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Folge 110

Der Kellner Alfons

Bröckedde liegt im Herzen Deutschlands – dort, wo Rhein und Donau in den schönen Bröckeddesee münden. Hier trifft sich im Bröckedder Hof der RC Bröckedde zum Meeting – jeden Mittwoch um 13 Uhr im Salon Hindenburg

Alexander Hoffmann01.10.2015

Alfons, der neue Kellner im Bröckedder Hof, war sehr zuvorkommend, aber irgendwie mit den Gepflogenheiten im Salon Hindenburg nicht vertraut. So sprach an einem heißen Augusttag Freund Dr. Krümelein über den Ausbruch des Ersten Weltkriegs und warf eine rhetorische Girlande in den Raum: „Europa hielt den Atem an und fragte sich …“


 „… Wer kriegt das Weißbier?“ – Alfons war hereingestürmt und blickte fordernd in die Runde.
 Beim folgenden Meeting hatten sich alle erhoben, um zweier verstorbener Freunde zu gedenken. Es herrschte dezentes Schweigen, als die Schwingtür zur Küche aufging und Alfons trompetete: „Roulade ist aus!“ Die Woche darauf gedachte Präsident Pröpke, einem neuen Freund feierlich die Nadel ans Revers zu heften. Just in diesem Moment schoss Alfons zwischen den beiden hindurch; er balancierte vier Teller und donnerte über die Tische hinweg: „Achtung, sehr heiß!“ In der Folge wurde Alfons mit Rotary immer intimer. Die Suppe servierte er mit einem heiteren „Schon für PolioPlus gespendet?“ und die Freundinnen betreute er mit einem aufmunternden „Mehr von Ihnen im Club wäre schön“.


Als etwas störend wurde allerdings empfunden, dass Alfons bisweilen beim Servieren innehielt, dem Referenten lauschte und ihn mit einem „Hört, hört“ oder einem „Na ja“ begleitete. Präsident Pröpke resignierte: „Unser Alfons ist halt, wie er ist.“ Ihn plagte eine ganz andere Sorge, denn niemand war bereit, das Amt des Sekretärs zu übernehmen. Pröpke sagte: „Dafür brauchen wir jemand mit Umsicht und äußerster Präzision – er muss mit den rotarischen Details vertraut sein.“ Dann kam bei einem Plaudermeeting die Frage auf, wann genau Rotary gegründet wurde. Dr. Krümelein meinte: „1904“. Alfons schenkte ihm gerade Wein ein und sagte beiläufig: „Verzeihung der Herr, aber es war 1905. Am 23. Februar.“ Dr. Krümelein fasste sich an den Kopf: „Natürlich. Eigentlich hatte ich das parat, ebenso die Gründung des ersten deutschen Clubs in Hamburg 1928.“ Alfons sagte, nun lässig an die Anrichte gelehnt: „Bedaure, es war 1927. Übrigens unter Vorsitz von Altkanzler Wilhelm Cuno.“ Er deutete eine elegante Verbeugung an: „Man hilft ja, wo man kann.“ Und Präsident Pröpke murmelte: „Na also, da haben wir den neuen Sekretär.“

Alexander Hoffmann
Alexander Hoffmann (RC Frankfurt/Main-Römer) ist korrespondierendes Mitglied des RC Bröckedde. Nach langen Jahren als politischer Redakteur bei namhaften Tageszeitungen (zuletzt "Süddeutsche Zeitung") ist Hoffmann heute als Unternehmensberater tätig. Daneben zahlreiche Sachbuchveröffentlichungen zu den Themen Zeitgeschichte und Medizin sowie satirische Beiträge für den Rundfunk. Dem satirischen Düsseldorf-Roman "Der Wolkenschieber" folgten 2019 der Krimi "Hopfen, Malz & Blut" und 2020 der Krimi "Phantom im Wiehengebirge". 2021 erschienen der Krimi "Bommfördes Erbe" und der Roman "Brillanter Abgang". 2022 folgte der Wirtschaftskrimi "Mainopoly". 2023 erschienen der Krimi "Tödliche Eisernte" und die Katzennovelle "Der Chef bin ich".
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