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Editorial

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© Jessine Hein/Illustratoren

Reben sind Zeitzeugen von Klima und Kultur

Björn Lange01.10.2024

Ein alter Slogan der Brauindustrie lautet „Bier braucht Heimat“. Darüber können Winzer nur müde lächeln. Sie wissen: Wein hat Heimat. Denn Reben sind regional verankert. Ihre Weine spiegeln nicht nur ihre charakteristischen Landschaften wider, sondern auch das Ethos und die Identität der Menschen, die hinter ihnen stehen. Doch ausgerechnet der Weinbau, den viele als naturnah empfinden, hat sich weit vom Urzustand entfernt und einen Massengeschmack geschaffen. Gibt es einen Weg zurück? Oder nach vorne? Der Winzer Ulrich Martin hat sich auf die Rekultivierung alter Rebsorten spezialisiert. Reben, sagt er, seien Zeitzeugen von Klima und Kultur. Was uns alte Rebsorten verraten und welche Trends er erkennt, erzählt er zum Auftakt unserer Titelgeschichte im Interview.

Nirgends ist man der Heimat des Weins näher als im Weinberg selbst. Die Steillagen an der Terrassenmosel gehören zu den spektakulärsten weltweit. Jetzt, zur Lesezeit im Oktober, leuchtet ihr Weinlaub in den prächtigsten Farben. Der Schriftsteller Ilija Trojanow wanderte für uns durch einen Steilhang und resümiert: Ein Glas Wein ist ein „offenes Gespräch mit der Zeit, mit 350 Millionen Jahren Erdgeschichte ebenso wie mit den vier Jahreszeiten und dem Klimawandel, mit dem Alter des Winzers, der Erfahrung des Trinkers und der Reife der Flasche. Auf den Punkt gebracht: ein goldenes Glas voll Zeit.“ 

Österreichs Tourismusbranche jubelt: Der beste Sommer seit Jahrzehnten sei es gewesen. Die Gäste strömten ins Land, denn die Sommer werden immer länger und wärmer. Doch damit werden auch die Karten im Weinbau neu gemischt, meint Willi Klinger, einer der führenden Weinkenner Österreichs. Was der Klimawandel mit dem Flaggschiff Grüner Veltliner macht und warum der Gemischte Satz zurückkehrt, beschreibt er in seinem Artikel. Auch das Weinland Italien verändert sich rasant. Gastro-Autor Peter Peter erinnert sich an den kollektiven Lambrusco-Rausch einer ganzen Studentengeneration, an den Fiasco in der anderthalb Liter fassenden Korbflasche und erzählt vom Primitivo, der in apulischen Grillstübchen gut gekühlt in der Literkaraffe hingestellt wird. Welche Weine sich neben dem „bei gardaseesüchtigen Münchnern beliebten Luganer“ steigender Aufmerksamkeit erfreuen und weshalb Weine aus Rom und den Abruzzen stärker im Kommen sind als toskanische Tropfen, lesen Sie in der Kolumne „Peters Lebensart“.

Fast war Polio ausgerottet, fast. Doch seit einigen Wochen überschlagen sich die Nachrichten vom ebenso tragischen wie bemerkenswerten Comeback des Virus im Gazastreifen. Es lässt sich nicht leugnen, der Kampf gegen Polio ist noch nicht gewonnen. Da schlug diese Nachricht ein: Im Entwurf des Bundeshaushalts 2025 wurden die Mittel für die Global Polio Eradication Initiative (GPEI) von 37 Millionen auf 20 Millionen Euro gekürzt. Mehr hätte es werden sollen, nicht weniger! Ende November wird der Haushalt verabschiedet, danach gibt es kein Zurück mehr. Dem Welt-Polio-Tag in Oberhausen am 25. und 26. Oktober kommt vor diesem Hintergrund eine enorme Bedeutung zu. Lesen Sie in unserem Fokus „Aufgeben ist keine Option“, weshalb gerade jetzt das rotarische Engagement neuen Schub und mehr Geld braucht.

Viel Vergnügen bei der Lektüre wünscht

Björn Lange
Chefredakteur  

Björn Lange
Björn Lange arbeitete seit April 2019 zunächst als stellvertretender Chefredakteur des Magazins im Rotary Verlag. Seit Juli 2020 ist er Chefredakteur des Rotary Magazins. Zuvor war er unter anderem Redaktionsleiter des Pressedienstleisters Rheinland Presse Service in Bonn und des B2B-Wirtschaftsmagazins inside B in Offenburg.