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Frankfurt am Main

Deutschland-Israel: Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft

Frankfurt am Main - Deutschland-Israel: Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft
Menora in der Frankfurter Westendsynagoge © Christian Kaiser (alle Fotos)

Bericht vom Jahrestreffen des Länderausschusses Deutschland-Israel (LADI)

Christian Kaiser03.11.2021

"Deutschland-Israel: Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft": Unter diesem Motto stand das dreitägige Jahrestreffen des Länderausschusses Deutschland-Israel (LADI). Der Vorsitzende der deutschen Sektion, Karl-Heinrich Link (RC Wiesbaden) hatte nach Frankfurt a. M. eingeladen, eine Stadt mit großer jüdischer Vergangenheit.

Die "Gastgeber", Elisa Klapheck und Rainer Klump (beide RC Frankfurt/M.-Städel), hatten hier zusammen mit LADI-Sekretär Ulrich Soénius (RC Köln-Römerturm) ein umfangreiches und anspruchsvolles Programm zusammengestellt – so umfangreich, dass der Distriktberichterstatter hier nur in Auszügen berichten kann.

Den Auftakt am Freitag, nach Ankunft der israelischen Gäste, bildete ein Besuch des kürzlich von Grund auf restaurierten jüdischen Museums. Nach der Begrüßung durch Direktorin Mirjam Wenzel (RC Frankfurt/M.-Skyline) hatten die Teilnehmer Gelegenheit, in kleinen geführten Gruppen Teile der umfangfangreichen Ausstellung zu besichtigen.

Am Samstag fand die LADI-Arbeitstagung in der Deutschen Nationalbibliothek statt. Nach Begrüßung und Vorstellung der Aufgaben der Deutschen Nationalbibliothek durch die Leiterin Ute Schwens (RC Oberursel) richteten Governorin Edith Karos (RC Wiesbaden-Nassau) vom Leitdistrikt D1820 und Udo Noack (RC-Hildesheim-Rosenstock), Vorsitzender der Länderausschüsse beim Deutschen Governorrat, Grußworte an die Versammlung.

In ihrem Vortrag zum heutigen jüdischen Leben in Frankfurt gab Rabbinerin Elisa Klapheck einen Überblick über eine gelebte Vielfalt, die von liberal bis orthodox reicht.

Ebenfalls Vielfalt weisen die vorgestellten laufenden und geplanten Sozialprojekte auf. So berichtete Ulrich Soénius über ein Hilfsprojekt für zwei Schulen in Lod, in denen schwerstbehinderte Kinder, viele aus arabischen Familien, unterrichtet werden.

Cara Dielmann (RC Frankfurt Rhein-Main) und Peter Enderle (RC Wiesbaden) stellten ein Global-Grant-Projekt der Rotary Clubs Frankfurt Rhein-Main und Beer-Sheva vor — "Healthy Mothers and Children – for a healthy Bedouin-Society", das angesichts der bei Beduinen häufig vorkommenden Eheschließungen unter Blutsverwandten die Aufklärung und Hilfe bei genetischen Krankheiten zum Ziel hat.

Gideon Peiper (RC Ramat Ha Sharon, Israel), Leiter der israelischen Sektion des LADI, zeigte in einer Präsentation über ein Wasserprojekt in Nordkenia eindrucksvoll, wie mit Hilfe der in Israel entwickelten Tropfbewässerung Wüste in Gemüsegärten verwandelt werden kann.

Bei einem ebenfalls von Gideon Peiper vorgestellten Wasserprojekt in der israelischen Negev-Wüste geht es dagegen nicht um Ernährung, sondern — in Zeiten des Klimawandels — um die Erweiterung des Rotary Forest.

Die Arbeitstagung wurde unterbrochen durch einen Vortrag von Archivleiterin Dr. Sylvia Asmus mit anschließender Führung durch das Deutsche Exilarchiv 1933-1945. Hier werden die unterschiedlichsten Exponate aufbewahrt — vom Spielzeug über den Reisekoffer bis zu maschinengeschriebenen Beurteilungen von Thomas Mann, in denen er sich zu literarischen Qualitäten der Werke ebenfalls in die USA geflohener Kollegen äußert. 

Gideon Peiper und Ulrich Soénius berichteten sodann über den Stand der Planung für die im April 2022 vorgesehene Israel-Reise. Demzufolge sollen die südlichen Landesteile mit einbezogen werden — mit einem Fokus auf Forschung und wissenschaftliche Einrichtungen. 

Sodann wurde von drei neubegründeten Partnerschaften zwischen deutschen und israelischen Rotary Clubs berichtet. Einige der Clubmitglieder, die sich bisher nur per Zoom "kannten", konnten in Frankfurt ein "leibhaftiges" Wiedersehen feiern.  

Nach einem fesselnden Vortrag vom Architekten Hans-Peter Gresser (RC Wiesbaden-Kochbrunnen) zum Thema"Bauhaus in Tel Aviv" begaben sich die Teilnehmer in das Landgericht Frankfurt, wo sie Wilhelm Wolf (RC Gießen) im ehemaligen Arbeitszimmer von Fritz Bauer begrüßte.

Der in Rechtsgeschichte promovierte Präsident des Landgerichtes erklärte in auch für Laien verständlicher Form das durch "Überdehnung der Auslegung" formal "korrekte" Funktionieren der Justiz im dritten Reich und beschrieb die Gründe für die zögerliche Aufarbeitung nach dem Krieg.

Fritz Bauer, entgegen vieler Widerstände Initiator und Ankläger in den Auschwitzprozessen, würdigte Wilhelm Wolf außerdem als Begründer einer neuen Sichtweise auf die NS-Verbrechen – nämlich dass nicht die konkrete Tatbeteiligung (zum Beispiel mit der Waffe) für eine Verurteilung nachgewiesen werden muss, sondern dass bereits die bewusste Beteiligung als "Rädchen" in der Gesamtorganisation ausreicht.

Stadtrundgang bei strahlendem Wetter

In Kontrast zu diesen ernsten Themen trafen sich die deutschen und israelischen Teilnehmer danach in einem typischen Ebbelwoi-Restaurant. Beim Frankfurter Nationalgetränk und Handkäs mit Musik wurden in – später — fröhlicher Runde Freundschaften geschlossen, erneuert und viele gemeinsame Pläne geschmiedet.

Am Sonntagmorgen kam die Gesellschaft am Dom zusammen — zu einem Gang durch das Stadtzentrum, rund um die "Neue Altstadt", Römer und Paulskirche. Rainer Klump zeichnete sich dabei zusätzlich aus als perfekter Stadtführer – und das in zwei Sprachen.

2021, synagoge, frankfurt, Säule
Prachtvolles Dekor in der Synagoge

Den Abschluss des Jahrestreffens bildete ein Besuch in der 1912 erbauten Westend-Synagoge. Durch das – nach den Zerstörungen in der Reichsprogromnacht prachtvoll restaurierte Gotteshaus führte Esther Ellrodt-Freiman mit einem Überblick über das Gemeindeleben.