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St. Peter-Ording

"Das Schweigen war wie eine Muttersprache"

St. Peter-Ording - "Das Schweigen war wie eine Muttersprache"
Dörte Hansen freut sich über den mit 1500 Euro dotierten Kunst- und Kulturpreis des Rotary Club EiderstedtSt. Peter-Ording. © D1890/Özren

Dörte Hansen ist die diesjährige Preisträgerin des Kunst- und Kulturpreises des RC Eiderstedt-St. Peter-Ording. Die Bestsellerautorin hat Nordfriesland weltbekannt gemacht.

Can Özren01.10.2019

Der einzige Club auf der Halbinsel Eiderstedt fördert seit 1998 künstlerische Leistungen, die Schriftsteller, Maler oder Bildhauer in Nordfriesland oder in Schleswig-Holstein erbracht haben. Es war daher naheliegend, dass Dörte Hansen für ihre Bücher „Altes Land“ und „Mittagsstunde“ diese Auszeichnung erhalten musste. Mit diesen Werken habe die promovierte Soziolinguistin und Journalistin viel dafür getan, einem breiten Publikum die norddeutsche Kultur nahezubringen. Mit mehr als einer Million verkauften Expemplaren ist „Altes Land“ ein Überraschungserfolg geworden und kommt 2020 in die Kinos. Dörte Hansen lebt heute in Högel in der Nähe ihrer Geburtsstadt Husum.

Mehr als das Land Theodor Storms
„Nordfriesland hat eine lange und große Tradition der schreibenden Frauen: Margarete Böhme, Thusnelda Kühl oder Meta Schoepp, die ebenfalls Bestsellerautorinnen waren, aber durch die Nazizeit fast völlig in Vergessenheit geraten waren. Nordfriesland ist also nicht nur das Land Theodor Storms. Es ist das Land vieler bedeutender Künstler, aus der bildenden Kunst, von Filmemachern und Fotografen, und vor allem die Schriftstellerinnen aus Nordfriesland sind bedeutend. Am bekanntesten ist zweifellos Dörte Hansen“, sagte Präsident Finn Gawellek bei der Preisverleihung, zu der Rotarier der umliegenden Clubs gekommen waren.

Die Laudatio auf die Autorin hielt der Literaturkenner Dr. Klaus Busacker. Zunächst ging er auf den Roman „Altes Land“ ein, der sich mit der schwierigen Integration von Flüchtlingen aus dem Osten am Ende des Zweiten Weltkriegs beschäftigt. In „Mittagsstunde“ geht es um die tief greifenden Veränderungen, die das fiktive Dorf Brinkebüll in den vergangenen 50 Jahren erfahren hat.

Das kenne ich aus meinem Dorf
Busacker: „Fast jedes Gespräch über die ,Mittagsstunde‘ ist sehr schnell bei dem Hinweis: Das kenne ich aus meinem Dorf! Das Verschwinden des Misthaufens auf dem Bauernhof, der Verfall des Dorfkruges, der forsche Landwirt X, der den Zug der Zeit erkannt hat und kräftig modernisiert, der vorsichtige Y, der zurückbleibt, sein Vieh verkaufen muss, sein Land verpachtet.“ Im Mittelpunkt steht die Figur Dr. Ingwer Feddersen. In seiner Familie liegt einiges im Argen, aber niemand spricht darüber. „Das kennen wir alle aus unseren eigenen Familien, es war bei den Großeltern und Eltern um 1945 besonders ausgeprägt. An einer zentralen Stelle im Roman heißt es über Brinkebüll: ,Das Schweigen war wie eine zweite Muttersprache‘“, sagte Busacker. Dörte Hansen erhielt ein Preisgeld über 1500 Euro.