Zehn Jahre Rotary Verlags GmbH
Rotary wird Verleger
»Unsere Zeitschrift soll die wirtschaftlichen und geistigen Strömungen der Zeit in jenem menschlichen, verständlich-verständigem Sinne in sich aufnehmen, der das innerste Geheimnis rotarischen Wesens ist«
Dezember 1998: In den Führungszirkeln der Governorräte in Deutschland und Österreich ist von vorweihnachtlicher Besinnlichkeit noch keine Spur, denn Rotary verlangt volle Aufmerksamkeit: Es gilt eine neue rechtliche Struktur für diese Zeitschrift, die damals noch DER ROTARIER hieß, unter Dach und Fach zu bringen. Mit der am 17. Dezember 1998 errichteten Stiftung DER ROTARIER und dem tags darauf geschlossenen Gesellschaftervertrag der Rotary Verlags GmbH gelingt die Operation, mit der die Loslösung der Zeitschrift aus dem Hans Christians Verlag in Hamburg vollzogen wird.
Die Verlagsgründung, über deren Einzelheiten Past-Gov. Rudolf Hilker im Interview auf Seite 16 berichtet, erfolgte mit dem Ziel, die Herausgabe dieser Zeitschrift „zukunftssicher in einer personenunabhängigen, zur Rotary-Organisation gehörenden Rechtsform“ zu gestalten, wie es in einem Bericht im Januar-Heft 1999 hieß.
„Personenunabhängig“ ist das Stichwort, auf das es hier ankommt: Mit dieser Änderung ging die fast 50 Jahre währende Führung der Zeitschrift durch einzelne Rotarier zu Ende.
Vor allem eine Persönlichkeit ist hier zu nennen: Kurt Christians (1909– 1998) war genau 564 Ausgaben lang neben den Chefredakteuren Horst Meinecke (bis 1959), Christian Jenssen (bis 1987), Helmut Pleß (bis 1996) und Gerald Deckart (bis 2000) der anerkannte Verleger einer Zeitschrift, die innerhalb von Rotary International viel Anerkennung erwarb. Er hat noch selbst daran mitgearbeitet, für sein Lebenswerk ein neues Fundament zu gießen.
Nun ging die Zeitschrift in das Eigentum der Stiftung der Rotarier über, aus deren Gesamtzahl wurde über eine von den Distrikten zu zahlende Umlage das Stiftungskapital gebildet. Zu dem Paket, das bei dieser Gelegenheit in die Verlags-GmbH überführt wurde, gehörten auch das Club- und Mitgliederverzeichnis sowie weitere Schriften zu Rotary, der Aufgabenbereich Internet und die Betreuung der Datenbank. (Über Stiftung und Verlag, Strukturen, Gremien und Ausstattungen informiert das Mitgliederverzeichnis 2008/09 auf Seite 8.)
Es mag heute selbstverständlich sein, dass eine Mitgliederzeitschrift auch den Mitgliedern gehört, doch 1950 lag dieser Gedanke noch in weiter Ferne:
Nachdem 1949 die ersten Clubs in Frankfurt/Main, Hamburg, Hannover und Stuttgart wieder in Rotary International aufgenommen worden waren, kam es in schneller Folge zu 23 weiteren Gründungen. Ihre Vertreter wählten Robert Hausmann (Stuttgart) im Frühjahr 1950 zum ersten Governor des Distrikts 74 und beschlossen im September die Wiedergründung einer Mitgliederzeitschrift. Wie sie aussehen sollte, war für die erfahrenen (Vorkriegs-)Rotarier keine Frage: wie der „erste“ ROTARIER, der 1929 in München gegründet und 1937 noch vor der Selbstauflösung der deutschen Clubs eingestellt worden war. Verlagsort sollte allerdings nicht mehr München sein, sondern Hamburg, wo Hausmann zwei junge Rotarier für diese Aufgabe gefunden hatte: Horst Meinecke, eigentlich Forstwirt und Unternehmer, jetzt in Personalunion Herausgeber und Redakteur, und Kurt Christians, der als Inhaber von Hans Christians Druckerei und Verlag die technisch-wirtschaftliche Seite abdeckte.
24 Seiten, ein Foto, 500 Exemplare – das waren Ende 1950 die Eckdaten der Nullnummer, aus der im folgenden Januar die Nr. 1 mit immerhin schon 28 Seiten hervorging. Für diese kleine Zeitschrift einen eigenen Verlag zu gründen, kam verständlicherweise keinem in den Sinn, und es sollte noch eine ganze Weile dauern, bis sich das Unternehmen 1959 einen ersten hauptamtlichen Redakteur leisten konnte. Da allerdings hatte man schon mächtig Fahrt aufgenommen, die Zeitschrift wuchs in Umfang, Ausstattung und Auflage, nicht zuletzt dank der österreichischen Freunde, die 1960 wieder dazukamen. Bis 1957 stieg die Auflage auf 5.000 Exemplare, die 10.000 wurden 1967 erreicht, die 15.000 im Herbst 1971. 1992 mit Erscheinen der 500. Ausgabe waren es 32.000. Heute druckt der Verlag jeden Monat alles in allem 55.000 Hefte.
Wenn die alten Herren die Vorkriegszeitschrift als Vorbild empfahlen, dann wegen der Zweiteilung aus rotarischer Berichterstattung und allgemein interessierenden Fachbeiträgen. Dem ersten Redakteur Karl Wolfskehl war das ein Herzensanliegen. Ein einfaches Vereinsblatt sei für Rotary zu wenig: „Unsere Zeitschrift“, so schrieb er 1930, „soll die wirtschaftlichen und die geistigen Strömungen der Zeit in jenem menschlichen, verständlich-verständigem Sinne in sich aufnehmen, der das innerste Geheimnis rotarischen Wesens ist.“
Auch wenn sich die Themen naturgemäß wandeln, das Konzept hat sich über 80 Jahre seine Frische bewahrt. Jede Ausgabe des Rotary Magazins folgt dieser Leitlinie und findet Zuspruch, weil darin Auftrag und Anspruch Rotarys als gesellschaftliche Kraft adäquaten Ausdruck finden. Insofern steht das Rotary Magazin in einer bewährten Tradition, an der die Rechtsform nichts geändert hat.
Matthias Schütt ist selbständiger Journalist und Lektor. Von 1994 bis 2008 war er Mitglied der Redaktion des Rotary Magazins, die letzten sieben Jahre als verantwortlicher Redakteur. Seither ist er rotarischer Korrespondent des Rotary Magazins und seit 2006 außerdem Distriktberichterstatter für den Distrikt 1940.
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