Kolumne Peter
von Peter Peter |
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Uralte Konservierungstechniken sind in Privathaushalten wieder angesagt.

Die Republik fermentiert. Die Alpenrepublik auch. Markantestes Beispiel: Unser Sauerkrautkonsum geht seit Jahrzehnten zurück, dafür ist jetzt selbst eingelegtes koreanisches Kimchi die Trendspeise der Millennials. Und immer mehr Haushalte versuchen sich an selbst gebackenem Sauerteigbrot. Ein Begriff, der vorher eher nur Biochemikern und Teekennern vertraut war, ist plötzlich in aller Munde und löst Begeisterung aus. Woher kommt dieser Megatrend?

Da spielen verschiedene Faktoren zusammen. Ein Influencer, wie das fünfmal weltbeste Restaurant Noma in Kopenhagen, hat mit seinem Guide to Fermentation breite Kreise in das asiatische Aromenpotenzial dieser Konservierungstechniken eingeführt. Kenntnisreiche Infos über japanische Misopaste, KojiPilze und Kombucha-Drinks haben unzählige Nachahmer auf dem Ratgebermarkt gefunden. Zeitgeistgemäß ist die schonende Natürlichkeit der Methode – im Prinzip langen etwas Salz, Geduld und Bereitschaft zum Schnippeln, Selbsteinlegen und regelmäßigen Kontrollieren – praktizierte Entschleunigung. Nicht wenige haben auch das Gefühl, mit diesen liebevoll praktizierten Do-it-yourself-Ideen der Lebensmittelindustrie mit ihrem für Laien schwer durchschaubaren Konglomerat an Geschmacksverstärkern und Konservierungsstoffen ein Schnippchen zu schlagen.

Und ganz wichtig: Fermentierte Speisen sind gesünder und vitaminreicher als Eingekochtes, Geräuchertes, stark Eingesalzenes oder chemisch Aufgepepptes, ja teilweise sogar bekömmlicher als Frisches. Doch was bedeutet der modische Fachbegriff Fermentieren eigentlich? Spontane Umfragen im Freundeskreise ergaben, dass da ziemlich viel Unklarkeit herrscht. Unser Zugang ist im Wesentlichen vegetarisch – so verrät das SlowFood-Heftchen zum Fermentieren ausschließlich spannende Gemüserezepte wie Rote Beete mit getrockneten Kirschen oder Ingwermöhren. Doch nicht nur Kapern, Käse, Oliven, Wein, Buttermilch und Sojasauce sind fermentiert, auch jede Salami!

Ein fantastisches Fermentier-Restaurant wie das Etz in Nürnberg fabriziert in seinem Labor nach römischen Rezepten die „nachhaltige“ Fischsauce Garum aus den Karkassen von Karpfen. Kurzum, Fermentieren ist, vereinfacht formuliert, ein kontrollierter Reifungs- oder auch Gärungsprozess (lat. „fermentum“ = Gärung), wobei meist dosierte Salzzugabe und die entstehenden Milchsäurebakterien das Schimmeln oder Faulen verhindern und eine Art Vorverdauungsprozess einleiten.

Aber auch Oolong-Tee und schwarze Sorten sind fermentiert – gereift durch Oxidation ohne Salz in warmen, feuchten Räumen. Eigentlich bräuchten wir in Zeiten gigantischer Kühlketten diese historischen Konservierungstechniken nicht mehr unbedingt. Doch nach dem Hype mediterraner Frischküche entdecken wir dadurch nicht nur Facetten asiatischer Kochkulturen. Auch die traditionelle Geschmacksvielfalt der skandinavischen und slawischen Nationen, die für die langen Wintermonate Lebensmittel haltbar machen mussten, rückt ins Blickfeld und verleiht diesen Ländern internationalen kulinarischen Rang.

Auch wenn nicht jedem der Geruch von allem Fermentierenden (wozu ja auch isländischer Gammelhai zählt!) zusagt: Fermente sind eine enorme Bereicherung unseres Speisezettels. Ich werde mich jedenfalls jetzt in die Küche begeben und den Rotkohl, den ich auf dem Markt gekauft habe, nicht wie früher kochen, sondern ganz fein schneiden, mit Meersalz und Blutorangensaft kurz fermentieren und in ein paar Tagen als köstliche Halbrohkost verspeisen.

Peter Peter

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