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Distrikt 1820

Council on Legislation

Distrikt 1820 - Council on Legislation
Startklar: Unsere Delegierte bereitet sich auf Chicago vor. © Alfons Karos

Edith Karos vertritt von nun an den Distrikt 1820 im Gesetzgebenden Rat von Rotary als Delegierte. Wir sprachen mit ihr vor ihrer ersten Reise nach Chicago im April 2025.

Claus Peter Müller von der Grün05.04.2025

Liebe Edith, Du warst Governorin im Distrikt im Jahr 2021/22 und hast nun eine neue Funktion im CoL inne. Wofür steht die Abkürzung CoL?

Sie bedeutet "Council on Legislation", auf Deutsch: Gesetzgebender Rat. In diesen Rat, der alle drei Jahre in Chicago tagt, entsendet jeder Rotary-Distrikt weltweit einen Delegierten, der zuvor in einer Distriktkonferenz gewählt wurde. Damit ist der Council quasi das Parlament von Rotary International.

Was ist die Aufgabe des CoL?

Der Council entscheidet über Änderungen oder Ergänzungen an den zentralen Dokumenten von Rotary International: die Verfassung von RI, die Satzung von RI (die im englischen Bylaws genannt wird) sowie die einheitliche Verfassung für Rotary Clubs. Und wie es bei demokratisch gewählten Parlamenten üblich ist, hat der Council on Legislation auch ein Budgetrecht, das bedeutet im Fall von Rotary, dass eine Erhöhung der Beiträge, die jeder Club an RI zu errichten hat, vorher vom CoL beschlossen werden muss.

Ganz ehrlich: Seit wann weißt Du, dass es diese Institution gibt, und was sie tut?

So richtig weiß ich das erst, seit ich mich auf mein Governorin-Jahr 2021/22 vorbereitet habe. Sicher hatte ich auch zuvor schon einmal davon gehört, aber damals dachte ich, dass sei eine trockene Materie und man müsse Jurist sein, um da durchzublicken. Durch meine Beschäftigung mit der Aufgabe und auch durch die vorbereitenden Trainings für Delegierte ist mir mittlerweile klar, dass es beim CoL um Themen geht, die letztlich jedes Rotary-Mitglied betreffen. Das macht die Sache natürlich interessant und spannend – und verantwortungsvoll.

Was werden Deine Aufgaben sein, wenn Du Mitte April als Delegierte des CoL nach Chicago reisen wirst?

Als eine der etwa 530 Delegierten aus aller Welt werde ich über die 86 eingereichten Anträge abstimmen. Die Plenarsitzungen finden vom 13. bis 17. April statt, jede/r Delegierte kann sich zu Wort melden und für oder gegen die Annahme eines Antrags argumentieren. Wie im Parlament eben. Die Anträge, die von Clubs, von Distrikten oder auch vom Board of Directors eingereicht werden können, liegen bereits vor. Im Vorfeld habe ich mich mit jedem einzelnen Antrag beschäftigt. Bei der Abstimmung sind die Delegierten frei in ihrer Entscheidung und nicht weisungsgebunden. Aber natürlich frage ich bei den möglicherweise betroffenen Verantwortlichen in unserem Distrikt nach, wie sie die jeweilige Problemstellung sehen. Und ich diskutiere auch mit den Kollegen und Kolleginnen aus den anderen deutschsprachigen Distrikten, dazu haben wir einen Arbeitskreis. Eine gute Vorbereitung halte ich für sehr wichtig, um das Stimmrecht verantwortungsvoll wahrzunehmen.

Welche sind – unter den 86 Anträgen – nach Deiner Ansicht die drei bedeutsamsten Themen, Inhalte und Anliegen?

