https://rotary.de/clubs/distriktberichte/change-means-evolution-in-der-ewigen-stadt-a-22534.html
Rotary-Institut in Rom

"Change Means Evolution" in der Ewigen Stadt

Rotary-Institut in Rom - "Change Means Evolution" in der Ewigen Stadt
Gefragter Gast auf dem Podium: Holger Knaack, Past-RI-Präsident © Julius Schölkopf (alle Fotos)

Im September waren Mitglieder und Führungskräfte aus den Rotary- und Rotaract-Distrikten der mitteleuropäischen Zonen zum Rotary-Institut nach Rom eingeladen.

Julius Schölkopf22.09.2023

An einem sonnigen Freitagnachmittag eröffnete Alberto Cecchini, der Direktor von Rotary International und Konferenzleiter, gemeinsam mit dem deutschen Direktor Hans-Hermann Kasten und Rotary-International-Präsident Gordon McInally das Rotary-Institut unter dem Motto "Change Means Evolution".

Rotary-International-Präsident Gordon McInally aus Schottland betonte in seiner Eröffnungsrede, dass Rotary Clubs das Tabuthema psychische Gesundheit ansprechen sollten und die Sensibilisierung der Clubs für die Bedürfnisse der psychischen Gesundheit vorangetrieben werden sollte. Die Förderung des Zugangs zu psychosozialen Diensten und die Schaffung neuer Projekte im Bereich psychische Gesundheit seien wichtige Aufgaben für die Zukunft von Rotary und Rotaract. Zudem hob Gordon McInally hervor, dass Rotary Clubs auch nicht-traditionelle Mitglieder erreichen und die Gemeinschaft, der die Clubs dienen, in vollem Umfang widerspiegeln sollten. Clubs sollten weiterhin nach Möglichkeiten suchen, um die Mitgliedererfahrung im Club zu verbessern, um das Engagement und die Zufriedenheit der Mitglieder zu erhöhen. Umfragen von Rotary International haben gezeigt, dass die Zufriedenheit mit den Clubtreffen und das Vertrauen in die Clubleitung eng gefolgt von der Zufriedenheit mit dem Clubdienst und dem Knüpfen von Freundschaften und beruflichen Kontakten wichtig sind. Mitglieder mit höherer Zufriedenheit ziehen mehr Mitglieder in die Clubs. Gordon McInally schlug folgende Strategien vor: Erstens sollten sich die Clubvorstände Zeit nehmen, um die Bedürfnisse und Erwartungen der einzelnen Mitglieder besser zu verstehen und ein Erlebnis zu bieten, das diese Bedürfnisse erfüllt. "Verbessern Sie das Meeting-Erlebnis durch effektiveres Zeitmanagement, bessere Redner und interessantere Lernmöglichkeiten für die Clubmitglieder", so der schottische Präsident von Rotary International. Jeder Club habe die Macht und Mittel, um das Clubleben für alle interessanter zu gestalten. Er fasste zusammen, dass es entscheidend für das Wachstum von Rotary sei, gemeinsam einladende Orte für potenzielle Mitglieder zu schaffen und die Türen bestehender Clubs zu öffnen.

2023, knaack, bashar asfour, rom, institute
Berichtete von der End-Polio-Tour: Bashar Asfour

Das Programm der drei Tage stand unter den Schwerpunkten Impact, Reach, Engage und Adapt. Nach der Vorstellung der Schwerpunkte arbeiteten die Teilnehmenden in Arbeitsgruppen, in denen sie auf Basis der Vorträge und Diskussionen neue Ideen für die Arbeit in den Clubs und bewährte Praktiken zusammenstellen konnten.

Wie groß ist der Impact von Rotary?

Dieser Frage widmete sich eine Paneldiskussion mit Faiz Kidwai (Rotary International Director), Fiorella Sgallari (Governor Distrikt 2072), Holger Knaack (The Rotary Foundation) und Chiara Cardoletti (UNHCR-Vertreterin für Italien), die exemplarisch den Kampf der rotarischen Familie gegen den Klimawandel und Naturkatastrophen beleuchtete. Hier wurde betont, dass die Rotary Foundation schnell bei Katastrophenhilfe unterstützen kann und auch den Opfern des Erdbebens in Marokko und der Überflutung in Libyen hilft. Um den Impact von Rotary zu steigern, schlug die Arbeitsgruppe vor, dass jeder Club eine CO2-Fußabdruck-Berechnung durchführen und die vorhandenen rotarischen Trainingsinstrumente verstärkt nutzen sollte, um Ideen und bewährte Praktiken auszutauschen und insbesondere neue Projekte - auch über Club- und Landesgrenzen hinweg - zu etablieren.

