Neues vom RC Bröckedde - Folge 183
20 Minuten

Bröckedde liegt im Herzen Deutschlands – dort, wo Rhein und Donau in den schönen Bröckeddesee münden. Hier trifft sich im Bröckedder Hof der RC Bröckedde zum Meeting – jeden Mittwoch um 13 Uhr im Salon Hindenburg.
Als Jungrotarier Wasserlos den Salon Hindenburg betrat, staunte er nicht schlecht. Einige Freunde waren dabei, Schlafsäcke zu entrollen, andere stellten Liegen auf oder bequeme Clubsessel. „Warum?“, fragte er Präsident Pröpke. Der meinte schulterzuckend: „Heute spricht Freund Schlunzbach. Seine Vorträge sind immer sehr lang, unter zwei Stunden macht er es nicht.“
„Gilt bei uns nicht die 20-Minuten-Regel?“, wandte Wasserlos ein.
„Für Schlunzbach nicht und für ein paar weitere Freunde auch nicht“, seufzte der Präsident.
Diesmal kam Schlunzbach auf zweieinhalb Stunden. Immerhin hatte er das Thema „Die Freie Reichsstadt Bröckedde als konstitutives Element des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation“ derart erschöpfend behandelt, dass die Schlafsackfraktion bereits nach einer Stunde selig entschlummert war. Der Rest des RC Bröckedde hing zermürbt in den Clubsesseln.
„Nun ist es aber genug“, befand Pröpke und griff durch. Bei allen Folgevorträgen läutete er ab der 21. Minute mit der Glocke, ab der 30. Minute ließ er eine Sirene aufheulen. Zudem wurde jede zeitliche Überziehung mit dem Abzug von fünf Präsenzen und einem Negativeintrag in der Clubchronik geahndet.
Der Clubintellektuelle Dr. Krümelein hielt in seinem Auftrag einen (zehnminütigen) Vortrag über rhetorische Meisterwerke. So dauerte die legendäre Gettysburg-Rede von US-Präsident Abraham Lincoln 1863 gerade mal zwei Minuten. Und Martin Luther Kings weltbekannte „I have a dream“-Rede war moderate 17 Minuten lang.
„Machen wir es wie Lincoln“, riet Pröpke den Freundinnen und Freunden. Plötzlich wurde es chic, sich so kurz wie möglich zu fassen. Jungrotarier Wasserlos machte den Anfang. Er stürmte vor zum Rednerpult, ballte die Faust und rief „Yes, we can!“ Danach kehrte er zu seinem Platz zurück, während der Beifall aufbrandete. Freund Krummbiegel berichtete über den Untergang der Titanic in aller Lakonie: „Und dann war sie weg.“
Nach einer Weile meinte Dr. Krümelein: „Irgendwie ist diese Prägnanz inhaltlich nicht sehr befriedigend.“ Pröpke pflichtete ihm bei und verfügte, dass künftig alle Reden wenigstens 15 Minuten lang sein sollten.
„Das mache ich gerne“, erklärte Freund Schlunzbach. Er eröffnete die neue Runde mit einem Referat zum Thema „Wie das Heilige Römische Reich Deutscher Nation in der Großen Kreisstadt Bröckedde weiterlebt“. Nach exakt einer Viertelstunde verließ er das Rednerpult. Allerdings mit der Ankündigung: „Die Teile 2 bis 10 dieses Vortrags folgen in den nächsten neun Meetings.“

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