Im Fokus
Inspiration in internationaler Gesellschaft
Rund 90 Breakout Sessions werden auf der RI Convention in Hamburg angeboten. Auch deutsche Rotarier sind mit vielfältigen Themen präsent.
Bangen und Hoffen im Vorfeld gehört dazu. Die Bewerbung mit Wettbewerbscharakter um einen Platz im sogenannten Breakout-Programm auf der jährlichen Rotary International Convention ist hart. Bis Ende September konnten Rotarier ihre Themenvorschläge einreichen und sich um das Ausrichten von Fachvorträgen, Workshops, Diskussionsrunden oder Seminaren – den sogenannten Breakout Sessions – auf der diesjährigen RI Convention in Hamburg bewerben. Die Anforderungen sind hoch und nur etwa 90 von rund 350 Bewerbungen aus über 20 Ländern wurden angenommen. Das Auswahlkomitee im RI-Hauptsitz in Evanston/USA muss verschiedene Kriterien berücksichtigen, unter anderem die Räumlichkeiten am Austragungsort, die Aufteilung der Themen sowie die geografische und sprachliche Verteilung.
Die Enttäuschung ist groß, wenn die Bewerbung nicht klappt, umso größer die Freude, wenn schließlich eine Zusage aus Evanston im E-Mail-Postfach landet. Dann kann die Vorbereitung im Detail losgehen. Rund eine bis eineinhalb Stunden dauert eine Breakout Session und findet für das internationale Publikum zumeist in englischer Sprache statt. Einige werden simultan in die Rotary-Sprachen übersetzt, darunter in diesem Jahr auch viele ins Deutsche. Die meisten Räume haben Platz für 150 bis 350 Besucher. „Wir hatten einmal 350 Besucher“, sagt Ekkehard Musick, „da ist eine solche Spannung im Saal. Das macht richtig Freude, mit den rotarischen Freunden zu diskutieren.“ Der ehemalige Jugenddienst-Chair im Distrikt 1810 hat in der Vergangenheit schon mehrere Breakout Sessions ausgerichtet und in seiner Stimme schwingt große Begeisterung mit, wenn er davon erzählt: „Die Erfahrungen waren überwältigend“, sagt er und fügt hinzu: „Breakout Sessions sind die Highlights bei jeder Convention. Es ist ein Austausch von Fachwissen, eine Plattform zur Motivation und ein Markt für neue Aktivitäten auf Distrikt- und Clubebene.“
Auch einige Rotarier aus Deutschland brennen für ein ganz bestimmtes Thema und haben sich erfolgreich für die Ausrichtung einer Breakout Session beworben.
Global Grants
So wird zum Beispiel Bernhard Maisch (RC Marburg) als Chairman der deutschen Sektion des Länderausschusses Germany-Southern Africa die Breakout Session „Intercountry Committees facilitate Global Grants – mit Fokus auf das südliche Afrika“ moderieren. Länderausschüsse (ICCs) verbinden Rotarier in den unterschiedlichsten Ländern. Sie fördern den Frieden und sie erleichtern durch ihre Expertise die Verwirklichung von sozialen und edukativen rotarischen Projekten. In Deutschland haben die Länderausschüsse eine lange Tradition. Ziel der Session ist es, bereits bei der Antragstellung von Global und District Grants in Afrika die Experten von Länderausschüssen einzubinden, die über vertrauenswürdige und persönliche Kontakte zu engagierten Rotariern vor Ort verfügen.
Ethik in interkulturellen Disputen
Das Thema von Joachim Reuter aus dem RC Kamp-Lintfort/Grafschaft Moers heißt „Ethische Dilemmata und ihre Auflösung mit vier Fragen für den rotarischen Alltag“. Breiter Raum wird dabei einem in Gymnasien in Belgien entwickelten und angewendeten erweiterten Stakeholder-Konzept mit der rotarischen Vier-Fragen-Probe gewidmet; in Deutschland wurde das Konzept in einer Hochschule getestet.
Angesichts der Migrantenbewegung sei zu erwarten, dass zunehmend Muslime und Vertreter anderer Religionen in Rotary Clubs aufgenommen werden. Dabei könnten auch Konfliktpotenziale bei interkulturellen und interreligiösen Disputen entstehen. Ansätze zu deren Lösung werden unter Einbeziehung wissenschaftlicher Erkenntnisse zur Brücke zwischen Naturwissenschaft und Religionen behandelt. Außerdem soll unter den Teilnehmern abgefragt werden, inwieweit Initiativen in Clubs, Distrikten oder Zonen bekannt sind, die der Ethik-Schulung dienen. Es wird diskutiert, wie Rotary Clubs und Distrikte Ethik an der Basis der Gesellschaft durch Unterstützung entsprechender Initiativen fördern können.
