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Neues vom RC Bröckedde - Folge 122

Jahrhundertreform

Neues vom RC Bröckedde - Folge 122 - Jahrhundertreform
© ILLUSTRATION: MARCUS SCHÄFER

Bröckedde liegt im Herzen Deutschlands – dort, wo Rhein und Donau in den schönen Bröckeddesee münden. Hier trifft sich im Bröckedder Hof der RC Bröckedde zum Meeting – jeden Mittwoch um 13 Uhr im Salon Hindenburg.

Alexander Hoffmann30.09.2016

Als die Welt noch in Ordnung war – die frühen Jahre der Bundesrepublik“, lautete das Thema des Gastreferenten Humperdinck-Wollmichl. Schwungvoll und kenntnisreich führte er im Salon Hindenburg die Freundinnen und Freunde durch jene versunkene Zeit. So kam er bis ins Jahr 1957, zu dem er anmerkte: „Da brachen die Dämme.“ Nach einer Kunstpause fuhr er fort: „In jenem Jahr wurde es Ehefrauen gesetzlich erlaubt, auch ohne Zustimmung des Ehemanns arbeiten zu gehen.“

Im Salon Hindenburg zischte Freundin Totholz-Gümbel: „Tss, Tss“. Und Freundin von der Mayen sagte laut „Ups“. Humperdinck-Wollmichl blieb ungerührt. Er meinte: „Das wird man doch wohl noch mal sagen dürfen.“

Präsident Pröpke hatte den Eklat geahnt. Nicht umsonst entstammte Humperdinck-Wollmichl dem RC Knorringen, dem letzten Club im Großraum Bröckedde, der ein reiner Herrenclub war. Dieses Prinzip wurde eisern verteidigt. Jeder neue Governor durfte dort nur auftreten, wenn er zuvor schriftlich versichert hatte, das Thema Frauen nicht anzu­sprechen. Legendär waren die Kaminabende der Knorringer. Bei den jeweiligen Gastgebern durften die Ehefrauen zwar kochen und servieren, aber nicht am Essen teilnehmen.

Humperdinck-Wollmichl nahm am Präsidententisch Platz, und Pröpke dachte an die turbulente Zeit zurück, als sich der RC Bröckedde für die Aufnahme von Frauen entschieden hatte. Das hatte zum berühmten „Bröxit“, der Abspaltung einer Gruppe von Freunden, geführt. Eine neue Heimat hatten sie beim RC Knorringen gefunden.

Gut gelaunt sagte der Gast zu Pröpke: „Wir sind durchaus reformwillig.“ „Tatsächlich?“ „Im vorletzten Jahr haben wir die Gattinnen aller Freunde in Knorringen in den Club aufgenommen – allerdings ohne Präsenz- und Stimmrecht. Leider hat uns der Bundesgerichtshof dieses Modell in letzter Instanz untersagt. Aber wir denken weiterhin nach vorn.“

Nach dem Meeting verabschiedete Pröpke seinen Gast und bat ihn: „Wenn sich etwas bei Ihnen in Sachen Damen tut, lassen Sie es mich bitte wissen.“

Einen Monat später rief Humperdinck-Wollmichl an: „Lieber Freund, ich darf über eine Jahrhundert­reform berichten, eine Revolution!“ „Und die wäre?“ „Bei den Kaminabenden dürfen die Frauen jetzt mitessen.“

Alexander Hoffmann
Alexander Hoffmann (RC Frankfurt/Main-Römer) ist korrespondierendes Mitglied des RC Bröckedde. Nach langen Jahren als politischer Redakteur bei namhaften Tageszeitungen (zuletzt "Süddeutsche Zeitung") ist Hoffmann heute als Unternehmensberater tätig. Daneben zahlreiche Sachbuchveröffentlichungen zu den Themen Zeitgeschichte und Medizin sowie satirische Beiträge für den Rundfunk. Dem satirischen Düsseldorf-Roman "Der Wolkenschieber" folgten 2019 der Krimi "Hopfen, Malz & Blut" und 2020 der Krimi "Phantom im Wiehengebirge". 2021 erschienen der Krimi "Bommfördes Erbe" und der Roman "Brillanter Abgang". 2022 folgte der Wirtschaftskrimi "Mainopoly". 2023 erschienen der Krimi "Tödliche Eisernte" und die Katzennovelle "Der Chef bin ich".
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