Neues vom RC Bröckedde - Folge 126
Die Verschwörung
Bröckedde liegt im Herzen Deutschlands – dort, wo Rhein und Donau in den schönen Bröckeddesee münden. Hier trifft sich im Bröckedder Hof der RC Bröckedde zum Meeting – jeden Mittwoch um 13 Uhr im Salon Hindenburg.
Als Präsident Pröpke einmal viel Zeit hatte, surfte er durch das Internet. Im Hinterkopf hatte er den hochherzigen Spruch über Rotary als „einer rund um den Erdball zündenden Verschwörung der Anständigkeit“. Er gab die Stichworte „Rotary“ und „Verschwörung“ ein. Je tiefer er ins Netz eindrang, umso bestürzter wurde er. Sein geliebtes Rotary, das musste er in diversen Foren und Netzwerken lesen, war das Gegenteil von anständig, nämlich ein sinistrer Geheimbund.
Rotary, so musste Pröpke lesen, war Teil einer ganz besonderen Verschwörung, zusammen mit der Wall Street, den Großkonzernen, den Illuminaten, den jüdisch-islamistischen Jesuiten und ähnlichen Finsterlingen. Das Ziel: die Weltherrschaft.
Pröpke holt seine Gattin an den Bildschirm, zeigte ihr die Texte und seufzte: „Von wegen Weltherrschaft. Ich kann nicht mal den Wirt im Bröckedder Hof davon abhalten, die Essenspreise zu erhöhen.“
„Wir leben im postfaktischen Zeitalter. Es zählt nur noch Gefühltes“, sagte die Gattin. Und Pröpke erinnerte sich an den Nachbarn, mit dem er bisweilen einen kleinen Plausch über den Gartenzaun hinweg hielt. Der Nachbar hatte nicht gerade den tiefen Teller erfunden, war aber recht nett. Allerdings bezog er seine Informationen ausdrücklich nicht aus der „Lügenpresse“, sondern aus dem Netz. Pröpke beschloss, Aufklärung vor Ort zu betreiben.
Beim nächsten Rasenmähen zog er den Nachbarn ins Gespräch und berichtete über die Wohltaten des RC Bröckedde für den örtlichen Kindergarten St. Eulalia. „Wir tun Gutes, wir engagieren uns weltweit und lokal.“
Der Nachbar schüttelte den Kopf: „In St. Eulalia züchtet ihr ja nur Rekruten heran.“
„Für was?“
„Für eure Weltherrschaft.“
Pröpke blieb unbeirrt: „Und was ist mit der kleinen Gemeinde in Afrika, für die wir eine Wasserversorgung aufgebaut haben?“
Der Nachbar blickte düster: „Jetzt reißt ihr euch auch noch diesen armen Kontinent unter den Nagel.“
Da wurde es Pröpke zu bunt. Vertraulich beugte er sich über den Gartenzaun und flüsterte: „Wussten Sie eigentlich, dass der Führer lebt?“
„Aha!“
„Ja, er floh 1945 mit einer Reichsflugscheibe aus Berlin in die Antarktis. Dort harrt er seitdem aus und betreibt zusammen mit Elvis Presley eine Pizzeria.“
Der Nachbar lächelte überlegen: „Das mit der Flucht hatte ich mir schon gedacht. Aber dass die beiden dort eine Pizzeria betreiben, glaube ich nun nicht.“
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