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Distrikt

Frauenanteil: plus 0,3 Prozent

Distrikt - Frauenanteil: plus 0,3 Prozent
Bis jetzt gab es zwei Frauen als Governorin in D 1910: derzeit Melitta Becker Unger (l.) und Barbara Kamler-Wild (2010/11) © Robert Sommerauer

Der Anteil an Frauen in Rotary steigt. Allerdings nur langsam. Neugründungen sind schon generell gemischt, aber bei älteren Clubs ist die Öffnung schwieriger. Eine Bestandsaufnahme.

Hubert Nowak01.04.2020

Klar, Rotary wurde von Männern gegründet. Aber die Menschheit besteht zu 50 Prozent aus Frauen. Erst 1989 hat sich Rotary für Frauen geöffnet, ein Jahr später gab es weltweit bereits 20.000 Rotarierinnen. In Österreich sind Frauen seit 1997 dabei (RC Wien Gloriette). Aktuell liegt im Distrikt 1910 der Frauenanteil bei 14,3 Prozent, Steigerung im vergangenen Jahr: 0,3 Prozent. Jubelmeldungen sehen anders aus. 65 von den exakt 100 Clubs im Distrikt sind gemischt. Interessant ist, dass der Frauenanteil in Bosnien Herzegowina um einiges höher ist als in Österreich (31,4%). Weltweit sind es 23,6 Prozent. Immerhin hat der Distrikt mit Melitta Becker-Unger auch schon zum zweiten Mal eine Governorin an der Spitze.

Sigrid Lumetsberger, derzeit Präsidentin von RC Wien Schwechat, hat da eigene Erfahrungen. Als ihr Club 2015 in einer kritischen Phase war, überaltert und wenig belebt, wurde nach heftigen Debatten beschossen, Frauen aufzunehmen. Vier Jahre nach ihrer Aufnahme durfte sie als Präsidentin die 30-Jahr-Feier ausrichten. Dabei schilderte ein Clubfreund in einer Rede seine Abkehr von seiner ursprünglichen Skepsis: „Das war eine der besten Entscheidungen. In den Club ist nicht nur Verjüngung eingekehrt, sondern auch Vielfalt und Lebendigkeit.“

Das Zögern der Männer

Die Argumente dagegen sind in allen Männerclubs ähnlich. „Ich bin in einen Männerclub eingetreten, und will daher keine Frauen im Club.“ „Frauen haben eh keine Zeit dafür.“ Oder: „Meine Partnerin will das nicht.“ Manche drohen sogar damit, Rotary zu verlassen. Sigrid Lumetsberger hält dagegen und plädiert für die Vielfalt und die Normalität im Leben. Sie wendet sich sogar gegen Abstimmungen in alten Clubs, ob man Frauen aufnehmen solle: „Eine Abstimmung darüber, ob man ein bestimmtes Geschlecht, eine bestimmte Religion, eine bestimmte Hautfarbe ausschließt, ist schlichtweg diskriminierend und besteht keinesfalls die Vier-Fragen-Probe.“

Radikal? Mag sein. Damit kommen auch die reinen Frauenclubs im Distrikt (RC Villach Park und RC Banja Luka Gloria) unter Druck. Der Erfolg der Wandlung in ihrem Club zu mehr Dynamik und Offenheit scheint Lumetsberger recht zu geben. Diese Erfahrung haben bisher alle Clubs gemacht, die diesen Schritt gewagt haben, berichtet Governorin Becker-Unger. Dass durch Frauen im Club die Vereinbarkeit von Familie und Beruf mit Rotary verstärkt zum Thema wird, sollte kein Nachteil sein. Assistant-Governorin Veronika Seutter (RC Wien Marc Aurel) plädiert daher für flexiblere Präsenzmodelle, gerade auch für Frauen mit Kindern. Immerhin gehe es ja um nichts weniger, als die gesellschaftliche Realität auch in Rotary abzubilden.

Hubert Nowak
Dr. Hubert Nowak, RC Perchtoldsdorf, ist Buchautor und Medienberater. Er war 40 Jahre lang als Journalist und Manager in verschiedenen Funktionen im ORF tätig, darunter als Moderator und stellvertretender Chefredakteur der „Zeit im Bild“ und als Landesdirektor des ORF Salzburg.

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