Distrikt
Nachhaltigkeit global und lokal
Im "1820 Talk" Nr. 6 gab es vielfältige Informationen und Impulse.
Einführend erläuterte Moderator Claus Peter Müller von der Grün die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit, nämlich die ökologische, die ökonomische und die soziale.
Sein erster Gast Jan Borchert, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für klimaneutrales Handwerk, bezeichnete sich selbst als Klimaförster. In diesem Sinne erklärte er anschaulich die CO2-Minderung durch eine auf Zuwachs ausgelegte geordnete Forstwirtschaft. In Form von Bauholz wird hier das aufgenommene CO2 über Generationen gebunden. Anders in "stillgelegten" Wäldern, in denen mit zeitlicher Verzögerung das CO2 durch Zersetzung des Totholzes wieder freigesetzt wird.
Aufforstungsprojekte im Ausland, etwa zur Sammlung von "Klima-Punkten", sieht er mangels politischer Stabilität kritisch – zumal der heimische Wald Zuwendung brauche. Denn dem deutschen Wald geht es aktuell sehr schlecht. Durch die Ereignisse der letzten Jahre, wie Trockenheit, Borkenkäferbefall und Sturm, ist eine Waldfläche von der Größe des Saarlandes vernichtet worden. Öffentliche und private Waldbesitzer allein sind nicht in der Lage, den erforderlichen Waldumbau zu stemmen. Das Engagement von Rotary ist daher höchst willkommen.
Hier kam Ieva Martisone von Rotaract in die Runde. In einem RYLA-Seminar 2019 wurde die Idee zu "One Million Trees" geboren. Das Projekt wurde bald darauf als Bundessozialaktion von Rotaract erkoren und die Rotaracter verstanden es, ihre Partner von Rotary mitzunehmen.
Laut Harald Müller (RC Weilburg), Nachhaltigkeitsbeauftragter im Distrikt 1820, sind bisher von 46 beteiligten Clubs 62.000 Bäume gepflanzt worden. Dazu kommen 200.000 Euro an Finanzmitteln. Die meisten Clubs wollen weitermachen, einige haben sich zusätzlich für künftige Aktionen gemeldet.
In einem Videobeitrag erklärte Patrick Steinmetz von der Ökoagentur der Hessischen Landgesellschaft anschließend das hessische Programm "100 wilde Bäche", das die Renaturierung von Fließgewässern zum Ziel hat.
Uta Gerlach (RC Weilburg), Leiterin der Grundschule Weilmünster, warb für Partnerschaften. So pflegt ihre Schule eine Partnerschaft mit dem Rotary Club Weilburg. Hier sind die Grundschüler eingebunden in das Clubprojekt "Streuobstwiese". Hinzu kommt die Förderung eines Schulgartenprojektes. Auch der Bau eines Insektenhotels durch die Kinder steht auf dem Programm, wie in einem Kurzvideo gezeigt wird.
Bertram Hilgen (RC Kassel), ehemaliger Oberbürgermeister und Regierungspräsident, berichtete über das Projekt "Klimzug", in dem, bezogen auf die kommunale Ebene, Anpassungsstrategien an den Klimawandel entwickelt werden – von der Anpassung der Bäume an Trockenzeiten bis zur Ertüchtigung des Kanalsystems an Starkniederschläge. Die Digitalisierung unter anderem der Verwaltung sieht Bertram Hilgen trotz des hohen Energiebedarfs sehr positiv. Werden doch gerade in dünnbesiedelten Räumen Reisen eingespart. Auch die jetzige Veranstaltung wäre sonst kaum zustande gekommen. Angesprochen auf Wege zum bürgerschaftlichen Engagement verweist er auf die örtlichen Umwelt- und Gartenämter, die eine lange Liste möglicher Projekte bereithalten.
Ebenfalls in Kassel beheimatet ist die Firma Saatgut-Konfetti, die von Christoph Trimborn vorgestellt wurde. Die durch den Karneval inspirierten aus Köln stammenden Gründer mischen die Samen von 23 Wildpflanzen zu einem rein organischen "Konfetti-Cocktail". Da es sich ausschließlich um Lichtkeimer handelt, ist neben Feuchtigkeit keine Erdbedeckung für das Anwachsen erforderlich. Alle von Moderator Claus Peter Müller von der Grün eingangs erwähnten drei Nachhaltigkeitsaspekte kommen hier zum Tragen: Neben der ökologischen Nachhaltigkeit in Form zusätzlicher Insektennahrung sind auch gute Ansätze für ökonomische und soziale Nachhaltigkeit erkennbar. So sind Saatgut-Konfetti inzwischen bei ALDI-Süd gelistet und bei der Besetzung der inzwischen elf Vollzeitstellen werden Menschen mit Behinderung bevorzugt.
In der Schlussrunde warb Harald Müller für ein stetiges Arbeiten am Thema; "Strohfeuer" sollten unbedingt vermieden werden - und Governorin Edith Karos dankte den Referenten für die vielen Anregungen und Impulse.
In einer "Nachlese" per Mail gaben die Teilnehmer unter anderem die Empfehlung, sich an regionalen Projekten zu beteiligen und dabei die vielfältige Berufserfahrung der Clubmitglieder zu nutzen.
Die vollständige Aufzeichnung des Talks können Sie abrufen unter: youtu.be/Nkv0NZJEz8s
Christian Kaiser wurde 1942 in Hessen geboren, machte Abitur in Hanau. Studium der Agrarwissenschaften in Göttingen und Bonn mit Promotion. Pächter der Hessischen Staatsdomäne Kinzigheimerhof bis 2004. Öbuv. Sachverständiger. Verheiratet, zwei Kinder. Seit 1981 im RC Hanau. Präsident 1999/2000, PHF+3. 2011 bis 2021 war er Distriktberichterstatter für D 1820.
Weitere Artikel des Autors
12/2024
Auf die ersten zehn Minuten kommt es an
Rotarisches Kammerkonzert
5/2024
Der goldene Siebenmeilenstiefel – Märchen schafft Zukunft
3/2024
Gesicht zeigen am Action Day
1/2024
Rotary Stiftung Zeichenakademie
12/2023
Gemeinsam für Hanau
11/2023
Citation für den RC Eschborn
11/2023
Laufend Gutes tun
9/2023
Frankfurter Würstchen für den guten Zweck
9/2023
Auszeichnung engagierter Schülerinnen und Schüler
Mehr zum Autor