"Ein Jahr Governor: Und? Was gelernt?"
Corona erfasste die Welt, und auch Rotary. Hat die rotarische Gemeinschaft die Pandemie überlebt? Antworten den Governors Henning von Vieregge in einem Jahresrückblik
Das Zusammenleben in den Clubs war anders als üblich, aber nicht schlechter. Gelitten haben aber Fundraising-Projekte und damit ein Teil der Erfolgserlebnisse und der Spendenmöglichkeiten. Im Distrikt entdeckten wir neue Möglichkeiten. Dazu einige Fragen an den Governor:
- Hat sich die Digitalität als Lebenselexier erwiesen?
Im allgemeinen war ein erstaunlich schneller Umstieg auf die Online-Kommunikation zu beobachten, übrigens auch verglichen mit anderen Organisationen. In vielen Fällen gab es mehr Kontakte zu den befreundeten ausländischen Clubs und mehr herausragende Referenten, an die man „normal“ nicht herangekommen wäre. Auf Distrikebene entstanden neue Formate (1820 TALK, 1820 Connect), die erfolgreich Kenntnisse von Personen und Themen transportierten.
- Wird die Pandemie unser Verhalten nachhaltig verändern?
Wie die „neue Normaliät“ aussehen wird, ist bei Rotary so unklar wie in der Gesellschaft. Seitens der Clubs wird eine Fortsetzung der digitalen Kommunikation durch den Distrikt gewünscht. Aber Beharrungstendenzen sind auch bei Rotary ausgeprägt. Neues erfordert Wagemut. Wird das rotarische Führungspersonal (ehren- und hauptamtlich) unter diesem Gesichtspunkt ausgewählt?
- Das Stichwort haben wir uns schon gegeben: Nachhaltigkeit. Warum stand diese gleichsam politisch im Zentrum des zurückliegenden rotarischen Jahres im Distrikt 1820?
Wenn Rotary ernstgenommen und für Interessenten attraktiv bleiben will, muss sich die Organisation auf allen Ebenen der Nachhaltigkeit annehmen und zwar unter allen drei Aspekten: ökologisch, ökonomisch und sozial. Einen guten Anstoß bietet das Vision-Statement von RI, das ausdrücklich die persönliche Verantwortung anspricht.. Ich habe, wie auch manche Governorkollegen, das Thema forciert Aber das war erst der Anfang; auch wenn die Resonanz beispielsweise zur Rotaract Aktion „One Million Trees“, der wir uns im Distrikt angeschlossen haben, herausragend war, wir müssen nachlegen, auch in der Überzeugungsarbeit nach innen.
- Und wo endet Heimat, frage ich den Governor, der diese Frage am Ende seines Jahres selbst aufgeworfen hatte, nachdem er das Jahr unter das Motto „Offene Heimat Rotary“ gestellt hatte?
Ein Motto, das nicht Reibung erzeugt, taugt nichts. Mein Motto soll Rotarier ermutigen, den Dialog zwischen heimatlich Verwurzelten und Kosmopoliten wach zu halten. Heimat darf weder verachtet, noch zu eng gefasst werden. Rotarier sollen Menschen aus dem Abseits holen, lokal und weltweit. Rotarier haben Freunde weltweit. Da endet Heimat.
- „Wenn man im Amt fit ist, ist das Jahr zu Ende.“ Diese Erfahrung machen viele Amtsträger bei Rotary. Hat sich die Rotation in den Ämtern überlebt oder bewährt?
In den Clubs und Distrikten sollte über eine zweijährige Kollegialführung nachgedacht werden, eventuell zeitlich versetzt: einer im 1., einer im 2. Jahr, nach Möglichkeit unterschiedliche Typen und Geschlechter, die aber miteinander können. Der selbstsüchtigen Profilierung Einzelner wären somit engere Grenzen gesetzt. Eine solche Regelung wäre, bezogen auf Kontinuität und Innovation, der jetzigen Praxis überlegen.
Henning von Vieregge, DG im Distrikt 1820 in 20/21, Publizist, zuletzt zusammen mit Reinhard Fröhlich und Hans-Werner Klein Herausgeber eines Buches: "Clubleben im Stresstest, Rotary in der Pandemie-Und danach?", bestellbar gegen freiwillige Spende über den Shop des Rotary Verlags
Claus Peter Müller von der Grün ist Journalist. 1960 in Kassel geboren kehrte er — nach dem Studium in Dortmund und verschiedenen beruflichen Stationen in Dortmund, Düsseldorf und Frankfurt — nach der Wiedervereinigung nach Kassel zurück. Dem RC Kassel-Wilhelmshöhe gehört er seit dem Jahr 2000 an. Im Jahr 2013/14 war er Präsident seines Clubs. Sowohl im Club, als auch auf der Distriktebene war er schon mehrfach in Sachen der Kommunikation aktiv, derzeit ist er Distriktberichterstatter von D1820.
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