Wie können wir unsere Reichweite steigern?

Als weiterer Schwerpunkt wurde über das Thema "Reach" und die damit verbundene Notwendigkeit von Öffentlichkeitsarbeit und das Erwecken von Begeisterung für Rotary durch Projekte gesprochen. Der Moderator der Session, Journalist Francesco Giorgino, betonte, dass es unerlässlich und wichtig für die Gesellschaft sei, über die Projekte von Rotary zu sprechen. Täglich werden viele negative Nachrichten verbreitet, aber viel zu wenig positive Nachrichten, so der Journalist. Rotary kann diese wichtigen positiven Nachrichten liefern, indem es über seine Projekte spricht und ihren Einfluss sowie die entstehenden Möglichkeiten erläutert. Er resümierte, dass, wenn eine Aktion nicht die Menschen erreicht, die nicht dabei waren, dies eine "Schande" sei. Michael Sheldrick, Gründer von Global Citizen, ergänzte, dass einfache Wege, um Menschen zur Mitwirkung zu bewegen, der Kampf gegen Armut und Polio sei. Bei diesen Projekten sendet Rotary eine unglaublich starke Botschaft und kann messbare Erfolge vorweisen, die andere zur Mitwirkung motivieren können. Brian Rusch, Mitglied der DEI-Taskforce von Rotary International, betonte die Bedeutung von Diversity, Equity and Inclusion (DEI) für Rotary und Rotaract und hob hervor, dass die größte Chance für mehr DEI insbesondere bei jungen Menschen liegt, die sich engagieren und einbringen möchten. Diese Chance zu nutzen sei das Richtige für die Clubs. Er argumentierte, dass für viele Clubs das Neue beängstigend sein könne, er jedoch überzeugt sei, dass dies für die Organisation das Richtige sei. Die Arbeitsgruppen wünschen sich, dass Rotary Clubs offener werden, indem sie Mitglieder der Clubs, Rotaract und Personen aus der Gesellschaft fördern, um neue Projekte zu entwickeln und neue Beziehungen zwischen unseren Clubs und der Gesellschaft aufzubauen. Die Zusammenarbeit mit anderen soll helfen, die Bedürfnisse der Gemeinschaft, in der der Club verwurzelt ist, zu verstehen. Zusätzlich empfehlen die Diskutierenden, dass die Clubs aktiver über ihre Projekte kommunizieren und Rotary über den Erfolg ihrer Projekte sprechen muss. Zusammengefasst wünschen sich die Diskutierenden, dass Rotary als einfühlsamer, zuverlässiger und effektiver Partner in der Gemeinschaft wahrgenommen wird.

Wie können Clubs aktiv werden?

Die Diskussion rund um das Thema "Engage" illustrierte die Möglichkeiten des Engagements zur Reduzierung von Lebensmittelabfällen. Andrea Belli vom italienischen Nudelhersteller Barilla erläuterte, wie Barilla Verantwortung übernimmt und versucht, den Großteil der produzierten Produkte, die nicht verkauft wurden, nicht zu entsorgen, sondern an Bedürftige zu spenden. So kümmert sich sein Unternehmen um die lokale Gemeinschaft, auch wenn dies aufwendig ist. Er argumentierte, dass die Endverbraucher, die das Produkt über die Tafel beziehen, die gleichen Rechte wie Verbraucher im Supermarkt haben und somit auch für die Spende von Lebensmitteln eine interne Kontrolle und Prüfung notwendig sei. Die Sterneköchin Christina Bowerman erläuterte, dass in der Gastronomie mehr Wert auf die Minimierung von Lebensmittelabfällen gelegt wird als in privaten Haushalten. Sie fragte sich in ihrem Restaurant, wie man das, was als Rest bezeichnet wird, verwenden könnte. Die meisten Produkte kann man vollständig verwenden, und es ist eine Verhaltensänderung notwendig. Der Moderator Andrea Segrè fasste zusammen, dass die Halbierung der Lebensmittelverschwendung bis 2030 möglich ist und Rotary hier aktiv ist und noch aktiver werden könnte.

