Dominique Horwitz
100 Prozent emotional
Zu Hause abschalten? Das kann Dominique Horwitz (RC Hamburg-Altona) nicht. Und den Spagat zwischen Beruf und Familie meistern? Schafft er „überhaupt nicht“. „Daheim ist immer mein Arbeitszimmer in der Nähe“, sagt der Schauspieler und Sänger, der sich selbst als „arbeitswütig“ bezeichnet. Sein Leben auf der Überholspur kann er nur unterbrechen, wenn er das Land verlässt. Das Ziel ist nicht entscheidend. Warm und sonnig muss es sein. „Ich muss fliehen“, sagt er. Denn der 56-Jährige weiß, dass die „Flucht in die Sonne“ seine einzige Rettung ist, um gelegentlich seine Kräfte wieder zu bündeln. „Ich lebe mein Leben wirklich hochtourig, aber bei weniger Umdrehungen wüsste ich nicht, ob der Motor überhaupt anspränge“, sagt er. Ob als Schauspieler, als Sänger, Interpret oder Regisseur – alles, was Dominique Horwitz beruflich anpackt, betreibt er mit äußerster Ernsthaftigkeit. „Die Arbeit ist aufwühlend, faszinierend und zehrt dermaßen an einem, dass man sie nur ausüben kann, wenn man sich ihr ganz hingibt.“
In seinen vielseitigen Projekten steht die Schauspielerei immer im Vordergrund. „Die Hauptrolle, die ich andauernd spiele, heißt Dominique Horwitz. Ein Teil der Figur, die ich im Leben zu spielen habe, ist die Auseinandersetzung mit der Kunst.“ Als Jugendlicher wollte er Kaufmann werden. „Handel“, sagt er, „ist der Beginn von Kommunikation und letztlich auch von Kunst. Kunst ist eine Art der Kommunikation, die zur Ware wird.“ In seiner Vorstellung waren große Kaufleute Abenteurer, die viel riskieren. Ein Bild, das Dominique Horwitz noch heute gefällt und in dem er sich selbst wiederfindet. Der Schauspieler ist ein großer Gegner von Sicherheit: „Je größer das künstlerische Risiko, desto lohnenswerter erscheint es mir. Ich muss mir meinen Mut immer wieder beweisen und es ist mein Weg, etwas von mir zu zeigen.“ Dominique Horwitz erlaubt sich selber nicht, sich hinter Dingen zu verstecken, die er schon kann. Er arbeitete gerade als Verkäufer in der Herrenartikel- Abteilung im Berliner KaDeWe, als ihn sein Freund Christian Berkel für eine kleine Fernsehrolle als Schauspieler empfahl, nachdem sie vorher zusammen im Schultheater gespielt hatten.
Der Grundstein für seine künstlerische Laufbahn war gelegt. Es folgten hauptsächlich Theaterengagements. 1989 war er dann in Dieter Wedels „Der große Bellheim“ zu sehen, drei Jahre später folgte die Hauptrolle in Josef Vilsmaiers „Stalingrad“. Als Sänger machte er sich unter anderem einen Namen mit Interpretationen der „Dreigroschenoper“ nach Brecht und Weill sowie von Jacques Brel. Mit seinem ersten Brel-Programm stand der gebürtige Franzose, der mit 14 Jahren mit seinen Eltern nach Berlin zog, bereits im Jahr 1984 zum ersten Mal auf der Bühne. „Wenn ich mich mit Musik beschäftige, spielt das Dramatische die Hauptrolle“, sagt Dominique Horwitz. Das passt. Denn auch als Mensch außerhalb der Bühne ist er „sehr impulsiv und zu 100 Prozent emotional“. Im Jahr 2006 bei den Bad Hersfelder Festspielen führte er mit der Inszenierung der Dreigroschenoper zum ersten Mal Regie. Wieder einmal stellte er sich der Herausforderung eines neuen Arbeitsfeldes und bewies sich selbst seinen Mut. „Ich komme gar nicht in die Situation, mir einzubilden, dass ich irgendetwas perfekt beherrschen würde, damit immer ein möglichst großes Risiko bleibt.“ Ein besonders spannender Schritt für 2015 ist jetzt schon in der Planung: Zum ersten Mal wird Dominique Horwitz unter der Regie seiner Tochter Miriam ein Theaterstück spielen.
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