Lernen aus der Geschichte
Eine weitere Breakout Session trägt den Titel „Rotary and Dictatorship. What we may learn from history“. Sie wurde von der seit 2015 bestehenden Forschungsgruppe Rotary-Geschichte beantragt, die die Jahre 1927 bis 1952 aufarbeitet. Geplant ist, vor allem die Forschungsergebnisse zur Nationalsozialismus-Geschichte von Rotary Deutschland (1933 bis 1937) kurz darzustellen und daraus Lehren für die Zukunft zu ziehen: Wie sollten Clubs mit aufkommenden Diktaturen, Unterdrückung und Verletzung von Menschenrechten in ihren Ländern umgehen? Welche Aufgaben kommen dabei RI zu? Welchen Stellenwert hat das Thema im Rotary-Schwerpunkt Friedenserhaltung/Konfliktprävention? Eine Publikation für die Convention-Teilnehmer in Deutsch und Englisch ist in Vorbereitung.
Ansprechpartner für Fragen rund um diese Breakout Session ist Kurt-Jürgen Maaß (RC Stuttgart-Wildpark).
Mit Lego planen
Reinhard Ematinger (RC Schwetzingen-Walldorf) geht der Frage nach, wie der moderierte Prozess LEGO® SERIOUS PLAY® den Projektstart gelingen lässt. Gespielt und modelliert wird an Tischen mit sechs bis acht Personen.
Die Teilnehmer entdecken und erfahren in 90 Minuten einen spielerischen Lösungsansatz und ein greifbares Werkzeug, das ein umfassendes Bild von Projekten und allen
Beteiligten auf den Tisch bringt, Teilnehmer aktiviert und umsetzbare gute Ideen produziert.
Der Workshop wird auf aktivierende Art und Weise vermitteln, wie neue Projekte durch ein gemeinsames Verständnis der Ziele und des gemeinsamen Vorgehens gelingen, wie sich Clubs noch besser auf den Start künftiger Projekte vorbereiten können und wie die Erfahrungen der Freundinnen und Freunde um die Projektarbeit so geteilt werden, dass sie greifbar werden und zu konkreten nächsten Schritten anregen.
Migration und Integration
Seit November 2015 bekleidet Andreas Wierse (RC Leonberg-Weil der Stadt) im Distrikt 1830 die Funktion des Integrationsbeauftragten, um die Aktivitäten der Clubs zu begleiten. Passend dazu trägt seine Breakout Session den Titel „Rotary’s Role in the Context of Migration and Integration“. Der erste Teil der Breakout Session dient dazu, die verschiedenen Perspektiven sichtbar werden zu lassen: Es ist vorgesehen, Rotarier aus Herkunfts- und Zielländern zu Wort kommen zu lassen. Aus ihrer Situation heraus sollen die Wünsche und Erwartungen, die sich an die jeweils andere Seite richten, deutlich werden. In der zweiten Hälfte sollen diese Erkenntnisse gemeinsam mit dem Publikum insbesondere vor dem Hintergrund der Vier-Fragen-Probe diskutiert werden. Ziel dieser Session ist es, einerseits ein gemeinsames Verständnis dafür zu entwickeln, wie die Rolle von Rotary im Kontext von Migration und Integration aussieht; andererseits sollen Wege aufgezeigt werden, wie Rotarier, die selbst aktiv werden wollen, dies am besten tun können.
Rotarische Kommunikation
In einer einstündigen Breakout Session wird Andreas Fetting (RC Kleinmachnow) in englischer Sprache im internationalen Kontext darüber diskutieren, welche Ziele und Grundsätze sich Rotary für seine Publikationen auf allen Ebenen der weltweiten Organisation geben soll. Im Rahmen von Impulsvorträgen und auf einem Panel soll diskutiert werden, welche Themen in den Publikationen behandelt werden sollen und wie. Ziel ist es, in offener Diskussion zu einem geschärften Blick für die Inhalte rotarischer Publikationen, höherer Reaktionsbereitschaft und konzeptionellen Beiträgen für die Fortentwicklung der öffentlichen Kommunikation zu animieren.
NGSE
Das New-Generations-Service-Exchange- (NGSE-)Programm ermöglicht jungen Erwachsenen zwischen 18 und 30 Jahren, Erfahrungen in der Arbeitswelt eines anderen Landes zu gewinnen. Aufenthalt, Beschäftigung, Betreuung und Einbindung in Serviceprogramme werden durch die sendenden und gastgebenden Distrikte organisiert; sie ermöglichen eine unwiederbringliche positive Erfahrung. In der Breakout Session „NGSE-Programme für junge Erwachsene“ berichten zwei ehemalige Teilnehmer, inzwischen in Ausbildung zum Opernsänger, über ihre prägenden Erfahrungen im Ausland und demonstrieren ihr musikalisches Können.