Wie kann sich Rotary an Veränderungen anpassen?

Der letzte der vier Schwerpunkte des Instituts war die Stärkung der Anpassungsfähigkeit der Organisation Rotary. Der Psychiater Giuseppe Bersani eröffnete die Panelrunde  mit einer Zusammenfassung, dass das, was wir erleben, nicht nur eine Ära des Wandels, sondern ein Wandel der Ära sei. Er habe eine Beschleunigung der Veränderungen von Klimawandel, Digitalisierung, ethischen Grundsätzen und kulturellen Paradigmen in den letzten Jahren beobachtet, und in den letzten Jahren habe Rotary – bildlich gesprochen – mehr als gewöhnlich laufen müssen, um mit dem Wandel in diesen Zeiten mithalten zu können. Dies geht auch an den Rotary Clubs nicht vorbei, denn der Wandel habe den psychologischen Zustand von Individuen und unserer Gemeinschaft beeinflusst. Es gebe nur zwei Möglichkeiten, sich diesem Wandel zu stellen: Entweder schaffen es die Gesellschaft, den Wandel anzunehmen, oder alle werden davon erschöpft und gestresst, so Professor Bersani. Er habe beobachtet, dass die Menschen Schwierigkeiten haben, sich auf diesen Wandel einzustellen, und so leide die Anpassungsfähigkeit der Person. Professor Bersani sieht in der unbegrenzten Zunahme der Kommunikationsmöglichkeiten eine Veränderung der zwischenmenschlichen Beziehungen, insbesondere dass weniger direkte persönliche Interaktionen zu verzeichnen seien und sich die Struktur des Denkens verändert habe, hin zu einer stärker bildbasierten Kommunikation von Gefühlen. Zudem haben unerwartete historische Ereignisse, wie die Covid-19-Epidemie und der Krieg in der Ukraine zu einer Rückkehr einer Realität geführt, die zuvor vom technischen Fortschritt vernachlässigt oder in die Geschichte verbannt worden war. In dieser stressigen Zeit ist die Gefahr der Erschöpfung hoch, und wir lehnen weitere Veränderungen ab. Dennoch sei es nötig, sich an den Wandel anzupassen, um mentales Wohlbefinden zu erreichen und weniger gestresst zu sein. Jedes Mitglied und Rotary Clubs sollten an ihrer sozialen Resilienz arbeiten. Soziale Resilienz ist die Geschwindigkeit, mit der eine Gemeinschaft zu ihrem ursprünglichen Zustand zurückkehrt, nachdem sie einer Störung ausgesetzt war, die sie von diesem Zustand entfernt hat. Dieser Prozess hat auch eine psychologische Dimension, um das eigene Leben positiv zu reorganisieren. Persönliche Bewusstseins- und Motivationsressourcen, die Wahrnehmung von Problemen und möglichen Bewältigungsstrategien sowie soziale Unterstützung können hier hilfreich sein. Dennoch ist er überzeugt, dass auch die Entwicklung auch dieses Mal erfolgreich sein werde, denn die Geschichte des Menschen ist die Geschichte seiner Anpassung. Als weitere Rednerin illustrierte Professorin Ornella Corazza, dass insbesondere die junge Generation andere Wege gefunden hat, mit dem Wandel umzugehen, und ergänzte, dass die Rotarier den Moment des Wandels nutzen und Antworten finden müssten, um insbesondere die jüngere Generation mitzunehmen und einzubinden.

