Editorial
Mythos Meer
Kompliziertes Verhältnis
Das Verhältnis zwischen Mensch und Meer ist kompliziert und immer kompliziert gewesen. Der große Ozean gibt und nimmt, er droht und schützt, ist Brücke und Grenze, Ressource und Müllkippe. Er steht für den Anfang und das Ende. Es ist gerade diese Doppelseitigkeit des Meeres, die das Denken bis heute anregt und beschäftigt: „Es kann Freiheit und Glück bieten – aber es droht auch mit dem Tod. Es ist das eindrücklichste Symbol des Unendlichen – aber das Unendliche kann nicht nur als großartig empfunden, sondern auch als beängstigend erfahren werden. Auf der Oberfläche des Meeres spiegeln sich der blaue Himmel und die helle Sonne, aber seine Tiefen sind dunkel und unergründlich“, schreibt der Philosoph Gunter Scholtz zum Auftakt unserer Titelgeschichte. Das Meer ist auch eines der ältesten Themen in der Literatur. Die biblische SintflutErzählung und das Gilgameschepos, in dem sich dem Helden das menschliche Rätsel des Todes nach einer Fahrt über das Meer enthüllt, zeugen von der Angst vor dem großen Unbekannten. Der Literaturwissenschaftler Dieter Richter beschäftigt sich mit heldenhaften Abenteuern der älteren Seefahrererzählungen (Odysseus), mit Schilderungen genussvoller Seereisen und der erneuten Dämonisierung des Meeres nach der Katastrophe der „Titanic“.
Heute hat das Meer einen Teil seines Schreckens verloren. Mit dem Beginn der Sommerferien zieht es Jahr für Jahr auch Tausende Deutsche und Österreicher an die europäischen Küsten, weil sie Erholung suchen statt den Leviathan fürchten. Das Verhältnis hat sich umgekehrt: Das Meer muss den Menschen fürchten, weil er zerstört, was er liebt. Nikolaus Gelpke, Gründer des Mare-Verlags sagt im Interview: „Dem Meer sieht man seinen schlechten Zustand nur an, wenn man einen Müllteppich oder Ölteppich sieht. Die drei wirklich großen Probleme der Meere sind aber die Versauerung, die Erwärmung und die Überfischung.“
Unsere besondere Aufmerksamkeit verdient das Mittelmeer, Sehnsuchtsort vieler Deutscher und Österreicher. Es war ein frühes Labor der Globalisierung, eine Brücke für Ideen und Wissen, ein Ort der Vermittlung zwischen Europa und Afrika. Und heute patrouilliert die Küstenwache, um Flüchtende von Europa fernzuhalten. David Abulafia, Professor für die Geschichte des Mittelmeerraums in Cambridge, beleuchtet diesen einzigartigen Kulturraum.
Rotary soll bunter werden, weiblicher sowieso, am besten auch jünger. Was Rotary International seit Jahren trommelt, machte Holger Knaack mit seiner RI-Präsidentschaft in Europa erst richtig hörbar. „DEI“ heißt die Zauberformel, mit der sich Rotary für die Zukunft neu aufstellen soll, wenn es nach den Taktgebern in Evanston geht – und auch in Deutschland und Österreich folgen immer mehr Clubs dem amerikanischen Call for Diversity, Equity and Inclusion, zu deutsch: Diversität, Gleichheit und Inklusion. Doch gemessen an den USA hinken Deutschland und Österreich in Fragen nach Diversität weit hinterher, allein die Frauenquoten (14 Prozent in Deutschland, 13 Prozent in Österreich) geben Anlass zur Sorge. Oder eben nicht? Wir haben mit acht Gästen aus beiden Ländern diskutiert, darunter ein Vertreter eines reinen Herrenclubs und eine Vertreterin eines reinen Damenclubs.
Viel Vergnügen bei der Lektüre wünscht
Björn Lange
Chefredakteur
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