Rotary Aktuell
Alles Gute, René Nehring!
Abschied nach 15 Jahren
Beim Abschiednehmen blickt man selbst meist zurück oder muss sich anhören, was andere dazu sagen. Beides, lieber René Nehring, möchte ich Ihnen eigentlich ersparen und nur laut und deutlich sagen, wie sehr wir es bedauern, dass Sie das Rotary Magazin verlassen, das über so viele Jahre Ihre berufliche, aber auch Ihre geistige Heimat war.
Als Sie vor mehr als 15 Jahren zu uns kamen, sprachen wir noch von ersten Sporen, vom klassischen Einstiegsjob, wo man Erfahrungen sammeln könne, und von den unvermeidlichen Feuertaufen. Das ist lange her.
Aus diesem Einstiegsjob ist ein großer Lebensabschnitt geworden, in dem Sie mit dem Rotary Magazin wohl mehr verwachsen sind, als Sie es damals selbst für möglich hielten. Sie haben das Rotary Magazin in seiner heutigen Form geprägt, und vielleicht auch umgekehrt: das Rotary Magazin Sie.
Ostwärts
Ich habe Sie damals zuerst im Kulturteil der WELT wahrgenommen, wo Sie mir als ein junger Mann entgegentraten, den unabhängiges Denken auszeichnete und große Leidenschaft für seinen Beruf. Was mir aber am meisten imponierte, war der Umstand, dass Sie eine junge Generation aus dem Osten verkörperten, die nach dem Mauerfall ihr Leben beherzt in die eigene Hand nahm und auf niemanden und nichts mehr warten wollte. Man gibt Generationen ja heute gern ein Etikett. Sie waren für mich die Generation Freiheit, und dieses Selbstverständnis haben Sie mir immer in Erinnerung gerufen, wenn wieder einmal Zweifel am Gelingen der deutschen Einheit laut wurden.
Ich habe mich oft gefragt, auf welchem Wege Sie, der Sie ja in der tiefsten DDR die Schule besuchten, zu einer so unabhängigen Denkweise gefunden haben. Mir ist dabei Angela Merkel in den Sinn gekommen, die gelegentlich von ihrer Zwischenwelt sprach, in der sie als Kind einer Hamburger Pastorenfamilie in der Uckermark aufgewachsen ist. Auch Sie, lieber Herr Nehring, hat eine solche Zwischenwelt vor der geistigen und faktischen Enge der DDR bewahrt: Ihr Interesse an der preußischen Geschichte und der Heimat Ihrer Vorfahren. Sobald es Ihnen möglich war, haben Sie mit Ihren Erkundungen Richtung Osteuropa begonnen, mit regelrechten Feldforschungen in einer im Westen nahezu vergessenen Welt.
Wann immer ich Sie im Laufe der vielen Jahre auf irgendeinen Ort oder Zusammenhang in diesem östlichen Teil Europas ansprach, fand Ihre Begeisterung keine Grenzen und Sie erzählten von der Schönheit der Landschaften, der langen, wechselvollen Geschichte und der gemeinsamen Verantwortung der neuen und der früheren Bewohner dafür.
Spiegelbild der Gegenwart
Ich habe selten einen jungen Menschen so leidenschaftlich und doch so vorurteilsfrei über den östlichen Teil Europas sprechen hören wie Sie. Manches Heft unseres Rotary Magazins ist aus dieser Passion heraus entstanden, und Sie wollten immer auch Ansporn geben, in diese Gegenden zu reisen und sie für sich zu entdecken. Geschichtliche Themen hatten im Rotary Magazin deshalb immer einen besonderen Platz. Aber auch aktuellen Fragen galt Ihre Neugier, und Sie haben dabei manche Kontroverse ausgelöst und auch aushalten müssen.
Irgendwann war das alte Format unserer Hefte für die-sen Anspruch zu eng geworden, wie Kleider, aus denen man herausgewachsen ist. Das neue, das größere Format ist unter Ihrer Ägide entstanden und hat den Anspruch deutlich gemacht, den das Magazin mit gutem Grund erheben kann: im besten Sinne für den rotarischen Geist zu werben und zugleich ein Spiegelbild der Fragen unserer Zeit zu sein.
Das ist das Selbstverständnis, an dem sich das Magazin auch in Zukunft messen lassen muss. Sie, lieber Herr Nehring, haben das über viele Jahre hinweg und mit großem Einsatz als Chefredakteur gewährleistet. Dafür gilt Ihnen unser aller und auch mein persönlicher Dank. Wir wünschen Ihnen von Herzen Glück und Erfolg auf Ihrem weiteren Lebensweg.
Johann Michael Möller
Inhaltlich verantwortlicher Herausgeber des Rotary Magazins
© Antje Berghäuser rotarymagazin.de
Weitere Artikel des Autors
12/2024
Ein Buch für die Ewigkeit
10/2024
Ein Teil von uns
9/2024
Zwischenstühler
7/2024
Wie Integration nicht gelingt
5/2024
Der kürzeste Weg zur Einheit
10/2023
Wie der Schwarzwald wurde, was er heute ist
5/2023
Der Traum von der gemeinsamen Nation
Der Ernstfall
2/2022
Ein letztes Leuchten
3/2021
Leipziger Träume
Mehr zum Autor