2023, rom, institute, heucken, mittelstaedt, kasten, seegers, schölkopf
Deutsche Vertreter auf dem Institut: Jan Mittelstaedt, Ulrich Heucken, Hans-Hermann Kasten, Julian Seethaler, Julius Schölkopf

Die Arbeitsgruppen, die das Thema Adapt aufgegriffen haben, sehen eine notwendige Anpassung in der Vereinfachung der Organisationsstruktur durch verstärkte Interaktion und Präsenz der Distriktführungskräfte in den Clubs sowie des Zugangs zu Zuschüssen der Foundation. Zudem sollten Clubs über ihre Strategie für die nächsten Jahre und die notwendigen Änderungen sprechen, um die Clubmitglieder mitzunehmen und für neue Mitglieder attraktiv zu werden. Sie appellieren an die Clubs, offen für Veränderungen zu sein und sich Zeit für die Bedürfnisse aller Mitglieder zu nehmen.

Am Sonntag nahm sich Rotary-International-Präsident Gordon McInally Zeit, um die Fragen aus dem Publikum zu beantworten. Eröffnet wurde die Fragerunde mit der Frage, wo er Rotaract in zehn Jahren sehe. Rotaract ist nicht die Zukunft von Rotary, Rotaract ist die Gegenwart, so Gordon McInally. Als Rotarier könne er so viel von Rotaract-Mitgliedern lernen, und Rotaract-Mitglieder könnten viel von Rotary-Mitgliedern lernen. "Wir können so viel voneinander lernen und gut zusammenarbeiten." Seine Philosophie ist, dass Rotaract und Rotary dadurch so viel mehr erreichen könnten, wenn jeder seine besonderen Talente einbringt und diese miteinander verbunden werden. "Wir haben gerade erst mit der Zusammenarbeit begonnen. Wir sind noch dabei, uns kennenzulernen, wir haben noch nicht den Höhepunkt erreicht, aber ich sehe, dass es vorwärts geht. Eine Beziehung, bei der wir die Marke Rotary haben und unter der Marke Rotary unsere Rotaract Clubs und Rotary Clubs. Und in Zukunft vielleicht auch andere Einheiten. Rotaract und Rotary benötigen sich gegenseitig und sind eins", so der Präsident von Rotary International.

Auf die Frage, wie er sicherstellen möchte, dass sein Fokus auf Mental Health auch nach seiner Präsidentschaft von den Clubs verfolgt wird, betonte er, dass die Fellowship und der Erfolg der Clubprojekte sicherstellen werden, dass das Thema präsent in Rotary bleibt. Hierfür komme es auf die Clubs an, dass Mental Health Projekte ein Teil der DNA von Rotary werden. Auf die Frage, welchen Rat er jungen Menschen bei Interact geben würde, antwortete er, dass junge Menschen die Chancen, die Interact und Rotaract bieten, nutzen sollten, um mit der rotarischen Familie verbunden zu bleiben und die Gelegenheiten für persönliche Entwicklung zu nutzen – um vielleicht eines Tages auf dem Präsidentenstuhl zu sitzen.

2023, seegers, mcinally, schölkopf
Ein Selfie zum Abschied musste sein...

Zum Abschluss wurde das nächste Rotary-Institut durch Director Hans-Hermann Kasten vorgestellt. Er lädt im kommenden Jahr zum Rotary-Institut, dem European Summit, vom 30. August bis 1. September nach Bonn ein. Das Institut in Rom endete mit dem Glockenschlag von Gordon McInally und Koffern voller Inspiration und Ideen, die nun in den Distrikten ausgepackt werden.

Julius Schölkopf
Julius Schölkopf  (Rotary Club Stuttgart-Wildpark, Rotaract Club Ludwigsburg) studierte Volkswirtschaftslehre in Mannheim, Zürich und Heidelberg und promoviert in empirischer Wirtschaftsforschung. 2015 wurde er über ein RYLA-Seminar Mitglied bei Rotaract. Er hatte unter anderem mehrere Jahre das Amt des Beauftragten für Öffentlichkeitsarbeit in seinem Club inne, arbeitete im Organisationsteam des KidsCamps in Heilbronn mit und vertrat den Distrikt 1830 als Assistant-Distriktsprecher (2018/19) und als Distriktsprecher (2023/24). Seit sechs Jahren engagiert er sich bei Rotaract Deutschland unter anderem im Ressort Öffentlichkeitsarbeit (Sprecher 2021/22) und im Bereich Organisationsentwicklung und Verfahrensfragen. Von Frühjahr 2021 bis Juli 2023 war er als Distriktberichterstatter für den Distrikt 1830 aktiv.