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Neues aus Bröckedde - Folge 76

Der Kuschelclub

Bröckedde liegt im Herzen Deutschlands – dort, wo Rhein und Donau in den schönen Bröckeddesee münden. Hier trifft sich im Bröckedder Hof der RC Bröckedde zum Meeting – jeden Mittwoch um 13 Uhr im Salon Hindenburg.

Alexander Hoffmann13.11.2012

Bedrückt ging Präsident Pröpcke nachhause. Im letzten Meeting hatte schlechte Stimmung geherrscht, wieder einmal. Beim Vortrag von Freund Oleknavicius zum Thema „Verstehen heißt alles verzeihen“ hatten einige Freunde demonstrativ gegähnt, andere hatten getuschelt. Die Traditionsfraktion und der Reformflügel waren hoffnungslos zerstritten. Und Ehrenpräsident Papke hatte Pröpcke deutlich gemacht, dass er die Kränkung durch Kassierer Knödler vom 22. September 1969 keinesfalls vergessen habe.


„Unser Mikroklima ist im Eimer“, klagte Pröpcke in der nächsten Vorstandssitzung. Alle in der Runde nickten traurig, doch keiner wusste einen Ausweg. Da öffnete sich die Tür und herein kam Freund Munzinger, der harte Investmentbanker. Er war drei Monate zwecks innerer Einkehr in einem fernöstlichen Kloster gewesen.

Statt Maßanzug trug er eine Art Tunika, statt des Smartphone einen kleinen Weihrauchkessel.

„Ich bringe euch Harmonie, liebe Freunde, ich bringe den Frieden!“, verkündete Munzinger. Fortan war alles anders im RC Bröckedde. Zur Eröffnung jedes Meetings gab es Händchenhalten für alle Freunde, dann verteilte Munzinger Glückskekse. Zu jedem Vortrag erklang sanfte Harfenmusik, dargeboten von einer ätherischen Blondine, die Munzinger in Fernost aufgetan hatte.

Auf den Tischen entfalteten Halbedelsteine ihre heilende Wirkung, der Salon Hindenburg war erfüllt von kosmischen Schwingungen. Und ehe es wieder hinaus in die böse Alltagswelt ging, gab es Kuscheln für alle. So kehrte der Frieden ein im RC Bröckedde. Die Freunde Papke und Knödler fielen sich weinend in die Arme, Freund Oleknavicius durfte sein „Verstehen heißt alles Verzeihen“ gleich dreimal erneut vortragen. Der früher so mürrische Oberkellner im Salon Hindenburg rief, wann immer er ein Schnitzel natur auf den Tischen platzierte: „ich könnte die Welt umarmen.“

Bald hatte der RC Bröckkedde einen Ruf als „Kuschelclub“. Schon erschienen die ersten Freunde vom Nachbarclub Wapswede, um ein wenig Nestwärme zu tanken. Und bald kamen sie aus ganz Deutschland.

„Na also, geht doch“, sagte sich Freund Munzinger, während er gemessenen Schritts über das Wasser des Bröckeddesees wandelte.

Alexander Hoffmann
Alexander Hoffmann (RC Frankfurt/Main-Römer) ist korrespondierendes Mitglied des RC Bröckedde. Nach langen Jahren als politischer Redakteur bei namhaften Tageszeitungen (zuletzt "Süddeutsche Zeitung") ist Hoffmann heute als Unternehmensberater tätig. Daneben zahlreiche Sachbuchveröffentlichungen zu den Themen Zeitgeschichte und Medizin sowie satirische Beiträge für den Rundfunk. Dem satirischen Düsseldorf-Roman "Der Wolkenschieber" folgten 2019 der Krimi "Hopfen, Malz & Blut" und 2020 der Krimi "Phantom im Wiehengebirge". 2021 erschienen der Krimi "Bommfördes Erbe" und der Roman "Brillanter Abgang". 2022 folgte der Wirtschaftskrimi "Mainopoly". 2023 erschienen der Krimi "Tödliche Eisernte" und die Katzennovelle "Der Chef bin ich".
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