Kolumne Peter
von Peter Peter |
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Birnensaison! Nicht nur auf Schloss Ribbeck im Havelland werden jetzt zahlreiche Sorten geerntet und zu Hausmannskost oder raffinierten Delikatessen verarbeitet.

Schaumwein von der Champagnerbratbirne oder der Duft von rotwangigen Butterbirnen, von rostbraunen Kaiser-Alexander-Früchten. Manche Birnensorten umweht eine noble Aura. Selbst der klebrige Stimmungsanheizer Willi geht auf ein gärtnerisches Bravourstück zurück. Walliser Züchter verfielen auf die aparte Idee, winzige Williams-Christ-Birnen am Baum mit einer durchsichtigen Flasche zu überstülpen, die goldgelben Früchte darin wachsen und ausreifen zu lassen und die Bouteille anschließend mit Birnenbrand aufzufüllen. Echtes Williams-Destillat ist eine Delikatesse mit langer theologischer Vorgeschichte: Franz von Paula, ein kalabresischer Heiliger, der gebratene Forellen zum Leben erwecken konnte, soll die Bon-Chrétien-Birne aus seiner Heimat mitgebracht haben, als er 1483 Beichtvater des französischen Königs Ludwig XI. wurde. Den Zusatz Williams nach einem englischen Züchter trägt die Frucht auch schon seit dem 18. Jahrhundert.

Saftige Renditen für Hirschbirnen-Bauern

Überhaupt haben sich im Gegensatz zu unserem Apfelangebot, das fast ausschließlich auf resistente supermarktkonforme amerikanische Neuzüchtungen zusammengeschrumpft ist, überraschend viele alte Sorten behauptet. Ein hanseatisches Rezept wie Birnen, Bohnen und Speck wird authentisch mit kleinen grünen Winterkochbirnen zubereitet, die das Alte Land auf Hamburger Märkte liefert. Vincent Klink, Doyen der schwäbischen Regionalküche, schwört auf die zierliche zimtige Varietät Stuttgarter Gaishirtle. Steirische Bauern, die in das Anpflanzen von Hirschbirnenbäumen investiert haben, können eine saftige Rendite einstreichen. Seit Hirschbirnenbrand in österreichischen Gourmetkreisen zu einer angesagten Rarität arriviert ist, ist der Kilopreis der Herbstfrüchte um das 40-fache nach oben geschnellt! Aber nicht nur regionale Streuobst-Varianten wie die helvetisch-vorarlbergische Subira oder Säulibirne sind gesucht. Auch Vielverkauftes wie die Sorte Conference oder die gute alte Gute Luise aus der Normandie erfreuten schon unsere Urgroßeltern.

Saftige reife goldene Birnen, wie sie Theodor Fontane in seiner vielzitierte Ballade Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland rühmte, sind das eine, winterliche Hutzel- oder Trockenbirnen eine Tradition, die sich vor allem im alpinen Bereich gehalten hat. Süße mit Kletzen gefüllte Schlutzkrapfen gelten als Winterschmankerl Südtirols und Beispiel bergbäuerlicher Selbstversorgung. Der Eppaner Sternekoch Herbert Hintner mischt keck molekular Dörrbirnenpulver unters Raviolimehl. Weihnachtliches Kletzen- oder Birnbrot, die katholische Antwort auf den protestantischen Stollen, lebt von seiner Trockenbirnenfüllung – Süßes aus einer Epoche, als Zucker für die meisten unerschwinglich war.

Leckere Raritäten: Gelbmöstler- und Winawitzbirnen

Obstler oder Apfelbirnenmost – der beliebte Mischmasch wird immer häufiger durch Sortenreines ersetzt. Britischer oder irischer Perry aus tanninreichen Mostbirnen oder bretonischer Poirée findet zunehmend Liebhaber, hessische Äppelwoi-Schenken locken mit Birnen-Mispel-Vergorenem und das österreichische Mostviertel versucht, den Bauerntrunk durch moussierende Raritäten von der Gelbmöstler- oder der geheimnisvollen Winawitzbirne aufzuwerten. So tun sich zu Klassikern der feinen Küche wie pochierten Birnen in Rotwein oder Auguste Escoffiers Dauerbrenner Birne Helene (mit kandierten Veilchen!) eine Fülle an reizvollen Alternativen auf – wie wäre es, einmal ein fast tausendjähriges Rezept von Hildegard von Bingen auszuprobieren: Birnenlatwerge, stundenlang ohne Zuckerzusatz gerührt und mit Bärwurzkraut verfeinert?

Peter Peter

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