Eschwege/Breslau
30 Jahre Service above self
Aus einer "Pioniertat" im Jahr des Mauerfalls wurde eine jährlich wiederkehrende Sozialaktion des RC Eschwege – mit Signalen der Versöhnung und Völkerverständigung.
1989 führte der Gesetzgebende Rat in Evanston „Service above self - Selbstloses Dienen“ als Leitlinie von Rotary International ein.
So motiviert machte sich im selben Jahr eine Delegation des RC Eschwege auf den Weg nach Polen. Einmal, um die damals akute Not zu lindern – dann aber auch, um nach der weitgehend gelungenen Versöhnung mit unseren westlichen Nachbarn nun in Richtung Osten entsprechende Signale zu senden.
Aufgrund persönlicher Beziehungen fiel die Wahl auf Breslau. Hier gaben der Pfarrer Roman von Gradolewski, ein Großonkel des damaligen Präsidenten Achim Kaiser, und die Medizinerin Prof. Lewandowska, Mutter der Eschweger Zahnärztin Joanna Wegner, wertvolle praktische Hinweise. So erreichte noch 1989 der erste Hilfstransport die schlesische Hauptstadt.
Aus dieser damaligen Pioniertat wurde eine jährlich wiederkehrende Sozialaktion des Clubs – mit Anpassung an die sich im Laufe der Zeit wechselnden Verhältnisse und Bedürfnisse. Standen zunächst Lebensmittel, Medikamente und medizinische Geräte auf der Liste der Hilfsgüter, sind es jetzt vorwiegend Geldspenden, die gezielt wohnungslosen Frauen mit ihren Kindern zu Gute kommen.
Nun hatte sich das um einige Freunde erweiterte "Polen-Team" des RC Eschwege zur Feier des dreißigsten Jubiläums auf den Weg in die schlesische Hauptstadt gemacht. Bei der Jubiläumsfahrt erinnerten sich die Teilnehmer an die schwierigen Anfänge, wie zum Beispiel schlechte Straßen, große bürokratische Hürden, Probleme mit der Unterkunft, mit dem sicheren Parken der Fahrzeuge.
Nun geht die Autobahn durch bis Breslau. Die stundenlangen Grenzabfertigungen in Görlitz sind nur noch verblasste Erinnerungen angesichts der weiß-roten Grenzpfähle Polens, die heute ohne Kontrolle zu passieren sind.
Im Heim für obdachlose Frauen und deren Kinder wurde das Jubiläumsteam auf das herzlichste von der Heimleitung, bestehend aus Lucja Dobrowloska, Malgorzata Wroblewska und Dr. Alek Pindral, begrüßt. Präsident Berneburg (RC Eschwege) dankte für den freundlichen Empfang und übergab nach einem Rückblick auf die Geschichte der Hilfsaktionen dem Direktor einen symbolischen Spendenscheck. Dieser bedankte sich seinerseits und lobte die langjährige Freundschaft mit dem RC Eschwege. Anschließend berichtete er über aktuelle Problemfälle in der Herberge.
So hatte in der Nacht zuvor die Polizei vier kleine Geschwister (1 bis 4 Jahre) aus der Wohnung der im Alkoholrausch randalierenden Großeltern befreit und in die Herberge gebracht. Die Großeltern vertraten die Mutter, der die Erziehungsgewalt entzogen war. Die Rotarier beobachteten die vier Kleinen beim Spielen und hoffen nun, dass die Kinder dieses Drama mit Unterstützung des Heimes psychisch einigermaßen verkraften können.
Am Abend traf sich die Eschweger Delegation mit Freunden vom RC Wroclaw. Mit dabei eine 24-köpfige Gruppe vom RC Schärding (Österreich), die auf einer Rundreise durch ehemals habsburgische Gebiete die schlesische Hauptstadt besuchte.
Präsident Jagoda (RC Wroclaw) begrüßte die rotarischen Gäste mit angelegter Amtskette. Beim anschließenden Bannertausch hielt Achim Kaiser, Initiator der Hilfsaktionen, eine kurze Begrüßungsrede. Besonders sein Schlusssatz in polnischer Sprache wurde mit Applaus bedacht.
Nach dem offiziellen Meeting folgte ein multikulturelles Abendessen mit freundschaftlichen Gesprächen. Mit einem gemeinschaftlichen Abschiedsfoto und einem herzlichen Adieu endete der Abend in rotarischer Harmonie.
Christian Kaiser wurde 1942 in Hessen geboren, machte Abitur in Hanau. Studium der Agrarwissenschaften in Göttingen und Bonn mit Promotion. Pächter der Hessischen Staatsdomäne Kinzigheimerhof bis 2004. Öbuv. Sachverständiger. Verheiratet, zwei Kinder. Seit 1981 im RC Hanau. Präsident 1999/2000, PHF+3. 2011 bis 2021 war er Distriktberichterstatter für D 1820.
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