Darüber hinaus werden Rahmen, Inhalte des Programms und die Ausprägungen aus unterschiedlicher Ländersicht vorgestellt. Unter Leitung von Friedrich Neddermeier (RC Oldenburg-Ammerland) erhalten teilnehmende Rotarier die Möglichkeit, eigene Erfahrungen oder Nachfragen einzubringen.
Social Media
Birgit Weichmann (RC Berlin-Gendarmenmarkt), Kommunikationsbeauftragte des Distrikts 1940, sowie die Mitglieder ihres Social-Media-Teams werden in einem Workshop mit dem Titel „Service above Selfie – Social Media in the Rotary Family“ präsentieren, wie integrierend Social Media wirken kann. Für den Distrikt 1940 gab es bis Ende 2017 keinerlei Einsatz sozialer Medien. Inzwischen wird über die vier Kanäle Blog, Facebook, Instagram und Youtube mit großem Engagement ein rotarisches Familiengefühl erzeugt. Beiträge von Rotary, Rotaract, Interact, Inner Wheel und ROTEX werden auf denselben Kanälen gepostet. Auch das 17-köpfige Team, das die Kanäle bespielt, setzt sich aus Männern und Frauen unterschiedlichen Alters aller fünf Organisationen zusammen. Damit der einmalige Kommunikationsansatz möglichst vielen vermittelt werden kann, wird in Hamburg auf Englisch berichtet, wie durch den gezielten Einsatz von Social Media die rotarische Familie zusammenwächst und Rotary so fit für die Zukunft gemacht werden kann. Die Referenten hoffen dabei nicht nur, Impulse zu geben, sondern auch auf viele Anregungen aus dem internationalen Plenum.
Traumatisierte Flüchtlinge
Um die frühe Hilfe für traumatisierte Flüchtlinge und die gesamtgesellschaftliche Relevanz dreht sich die Breakout Session „Traumatisierte Flüchtlinge in Deutschland“ von Ulrike Michels-Vermeulen (RC Kleinmachnow). Dort sollen den Teilnehmern Kenntnisse von Traumafolgestörungen im psychiatrisch-psychotherapeutischen Sinne vermittelt werden. Gemeinsam soll überlegt werden, welche Möglichkeiten sich bieten, die Lebensrealität und Perspektiven der Geflüchteten durch eine adäquate Unterstützung für sie und ihre Kinder zu verbessern. Die Session soll darüber hinaus persönliche Einblicke gewähren und Fragen diskutieren: Welche seelischen Voraussetzungen sind notwendig, damit Integration gelingt? Welche interkulturellen Kompetenzen benötigen wir im Umgang? Es soll diskutiert werden, welchen Beitrag rotarische Projekte zu einer frühen und nachhaltigen Hilfe leisten können. Der Workshop in deutscher Sprache richtet sich an Mitglieder, die sich im Bereich Gesundheitsfürsorge und Konfliktprävention engagieren sowie an alle Interessierten.
Rotary-Barcamp
Wie bringen wir Rotary, Inner Wheel, Rotaract, Interact und ROTEX zusammen? Mit dieser Frage beschäftigen sich Birgit Weichmann (RC Berlin-Gendarmenmarkt) und Ronald Hindmarsh (RC Worpswede) in ihrer Breakout Session „RotaryBarcamp: Thinktank für die ganze rotarische Familie“.
Wie funktioniert das Rotary-Barcamp? Alle Teilnehmer können sich von Anfang an einbezogen fühlen, indem sie Themen vorschlagen, die den ganzen Tag über diskutiert werden. Für jeden Themenvorschlag wird das Interesse unter den Anwesenden erfragt sowie Raum und Zeit für einen Workshop, Vortrag oder ein Brainstorming festgelegt. Das weltweit erste Rotary-Barcamp fand 2015 in Bremen statt und ist mittlerweile eine jährliche, vom Distrikt geförderte Konferenz. In Berlin gibt es seit 2016 ein Rotary-Barcamp. In weiteren Distrikten laufen Vorbereitungen.
Ziel der 90-minütigen Breakout Session ist es, den Teilnehmern die verbindende Wirkung dieses Formats für Rotary nahezubringen. Dafür wird die Barcamp-Idee kurz vorgestellt und die Teilnehmer können ein Mini-Rotary-Barcamp selbst erleben.
Breakout-Programm
Für die Breakout Session „RotaryBarcamp“ werden noch Helfer mit Barcamp-Erfahrung gesucht.
Kontakt: Ronald Hindmarsh (RC Worpswede), ronald@hindmarsh.de
Nähere Informationen zum Breakout-Programm gibt es ab Januar. Das genaue Datum der Veröffentlichung der Infos stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest: riconvention.org/en/hamburg/breakout-sessions
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