Kassel
Abschreckung, Unterstützung und Deeskalation
Rotary-Neujahrsempfang in Kassel: Friedens- und Konfliktforscher Driedger spricht über eine Strategie im Krieg gegen die Ukraine.
Entgegen allen düsteren Prognosen, zu denen der Krieg Russlands gegen die Ukraine Anlass gibt sieht Dr. Jonas J. Driedger "auch Gründe zur Hoffnung". Auf dem Neujahrsempfang der fünf Rotary Clubs aus Kassel und der Region im Foyer des Kasseler Staatstheaters am 29. Januar 2023 verwies der Politikwissenschaftler von der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung in Frankfurt am Main insbesondere auf Forschungsergebnisse zur effektiven Krisendiplomatie.
Er empfahl eine Kombination aus militärisch-politischer Abschreckung, umsichtiger und umfassender Unterstützung der Ukrainerinnen und Ukrainer in Verbindung mit einer andauernden Suche nach Erfolgen durch verhandelte Deeskalation.
Driedger bezeichnete den Krieg und seine Folgen als "insgesamt verheerend, beispiellos und katastrophal". Der Krieg habe die Probleme in anderen Politikfeldern verschärft, sagte der Forscher unter Hinweis auf den Bürgerkrieg in Syrien, das iranische Nuklearprogramm, die globale Klimapolitik und die energiepreisabhängige Wettbewerbsfähigkeit europäischer Industrien bis hin zur Lebensmittelversorgung in Afrika und dem Menschenhandel zwischen West- und Osteuropa.
Mittelfristig erwartet Driedger das Fortdauern, wenn nicht sogar "eine weitere Verschärfung dieser Prozesse". Er erkenne "diverse Faktoren", die eine Fortführung oder weitere Eskalation des Krieges wahrscheinlich machten und zitierte Forschungsergebnisse, die auf eine stetig steigende Risikobereitschaft des russischen Regimes schließen lassen. Zugleich zeigte er auf, dass vermeintlich positive zukünftige Entwicklungen, wie weitere ukrainische Rückeroberungen oder eine Destabilisierung des Putin-Regimes, auch mit Risiken und Ungewissheiten einhergehen würden.
Bertram Hilgen, Präsident des RC Kassel, wies im Namen aller gastgebenden Clubs auf die vielfältigen Initiativen der rotarischen Bewegung zur Linderung der Folgen des Krieges hin: "Unsere Clubs unterstützen die Menschen in der Ukraine, sie helfen Flüchtlingen und sie tragen dazu bei, dass die Folgen sprunghaft gestiegener Energie- und Lebensmittelpreise für die Ärmsten in unserem Lande etwas abgefedert werden – getreu unserer Mission, anderen Menschen zu helfen."
Zur Person des Referenten:
Dr. Jonas J. Driedger ist ein Politikwissenschaftlicher und -berater. Er forscht zu zwischenstaatlichen Kriegen, Abschreckung in den internationalen Beziehungen, Beziehungen zwischen Großmächten und ihren Nachbarstaaten sowie russischer, deutscher und transatlantischer Sicherheitspolitik. Er betrieb mehrere Jahre Feldforschung in Kiew, Moskau, Washington und Brüssel. Dr. Driedger ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Programmbereich "Internationale Sicherheit" am Leibniz-Institut Hessische Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung (PRIF/HSFK) sowie am Forschungszentrum Transformations of Political Violence (TraCe).
Claus Peter Müller von der Grün ist Journalist. 1960 in Kassel geboren kehrte er — nach dem Studium in Dortmund und verschiedenen beruflichen Stationen in Dortmund, Düsseldorf und Frankfurt — nach der Wiedervereinigung nach Kassel zurück. Dem RC Kassel-Wilhelmshöhe gehört er seit dem Jahr 2000 an. Im Jahr 2013/14 war er Präsident seines Clubs. Sowohl im Club, als auch auf der Distriktebene war er schon mehrfach in Sachen der Kommunikation aktiv, derzeit ist er Distriktberichterstatter von D1820.
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