Allein fünf Anträge befassen sich mit dem Thema und hier insbesondere der Höhe der Mitgliedsbeiträge der Clubs an Rotary International. Das Budgetrecht, also das Recht die finanziellen Verhältnisse mitzubestimmen, ist für mich ein ganz zentrales Recht des Council. Und gerade diese Beschlüsse werden jeden einzelnen Club betreffen. Ein weiteres wichtiges Thema ist Transparenz, hierzu haben unter anderem auch deutsche und österreichische Distrikte Anträge eingebracht. Moderne Organisationen müssen nach meiner Überzeugung offen kommunizieren an ihre Mitglieder über strategische Ziele und Zielerreichungsgrade, über Kostenoptimierung und Organisationsentwicklung. Ein Punkt, der Rotaract elementar betrifft und sicherlich für Meinungsverschiedenheiten gut ist: Eine Altersbegrenzung für die Mitgliedschaft in Rotaract Clubs, die es bisher in der RI-Satzung nicht gibt. Zwei Anträge von zwei verschiedenen indischen Distrikten schlagen hierzu einmal eine Begrenzung von 18 bis 25 Jahren vor, der andere Antrag will eine Obergrenze von 40 Jahren setzen.

Kannst Du an den Anträgen, die dem CoL vorliegen, die unterschiedlichen Kulturen ablesen, die sich innerhalb von Rotary widerspiegeln?

In der Tat sieht man bei den Anträgen häufig die Unternehmens- und Organisationskultur eines Landes durchscheinen. In vielen asiatischen Ländern ist man – aus unserer Perspektive betrachtet – eher geringere Entscheidungsspielräume gewohnt, viele detaillierte Regeln geben Orientierung. So kommt beispielsweise ein Antrag aus einem japanischen Distrikt, nach dem in der Standard-Clubverfassung nicht nur wie bisher Wochentag und Uhrzeit der Clubmeetings festgelegt sein sollen, sondern es soll neben dieser Beginn-Uhrzeit zwingend auch die Uhrzeit für das Ende des Meetings festgeschrieben werden. Die deutschsprachigen Distrikte und Delegierten halten es dagegen eher mit der Maxime: So wenig Regelungen wie möglich.

Kann es angesichts der Vielfalt der Perspektiven, die im CoL zusammentreffen, überhaupt die eine rotarische Perspektive geben?

Darin liegt die Herausforderung, global und interkulturell zu denken und so die beste Regelung für Rotary insgesamt zu finden. Das ist unsere Aufgabe und von daher macht es auch Sinn, dass in diesem großen Council-Plenum das Für und Wider jedes einzelnen Antrags persönlich diskutiert wird. Natürlich bildet man sich beim Durcharbeiten der einzelnen Anträge vor dem Council bereits ein Urteil. Wichtig ist es jedoch, bis zum Council offen zu bleiben für gute Argumente und ergänzende Sichtweisen, um im Lichte dieser Diskussion seine Meinung eventuell zu revidieren.

Deine Reise und die Tagung fallen in eine Phase des politischen Epochenwandels. Die Welt ordnet sich um. Mit welchen Gedanken und Erwartungen gehst Du auf Reisen?

Interkulturelle Kompetenz ist immer gefragt beim Zusammentreffen von Menschen aus aller Welt. Ich freue mich auf die Vielfalt der rotarischen Sichtweisen, das Treffen mit Menschen aus allen Kontinenten, die eine Gemeinsamkeit haben: Wir sind alle Rotarier bzw. Rotarierinnen, und als solche haben wir alle das Ziel, die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Natürlich mache ich mir auch persönlich Sorgen wegen der vielen krisenhaften Entwicklungen weltweit, aber wenn die Menschen als Vertreter unterschiedlicher Interessen, Anschauungen und politischer Richtungen nicht mehr miteinander reden, wird es wirklich gefährlich werden auf dieser Welt.

Claus Peter Müller von der Grün

Claus Peter Müller von der Grün ist Journalist. 1960 in Kassel geboren kehrte er — nach dem Studium in Dortmund und verschiedenen beruflichen Stationen in Dortmund, Düsseldorf und Frankfurt — nach der Wiedervereinigung nach Kassel zurück. Dem RC Kassel-Wilhelmshöhe gehört er seit dem Jahr 2000 an. Im Jahr 2013/14 war er Präsident seines Clubs. Sowohl im Club, als auch auf der Distriktebene war er schon mehrfach in Sachen der Kommunikation aktiv, derzeit ist er Distriktberichterstatter von D1820.