Porträt
Bilder gegen Corona
Die Pandemie lässt niemanden aus. Nicht alle werden krank, doch von den Einschränkungen sind alle betroffen. Für den Künstler Elmar Peintner haben Stille und Isolation aber auch positive Seiten.
Es gibt Künstler, die senden ihre Botschaften mit ausladenden Gesten. Mit monumentalen Skulpturen und riesigen Bildern. Lassen die großen Formate sprechen – mit starken Farben wie Jörg Immendorff, mit Kopfständen wie Georg Baselitz, mit tiefgründigen Collagen wie Anselm Kiefer, mit riesigen Gurken oder Knackwürsten wie Erwin Wurm oder wie Xenia Hausner mit ihren Frauenfiguren. Und es gibt die, die mit fein gespitztem Bleistift, zarter Eitempera oder scharfer Radiernadel eine andere Art von Sensibilität verlangen, eine Nähe einfordern, von sich selbst und vom Betrachter, die mit Details und angeblichen Nebensächlichkeiten neue Blicke auf unsere Welt erzeugen.
Feinfühlig
Zu diesen gehört Elmar Peintner. Vielleicht ist das enge Oberinntal in Tirol auch kein ideales Biotop für das Laute. Er jedenfalls hat die leisen Töne zur Meisterschaft gebracht. Er entspricht auch nicht dem Stereotyp eines knorrigen Tirolers, ist zwar sportlich und bergverbunden wie Mia, seine Frau, lebt die Feinfühligkeit aber in jeder Haarwurzel und selbst beim Bezahlen des Kaffees im Restaurant. Aufgewachsen in Landeck, immer noch verbunden mit dem dort lebenden alten Vater, hat er sich in Imst niedergelassen, in einem Haus mit viel Holz. Überall Bilder, auch meist kleine bis mittelgroße, viele von Kollegen und Freunden, aber auch eigene. Porträts der inzwischen längst erwachsenen Söhne als Babys. Dazwischen jenes, mit dem er an die Akademie der bildenden Künste in Wien kam, und jenes, mit dem er diese samt Diplom wieder verließ. Jahre hat er daran gearbeitet, ihm immer mehr Feinheiten abgerungen. Sein Professor gab ihm die Zeit für dieses Zeugnis der grafischen Meisterschaft.
Auch jetzt arbeitet er oft lange an einem Bild. Das schnell Hingeworfene ist seines nicht. Geordnet stehen Köcher mit feinen Stiften und kleinen Pinseln auf dem Arbeitstisch. Die Staffelei wirkt fast zu wuchtig für die meisten seiner Bilder. Er braucht keinen großen Saal als Atelier. Wichtiger ist ihm der Blick hinaus. Das große Fenster lässt den Kaunergrat hereinschauen. Berge, Schnee. Viel Weiß haben auch die Bilder. „Die Lockdowns der Coronapandemie hatten auch ihr Gutes“, sagt er, „der Rückzug in die eigenen vier Wände hat die Sinne geschärft, auf die nächste Umgebung, auf das Wetter, das eigene Ich.“ – „Wetterfühlen“ heißt demnach auch die jüngste Werkserie. Sie zeigt das Fühlen mit der Natur. Oft in Rückbezügen auf seine Kindheit. Ein Baumhaus. Ein Klettergerüst, Hütten, ein Zelt. Atmosphärische Farbräume, zart, nur manchmal ein kräftiger Akzent. „Ich kombiniere Dinge miteinander, die zunächst keinen Bezug zueinander haben, die damit aber neue Perspektiven bekommen.“
Eintauchen in die Fantasie. Abkehr von der Hektik. Corona sei Dank
Es ist seine Art, sich gegen ein Virus zu stellen. Viele Preise hat Elmar Peintner mit dieser anderen Annäherung an die Zeit schon gewonnen. Auszeichnungen fast am laufenden Band. Stille ist gefragt, auch am Kunstmarkt, der sonst an Marktschreierei ja nicht gerade arm ist. In aller Welt. Ein großes Regal ist nur gefüllt mit Katalogen von Ausstellungen im Ausland, wo seine Bilder schon waren. Japan, China, Schweden, Bulgarien, USA. Vom Inland ganz zu schweigen. Er ist in der Albertina in Wien ebenso vertreten wie in der Sammlung Leopold, im Centre Pompidou in Paris oder im Fine Arts Museum in San Francisco. Die Biennale in Peking hat er schon mehrmals als Preisträger verlassen. Auch heuer wurde er wieder eingeladen, wieder durfte er mit den besten der Welt eine Arbeit einreichen, das Bild hängt noch in China.
„Die Suche nach dem Menschsein“
Welche ihm die wichtigste seiner vielen Auszeichnungen ist? „Wahrscheinlich schon das Goldene Ehrenzeichen der Republik. Und das des Landes Tirol.“ Er sieht sich auch als Botschafter Tirols, hat er doch nicht zuletzt auch eine Werkserie mit Berglandschaften gemacht, große Bilder, für seine Verhältnisse sehr große. Na gut, die Berge sind ja groß. Einen Paul Harris Fellow hat er auch, war immerhin schon Präsident, Vortragsmeister und anderes in seinem Club. Immer bereit, anzupacken, wenn es zu helfen gilt, mit Rotary oder als Botschafter von „Rettet das Kind“.
Während leise der Bösendorfer aus dem Klavierzimmer durchdringt, Mia ist Pianistin und Musikschullehrerin, denkt Elmar lange nach über die Frage nach seinem Generalmotto. „Die Suche nach dem Menschsein“, sagt er schließlich, „das, worum es auch bei Rotary geht. Vielleicht helfen meine Rätselbilder, Türen zu sich selbst zu öffnen.“
SEHEN SIE HIER NOCH MEHR BILDER VON ELMAR PEINTNER.
Zur Person
Elmar Peintner (RC Imst-Landeck), geb. 1954 in Zams, 1974–1979 Studium an der Akademie der bildenden Künste in Wien (Meisterklasse Prof. Maximilian Melcher). Zahlreiche Preise und Auszeichnungen sowie Ausstellungen in diversen Ländern. Lebt und arbeitet in Imst in Tirol.
© Interfoto
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