesen des Danish Chamber Orchestra, das unter der Leitung von Adam Fischer bereits einen fulminanten Mozart-Sinfonien-Zyklus vorgelegt hatte. Mehr noch als bei Mozarts Werken nimmt Fischer bei Beethovens Sinfonien Drama, Radikalität, stilistische Grenzgänge und den Ausdrucksfuror zwischen filigran-poetischer Einlassung, schwebender Melodielinie und rhythmisch-dynamischer Attacke in den Blick. Fischers aus kammermusikalischer Perspektive gelesener Beethoven rückt die Extreme und emotionalen Amplituden der Partituren in den Mittelpunkt. Dabei geht es weniger um Effekt oder Übertreibung als um authentische Nachzeichnung der solitären Vorlagen. Eine Jahrhunderteinspielung.

Im Spätsommer vergangenen Jahres starb mit Paul Badura-Skoda einer der letzten Klavier-Legenden der globalen Szene. Für sein Geburtstagskonzert im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins im Jahr 2017 hatte der damals 90-Jährige sechs Bagatellen und die drei finalen Sonaten Beethovens programmiert. Als sachverständiger Rezipient dieses letzten Filmdokuments über den Interpreten vermag man kaum zu gewichten, ob mentale Präsenz, künstlerische Durchdringung und Imagination, spieltechnische Exzellenz, Anschlagskultur oder pianistische Noblesse des Wieners am nachdrücklichsten einzunehmen wussten. Trotz einiger filmischer und dramaturgischer Desiderate eine berührende Hommage an einen der bedeutendsten Musiker seiner Generation.

Wie zu erwarten bieten 2020 insbesondere Wien und Bonn Beethoven-Expertise. So offeriert die Geburtsstadt des Komponisten im Beethoven-Haus und in der Bundeskunsthalle gleich zwei profilierte Ausstellungen. Die zentrale deutsche Beethoven-Schau in der Bundeskunsthalle präsentiert entlang von fünf Stationen rund 250 Objekte. Die Originalexponate aus öffentlichen und privaten Sammlungen wie historische Instrumente, Autografen und Portäts nehmen in erster Linie den Menschen Beethoven und dessen komplexe Persönlichkeit in den Blick.


  • Andreas J. Hirsch, Beethoven in Wien/Vienna, Edition Lammerhuber, 216 S., 106 Fotos, 29,90 Euro //
  • Adam Fischer, Danish Chamber Orchestra, Ludwig van Beethoven, Complete Symphonies, Naxos 8.505251, CD-Box (5 CDs) //
  • Paul Badura-Skoda, Ludwig van Beethoven – Die letzten Klaviersonaten, Festkonzert zum 90. Geburtstag live aus dem Goldenen Saal des Wiener Musikvereins, Gramola GRAM 20002, DVD //
  • Ausstellung, Beethoven. Welt. Bürger. Musik, Bundeskunsthalle Bonn, bis 26. April,bundeskunsthalle.de

Martin Hoffmeister

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