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Stephanie Tsomakaeva, RC St. Petersburg International

»Mit dem Wort Zuhause habe ich ein Problem«

Seit über 20 Jahren ist St. Petersburg die Heimat der deutschen Stephanie Tsomakaeva. 2005 wurde sie Rotarierin und bereits zwei Monate später engagierte sie sich in der Organisation auf internationaler Ebene.

Insa Fölster02.04.2012

Mit dem Finger auf der Landkarte fing alles an. Damals zwischen der 12. und 13. Klasse, gerade 18 geworden, wollte Stephanie Tsomakaeva, geb. Weber, in den Sommerferien allein in den Urlaub fahren. Ihr Finger landete auf der Ostsee. Mit ihrem selbst gekauften Käfer fuhr sie los, um sie zu umrunden. Durch die Sowjetunion durfte man nur auf bestimmten Straßen fahren, deshalb verlief ihre Route durch Moskau und St. Petersburg. Sie kam auf den Geschmack, kehrte zurück und blieb bis heute.

Nach dem Abitur und dem Studienbeginn der Philosophie und Wirtschaft in Frankfurt zog Stephanie Tsomakaeva im Jahr 1991 nach St. Petersburg. Das Gesetz zu ausländischen Investitionen half ihr, sich beruflich in Russland zu etablieren. Mit ihrem Ost-West-Kontaktservice machte sich die gebürtige Frankfurterin selbstständig. Bis heute organisiert sie über ihr Büro für Menschen aus aller Welt Reisen nach Russland. Eine 24-Stunden-Hotline sorgt für ständige Erreichbarkeit für die Kundschaft, wenn sie in den unterschiedlichen russischen Zeitzonen reisen. Ihre aktuelle Herausforderung passend zur schnellen Entwicklung des digitalen Zeitalters: eine Standardisierung von Individualreisen über eine interaktive Internetplattform, ohne dass sie zu Pauschalreisen werden.

Generell sind Herausforderungen für Stephanie Tsomakaeva willkommene Abwechslungen, die ihr Leben lebendig halten. Sie liebt es, Grenzen zu überschreiten. Und das in mehrfachem Sinne. Für ihren Vater, einem Professor für Religionswissenschaften, standen alle drei Jahre größere Feldstudien an, etwa über die Kirchengeschichte in Italien oder den Hinduismus im Kloster in Indien. Die Familie nahm er immer mit. Mit unbekannten und exotischen Orten konnte sich Stephanie Tsomakaeva schon von Kindesbeinen an schnell vertraut machen. „Mit dem Wort Zuhause“, sagt sie deshalb auch, „habe ich ein Problem. Früher war Zuhause für mich da, wo mein Hund ist. Heute sage ich, dort, wo mein Mann ist.“

Kulturelle Grenzerfahrung

Den lernte die Globetrotterin im Nordkaukasus kennen, als sie dort zwischen 2001 und 2004 ein Trainingscenter für Kleinstunternehmer aufbaute. Flüchtlinge und Umsiedler bekommen bis heute dort die Chance, sich in dreimonatigen Kursen auf die Selbstständigkeit vorzubereiten. Mit der Einrichtung trägt Stephanie Tsomakaeva zur Friedensförderung bei, das Projekt ist deshalb EU-finanziert. Bis heute wird das Trainingscenter von Mitarbeitern vor Ort erfolgreich betrieben.

Gemeinsam leben die 42-Jährige und ihr Mann, ein Tschetschene, in St. Petersburg und erleben auch in ihrer Beziehung jeden Tag aufs Neue eine kulturelle Grenzerfahrung. „Es ist einfacher, dass nicht einer in seiner Mutterkultur lebt, sondern beide in einer dritten Kultur“, sagt Stephanie Tsomakaeva. Beide sind extrem freiheitsliebend und reisefreudig, sie noch ein wenig mehr als ihr Mann. Zwischendurch kocht sie internationale Gerichte – ihre Art, „die Welt ins eigene Haus zu bringen“ und gleichzeitig ihre Art, auch einmal für einige Augenblicke abzutauchen: „Gut kochen ist Meditation für mich. Alles andere hat Zeit, bis man gegessen hat.“

Aktiv auf RI-Ebene

Seit Mai 2005 ist sie Rotarierin, seit Juli desselben Jahres auf internationaler Ebene aktiv. Drei Jahre lang war sie unter anderem Zone Coordinator für die Public Image Resource Group, zurzeit ist sie Rotary Public Image Coordinator, Distrikt-Trainerin (D-2220) und sitzt im RI Ad Hoc Committee Social Networking. Außerdem ist sie Herausgeberin und Chefredakteurin des russischen Rotary Magazins The Rotarianets, das sie 2009 gründete. Es versteht sich von selbst, dass es auch hier wieder die Möglichkeit der Grenzerfahrung ist, die Stephanie Tsomakaeva fasziniert. Clubgrenzen und Ländergrenzen sind selbstverständlich für sie da, um Brücken zwischen ihnen zu bauen und als Kommunikator zwischen den verschiedenen Gruppen zu agieren: „Extrem spannend und bereichernd bei Rotary ist für mich das kulturübergreifende Moment.“