Porträt
Im Polio-Team nach Indien
Sabina Gärtner-Nitsche verlässt als Foundation-Beauftragte im Distrikt 1880 so oft wie möglich den Schreibtisch, um sich vor Ort umzuschauen.
Zur Person
Sabina Gärtner-Nitsche (RC Nürnberg-Neumarkt) ist seit zwölf Jahren im Distriktbeirat 1880 für die Rotary Foundation zuständig. Die Juristin beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erlebt Rotary als Ausgleich für die herausfordernde Aufgabe in Zirndorf. Hier wie dort hat sie mit Menschen zu tun, die Hilfe und Einsatz benötigen.
Es kann ein Glück sein, wenn berufliche Tätigkeit und Rotary ineinandergreifen. Bei Sabina Gärtner-Nitsche, Volljuristin beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Zirndorf, ist das so. Das Wort "Glück" jedoch würde sie dafür nicht wählen, dazu sind ihre Aufgaben und die Umstände in Zirndorf zu ernst. Wenn sie bei der Beurteilung von Asylanträgen die Schicksale der Gestrandeten nachvollzieht, schärft das in besonderer Weise ihren Blick auf Rotary, seine Ziele und Projekte: „Wir müssen noch viel mehr tun, damit die Menschen aus Afrika oder Asien nicht zu Wirtschaftsflüchtlingen werden müssen. Chancen vor Ort schaffen, das ist unsere eigentliche Aufgabe."
Ein Glück ist dann aber doch, dass sie für diese Vision an einer Schaltstelle sitzt: Sabina Gärtner-Nitsche ist seit zwölf Jahren Beauftragte für die Rotary Foundation im Distrikt 1880. Sie versteht sich dabei nicht als eine Art Kassenwart, der die DDF-Mittel verwaltet und für Global und District Grants an die Clubs verteilt. Sie sucht vielmehr selbst nach Projektideen und Wegen, sie umzusetzen. Anregungen findet sie auf Reisen um die ganze Welt. Jüngstes Beispiel ist ein Dialysezentrum in Chennai/Indien, wo sie im Februar unterwegs war. Welchen Club im eigenen Distrikt sie dafür gewinnen könnte, arbeitet seit Wochen in ihr.
Indien – dank Zufall
"Ich bin Indien-fixiert", gesteht sie gern und erzählt von dem Zufall, der sie auf dieses Land gebracht hat. Dazu müssen wir einige Jahre in der Biografie zurückblättern, die 1965 in München begann, in einer Rotarierfamilie. Seit 1978 ging sie in Aichach aufs Gymnasium und nach dem Abitur 1985 zum Jurastudium nach Augsburg. Im Umfeld der Convention in München 1987 findet sie Interesse an Rotary und der internationalen Perspektive. Zufällig kommt gerade da ein Kontakt zu Rotaract zustande.
Eine steile Karriere beginnt, die bis zum Amt der Generalsekretärin des europäischen Rotaractverbands ERIC führt. Und schließlich zu Rotary, 2001 im RC Gera. Dort ist gerade Kerstin Jeska-Zimmermann Präsidentin, die 2004 Governorin im Distrikt 1950 wird und die Clubfreundin als Distriktsekretärin engagiert. Ein Group Study Exchange mit Indien ist in Vorbereitung, doch ach, der Teamleiter fällt kurzfristig aus und Gärtner-Nitsche sagt trotz Berufsstress und Distriktamt nicht Nein, sondern fährt für vier Wochen in den südwestlichen Bundesstaat Karnataka.
Zurück in Deutschland, warten die Distriktgeschäfte, die im Laufe des Frühjahrs 2005 eine ungeahnte Eigendynamik entwickeln. Gärtner-Nitsche ist inzwischen als Rechtsanwältin in Leipzig tätig, wechselt in den RC Leipzig-Alte Börse und übernimmt am 1. Juli 2005 – nahtlos – das Amt der Distriktsekretärin noch einmal, jetzt im Distrikt 1880. Denselben Job nacheinander in verschiedenen Distrikten, da kann man nur staunen.
Foundation-Lehrling
Die Verwaltungsseite kann sie jedoch nicht annähernd so faszinieren wie die Welt, die sie in Indien erlebt. Rudolf Hörndler, der 2018 verstorbene ehemalige Trustee der Rotary Foundation, muss diese Neigung erkannt haben, denn er führt die junge Freundin in die Welt der rotarischen Stiftung ein, die nicht ganz unkompliziert ist, aber außergewöhnliche Gestaltungsmöglichkeiten bietet. Auf dieser Klaviatur spielt sie seither mit persönlicher Freude und großer Resonanz im Distrikt.
Ihr Reiseprogramm ist beeindruckend, Nepal, Guatemala, Tansania. Und immer wieder Indien. „Ich wollte schon immer mal mit einem Rotary-Team an Polio-Impfungen teilnehmen. Doch das wird von Deutschland aus nicht angeboten", wundert sie sich noch heute. Das RI-Büro in Zürich wusste Rat und vermittelte sie an eine Past-Governorin aus den Niederlanden, die regelmäßig mit Rotariern nach Indien fährt. 2018 fährt Gärtner-Nitsche erstmals mit, frischt alte Kontakte auf und stellt sich für 2019 ein eigenes Team für Karnataka zusammen. Indien ist doch aber inzwischen Polio-frei? "Das stimmt zwar, die Routine-Impfungen jedoch müssen lückenlos weitergehen", erläutert sie. „Und ohne Rotary wäre das Gesundheitssystem dort nicht so erfolgreich."
2020 ist schon gebucht
Das Team ist dabei fest zusammengewachsen – und entschlossen, in derselben Besetzung nächstes Jahr wieder auf Tour zu gehen. Auch ein neues Global Grant hatte die Foundation-Beauftragte aus Indien mitgebracht. Der RC Fürth wird mit seinem schottischen Partner RC Paisley ein Bildungsprojekt über 140.000 Dollar in Karnataka aufziehen. An fehlenden Kontakten wird es jedenfalls nicht scheitern.
Interessenten an einem Polio-Einsatz können bei Peter Schnell im RI-Büro in Zürich Informationen abfragen.
E-Mail: peter.schnell@rotary.org
Matthias Schütt ist selbständiger Journalist und Lektor. Von 1994 bis 2008 war er Mitglied der Redaktion des Rotary Magazins, die letzten sieben Jahre als verantwortlicher Redakteur. Seither ist er rotarischer Korrespondent des Rotary Magazins und seit 2006 außerdem Distriktberichterstatter für den Distrikt 1940.
Weitere Artikel des Autors
10/2024
Weinbau-Kulturerbe in Gefahr
9/2024
Heiter bis wolkig
10/2023
Ombudsmann für Geflüchtete
9/2023
Das Team hinter dem Team
8/2023
30.000 Tulpen für ein Ziel
8/2023
In Kürze
7/2023
Passport-Club startet erfolgreich
6/2023
Trinkwasser für die Ukraine
6/2023
In Kürze
6/2023
Blutspender dringend gesucht
Mehr zum Autor