Kolumne Peter
von Peter Peter |
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Bowls – gesunde Multikulti-Ernährung schüsselfertig angerichtet

Mein Tante-Emma-Laden verkauft Quinoa-Bowl als Mittagsimbiss. Auf einen Sockel von kaltem Andengetreide sind Kürbiswürfel, Paprikastreifen, Zuchtchampignons, Zucchinischeibchen, Oliven und Kräuter in Kokospaste getürmt – ziemlich vegan, wären da nicht noch drei Mozzarellakügelchen. Schmeckt nicht schlecht und erinnert irgendwie doch an den Mischmasch-Nudelsalat der 68er-Omas.

Bowls sind in der gastronomischen Mitte unserer Gesellschaft angekommen. Eine Blitzkarriere, denn aus Schüssel oder Einheitsnapf essen, das taten früher Kleinkinder, hinterwälderische Bauern oder Verpflegung fassende Soldaten. Das Familienporzellan, sei es Zwiebemuster oder No-Name, sah keine größeren Individual-Schüsseln vor.

Warum sind wir plötzlich so fasziniert von Bowls? China- und Japan-Impressionen, wo man aus hübschen Lackschälchen nascht, schwingen da mit. Doch das wahre Erfolgsgeheimnis liegt darin, dass wir Gastrotrends der USA aufgreifen. Bei diesem adaptierten Ethno-Food handelt es sich anders als bei Pizza oder Sushi um ein Eigengewächs. Poke-Bowls sind eine pazifische Spezialität Hawaiis, des heißen 49. Bundesstaats. Roher Fisch wird in Stückchen geschnitten (poke) und mit Sojasauce, Sesamöl und Ingwer mariniert, meist mit Avocado und Algen getoppt und auf warmem Sushi-Reis in einer Schale serviert. Das inspirierte Restaurantkritiker zur geistreichen Behauptung, Poke-Bowl sei nicht nur eine Geistesverwandte von peruanischem Ceviche, sondern auch dekonstruiertes Sushi!

Wie dem auch sei, kühltruhenkalter ungewürzter Zuchtlachs, geraspelte Karotten, ein Klacks kaum abgeschmeckte Guacamole (mit fragwürdigem ökologischem Fußabdruck!), ein bisschen Kimchi, die ganze Rohkostbombe notdürftig zusammengehalten von Wasabi-Dressing und verziert von ein paar Crunchies, wie ich es beim Viktualienmarkt probieren durfte, wird dem originalen Wohlgeschmack dieses sommerlichen Wellenreiter-Snacks nicht gerecht. Den kulinarischen Multikulti-Mix, der für Bowls typisch ist, kann man überzeugender inszenieren.

Da würde ich lieber mal den Imbiss Schüsseldienst in Berlin testen, wo ein in französischer Küche geschulter Koch Zutaten wie Ochsenherztomate, Rauchpaprika, japanischen Senfkohl, Grünkern und ausgelöste Beef-Ribs spannender komponiert. Kommt da irgendwann die Regio-Bowl mit Labskaus?

Bowls sind eine Chance für bessere Ernährung, für leichteres Fast Food. Eine Alternative zu Tiefkühlpizza, Burger und Currywurst. Sie erheben mit ihrem beliebten Bausteinsystem den Anspruch, eine ernährungsphysiologisch vollwertige Mahlzeit zu bieten, die nicht nur aus gesundem, aber fadem Salatteller besteht: Moderne Bowls haben Komponenten, die man wie beim Müsli oft selbst zusammestellen kann. All-in-one: wenig Fisch oder Fleisch, alternativ Tofu oder auch gerösteter Blumenkohl als „Basis“. Rohes Gemüse als Vitaminspender, dazu Powerfood wie Rote Beete oder Tabbouleh-Hirse. Dressings als Kitt, Nüsse, Samen, Kerne oder Kräuter als Bekrönung. Brot braucht man eigentlich nicht dazu.

Das bringt „taste“ in die Imbissszene: Eine glasierte Keramikschüssel in der Hand zu halten, ist ästhetisch ansprechend. Bowls werden vom Imbisspersonal angerichtet und nicht wahllos am Selbstbedienungsbuffet zusammengehäuft. Bei vorbereitetem Mise en Place lassen sie sich schnell und doch individuell zubereiten. Und zu guter Letzt retten sie den guten alten Einzelteller vor überzogener Sharing-Verbrüderung.

Wie trendy sie inzwischen sind, kann man daran ablesen, dass jetzt sogar Meissen eine weiße Bowl Cosmopolitan brennt. Wie die Homepage meldet, ist sie zurzeit ausverkauft!

Peter Peter

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