Kolumne Peter
von Peter Peter |
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Die israelische Küche wird internationaler, jiddische Klassiker immer seltener

Statt gefiltem Fisch und gehakter Leber Aubergine mit Granatapfelkernen und Gewürzen wie Sumach oder Zaatar. Der neue israelische Kochstil des dritten Millenniums hat im Westen eine begeisterte Fangemeinde gefunden. Das liegt auch an Influencern und Kochbuchbestsellern. Der Deutschitaliener Yotam Ottolenghi, aufgewachsen im kulinarischen Melting Pot Tel Aviv, hat mit seinen farbenfrohen Gemüserezepten längst auch unseren Kochalltag bereichert. Haya Molcho, die ebenfalls ihre Kindheit in Tel Aviv verbrachte, eröffnete 2009 auf dem Wiener Naschmarkt das „Neni“. Heute steht der Name für ein europaweit agierendes Label, das Falafel, Tahina und levantinische Salate in Supermärkten und Restaurants anbietet. Der dritte Sympathieträger ist Uri Buri, Sohn emigrierter deutscher Juden, der in der arabischen Altstadt Akkons das wahrscheinlich beste Fischlokal Israels betreibt.

Alle drei wissen, wie viel sie der Inspiration durch ihre nichtjüdischen Nachbarn verdanken. Ottolenghi hat Jerusalem zusammen mit seinem palästinensischen Partner Sami Tamimi verfasst und ein begeistertes Vorwort geschrieben für Tamimis englische Rezeptsammlung Falastin (Palästina): ein kulinarpolitisches Statement. Und Uri Buri, dessen Lokal 2021 bei Ausschreitungen verwüstet wurde, glaubt unerschütterlich an die Aussöhnung der beiden Völker und die damit verbundene Bereicherung.

Levantinische Küche ist nicht nur ein Exportprodukt. Auch in Israel selbst sind aschkenasisch-osteuropäische Aromen auf dem Rückzug. Wer jiddisch speisen will, könnte sich in das orthodoxe Viertel Mea Scharim aufmachen. Doch oft hat man den Eindruck, aschkenasische Klassiker sind heute eher in New York, der Wiener Leopoldstadt oder im Pariser Marais zu bekommen. Das wundert angesichts des Klimas und der Produktsituation nicht. Schließlich wird Anpassung beziehungsweise Teilhabe an der jeweils heimischen Küche seit Jahrhunderten praktiziert: Gefilte Fisch geht auf ein Schaugericht der Renaissance zurück. Barocker Judenkarpfen mit Rosinen ähnelt Karpfen polnisch. Israels Nationalgericht Schakschuka, Eier in Tomaten-Paprika-Sauce, ist im Maghreb weit verbreitet, ungeachtet der Religionszugehörigkeit.

Die unterschiedliche Herkunft jüdischer Rezepte fasziniert. Im konservativen Jerusalem kann man sich durch jemenitische, falaschisch-äthiopische, sephardisch-griechische, syro-persische, bucharische Ethno-Küchen und palästinensische Kebabgrille probieren. In der Party-Destination Tel Aviv ist Fusion angesagt. Wie international Israels Küche jongliert, kann man an den Rezepten des nach Tel Aviv ausgewanderten deutschen Fernsehkochs Tom Franz feststellen. Hier wird Fisch mal mediterran mit Olivenöl und Tomaten, mal exotisch mit heimischen Südfrüchten, mal orientalisch mit Hummus aufgetischt.

Stichwort „Hummus Wars“. Dieser Dialog kann als kulinarische Akkulturation oder Usurpation gesehen werden. In Nachbarstaaten wie Syrien stößt man sich daran, dass Israel arabisches Kocherbe vermarktet und damit gastrodiplomatisch punktet. Als das israelische Araberdorf Abu Gosch die größte Hummus-Portion der Welt in einer Satellitenschüssel präsentierte, konterten 300 jordanische Köche den Guinness-Rekord mit einem über zehn Tonnen schweren Kichererbsenmus. So oder so eines der Zeichen, dass 75 Jahre nach der Staatsgründung Israel kulinarisch im Vorderen Orient verankert ist.

Peter Peter

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