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Rotary im Norden

Projekt verhilft Schülern zum Abschluss

Rund sieben Prozent der Schüler in Hamburg und Schleswig-Holstein verlassen die Schule ohne Abschluss. Ein Projekt, finanziert von 22 norddeutschen Rotary-Clubs und der Agentur für Arbeit, steuert erfolgreich dagegen.

Kai-Axel Aanderud30.07.2013

„So viel Spaß hat mir Lernen noch nie gemacht“, sagt Christin Grygas strahlend. Die 14-jährige Achtklässlerin ist eine von 35 „Risikoschülern“ aus Hamburg und Schleswig-Holstein, die sich in der „Leuphana-Sommerakademie“ in der Internationalen Bildungsstätte Scheersberg bei Flensburg drei Wochen lang auf ihren Hauptschulabschluss und Berufseinstieg vorbereitet haben. „Ich möchte Tierpflegerin werden, doch es reicht nicht, gut mit Tieren umgehen zu können, dafür brauche ich einen Hauptschulabschluss“, sagt die Preetzerin, „da meine Noten zurzeit zu schlecht sind, habe ich mich angemeldet.“

Zum ersten Mal fand die „Sommerakademie“ im Norden Deutschlands statt, finanziert von 22 norddeutschen Rotary-Clubs des „Distrikts 1890“ und der Agentur für Arbeit. Rund sieben Prozent der Schüler in Hamburg und Schleswig-Holstein verlassen die Schule ohne Abschluss. „Die Sommerakademie arbeitet dem Ziel eines Schulabschlusses aktiv entgegen. Sie ist wichtig, denn nur gut ausgebildete Kräfte werden auf dem Arbeitsmarkt von morgen bestehen können“, sagt Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz.

GANZTÄGIGER UNTERRICHT

Ein hochkarätiges Team aus Fachkräften und Referendaren unterrichtete die Jugendlichen vormittags in Mathematik, PC-Technik und Deutsch, nachmittags standen Sport und Spiel auf dem Stundenplan. „Besonders beliebt waren der Gesangs- und Tanzkurs“, sagt Kursteilnehmer Iilja Radanovic (14) aus
Hamburg-Altona, „ denn zum Abschluss des dreiwöchigen Kurses haben wir ein Musical aufgeführt."

„Während die Schüler in der Schule meist auf ihren Kopf reduziert werden, kümmern wir uns in unserer Sommerakademie um den ganzheitlichen Menschen mit Kopf, Herz und Hand“, sagt Kurt Czerwenka, Bildungswissenschaftler an der Leuphana-Universität Lüneburg und Vater des pädagogischen Konzepts. „Die Ursachen für Schulschwächen sind vielfältig, neben kognitiven spielen insbesondere bei Schülern mit Migrationshintergrund auch soziale Faktoren eine Rolle. Wir verhelfen diesen jungen Menschen zu neuer Motivation, viele von ihnen haben bislang nur ihre Hilflosigkeit kennengelernt“, sagt Czerwenka.

Der Erfolg gibt ihm Recht: 75 Prozent seiner bisherigen Sommerakademie-Teilnehmer haben nach Kompaktkurs und einjähriger intensiver Nachbetreuung am Heimatort den Hauptschulabschluss geschafft, 25 Prozent gelang die Mittlere Reife. 2009 wurde das Projekt vom Bundespräsidenten als „Ausgewählter Ort im Land der Ideen" ausgezeichnet, allein in diesem Jahr finden bundesweit acht Kompaktkurse statt.

LOB VON DEN LANDESREGIERUNGEN

Rund 4000 Euro pro Schüler kostet die „Sommerakademie“ einschließlich der einjährigen individuellen Nachbetreuung. „Eine gute Investition“, betont Sönke Fock, Geschäftsführer der Agentur für Arbeit Hamburg, „denn ohne Berufsausbildung kommt die Unterstützung über Hartz IV den Staat und die Gesellschaft deutlich teurer zu stehen.“

Lob für die Aktion kommt denn auch von den beiden Landesregierungen: „Die 22 verantwortlichen Rotary-Clubs helfen Schülerinnen und Schülern dabei, neue Perspektiven für ihr Berufsleben zu entwickeln und so an der Gesellschaft teilzuhaben“, sagt Torsten Albig, Schleswig-Holsteins Ministerpräsident, „ich freue mich sehr über dieses Engagement. Mit ihrem Projekt zeigen die Rotary-Clubs Wege auf und machen jungen Menschen Mut.“ Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz pflichtet ihm bei: „Ich bedanke mich bei den 22 Rotary-Clubs des Distrikts 1890, der Agentur für Arbeit sowie der Leuphana-Universität Lüneburg für die Umsetzung des Camps und wünsche den Schülern viel Erfolg für die Zukunft!“

Ein Jahr lang werden Christin Grygas, Iilja Radanovic und ihre 33 „Sommerakademie“-Mitschüler nun noch von ihren „Teamern“, wie die Lehrer hier heißen, individuell betreut, um dann in einer feierlichen Zertifikatsverleihung hoffentlich ihr Abschlusszeugnis ausgehändigt zu bekommen.
(Von Kai-Axel Aanderud, Präsident des RC Hamburg-Deichtor)