Rotary Aktuell
Engagement, das Wellen schlägt
Die Rotary Foundation – und damit die Förderung rotarischer Projekte in aller Welt – lebt nicht von Mitgliedsbeiträgen, sondern ausschließlich von Spenden. Wer die Foundation persönlich bedenken möchte, kann das etwa durch Einzelspenden oder sogar durch ein Vermächtnis tun.
Rüdiger Götz und seine Frau Chrissy Klinke-Götz haben alles geregelt. Gut gelaunt sitzen sie mit Jack-Russell-Terrier Felix in ihrem Reisemobil am schönen Wolfgangsee im Salzkammergut in Österreich und genießen den Ausblick. Gerade haben sie eine Tour mit rotarischen Freunden der Rotarian Vehicles Fellowship in Europe (RVFE) hinter sich. Rüdiger Götz ist Gründungsmitglied der „rotarischen Vagabunden“, wie er die Fellowship viel lieber nennt. Sechs Reisen haben er und seine Frau schon ausgearbeitet, vier davon in ihrer Heimatregion Franken.
Rüdiger Götz ist außerdem im Vorstand der Rotary Action Group for Reproductive, Maternal and Child Health (RMCH). In Berührung mit der Rotary Foundation kam er immer wieder in seiner rotarischen Laufbahn. Über die Jahre wuchsen das Verständnis und das Vertrauen in die Einrichtung. Nachdem er 1998 Gründungspräsident seines RC Uffenheim geworden war, folgten Amtszeiten als Foundation-Beauftragter im Club und Foundation Chair im Distrikt 1950. Nach seinem Governor-Jahr 2011/12 wurde der Mediziner schließlich für die Jahre 2013 bis 2016 Regional Rotary Foundation Coordinator (RRFC) für Deutschland. „Unser Leben dreht sich sehr stark um Rotary“, sagt Chrissy Klinke-Götz, die freiberuflich für die Lebenshilfe arbeitet und im nächsten Jahr Präsidentin ihres Rotary Clubs Rothenburg ob der Tauber wird. So stand nach reiflichen Überlegungen für das kinderlose Paar fest: Es gibt keinen besseren gemeinsamen Nenner als Rotary, wenn es um die Regelung ihres Nachlasses geht.
So entschieden sie sich schließlich 2018, den Stiftungsfonds (Endowment Fund) der Rotary Foundation mit einem Vermächtnis in ihrem Testament zu bedenken. 1,9 Millionen Dollar sollen nach ihrem Tod der Stiftung zugutekommen. Bewusst haben sie sich dafür entschieden, nicht zweckgebunden zu spenden. „Wenn wir versterben, wissen wir nicht, wo die Foundation es dann am nötigsten hat“, sagt Rüdiger Götz. Das Geld fließt daher in den „Endowment World Fund“, sodass die Treuhänder zu gegebener Zeit entscheiden, wo das Geld eingesetzt wird. „Es war ein komisches Gefühl, es notariell beglaubigen zu lassen“, sagt Chrissy Klinke-Götz. „Aber als es dann so weit war, waren wir unglaublich froh und erleichtert.“
Spendenanerkennung
Um ihre Anerkennung und Dankbarkeit auszudrücken, bietet das Kuratorium der Foundation Mitgliedschaften in verschiedenen Spender-Societys an. Das Ehepaar Götz ist seit seiner Spendenzusage einziges Mitglied in Deutschland der sogenannten Legacy Society. Darin werden Einzelpersonen und Paare aufgenommen, die in ihrer Nachlassplanung eine Zusage von einer Million Dollar oder mehr für den Stiftungsfonds gegeben haben. Rüdiger Götz und Chrissy Klinke-Götz sind ebenfalls Großspender (Major Donors) der Rotary Foundation. Diesen Titel erhält, wer 10.000 Dollar oder mehr an die Foundation spendet. Momentan gibt es in Deutschland insgesamt 67 Major Donors und in Österreich 20.
Wie wichtig große persönliche Spenden für die Arbeit der Rotary Foundation sind, wird oft unterschätzt. So erhielt die Foundation im Jahr 2019/20 insgesamt 458.255 Spenden von Einzelpersonen, Unternehmen und von nicht Rotary-liierten Charity-Organisationen. Nur 1672 von diesen Spenden waren sogenannte Major Gifts, also einzelne Spenden von 10.000 Dollar oder mehr. Diese Spenden machten jedoch ungefähr 32 Prozent (oder 77,2 Millionen Dollar) des insgesamt erhaltenen Spendenvolumens aus. Das belief sich im Jahr 2019/20 auf 239 Millionen Dollar, die 100 Millionen-Dollar-Spende der Gates Foundation an das Polio-Plus-Programm nicht mit eingerechnet. Von diesem Gesamtbetrag stammten 75,9 Prozent oder 181,4 Millionen Dollar von Einzelpersonen. Und nur 19,4 Prozent (46,4 Millionen Dollar) von Rotary Clubs und Distrikten sowie 4,7 Prozent (11,2 Millionen Dollar) von Unternehmen, nicht Rotary-liierten Charity-Organisationen und Regierungen.
Hierzulande sieht diese Gewichtung anders aus. „In Deutschland und Österreich gibt es eine starke Tradition, dass die Foundation von Clubgeldern unterstützt wird“, sagt Peter Schnell. Er ist Major Gift Officer und Ansprechpartner für Spenden ab 10.000 Dollar im Europa/ Afrika-Büro von Rotary International in Zürich. Als Fundraiser unterstützt er ebenfalls die ehrenamtlich aktiven sogenannten Endowment/Major Gift Advisor (E/MGA). Um potenzielle Großspender in Deutschland und der Schweiz kümmert sich in diesem Amt Hans-Jürgen Leuchs (RC Ingelheim am Rhein). Er und seine Frau Sabine sind außerdem Mitglieder der Arch Klumph Society. In der wird Mitglied, wer 250.000 Dollar oder mehr gespendet hat. „Wir finden es sehr befriedigend, wenn man über Rotary anderen helfen kann, die sich nicht selbst helfen können“, sagt er. In seinem Amt als E/MGA ist es seine Aufgabe, auch andere Menschen genau davon zu überzeugen, sich stärker im Bereich Großspenden und Vermächtnis zu engagieren.
Ein wichtiger Punkt, um mögliche Großspender auszumachen, ist die Zusammenarbeit mit Distriktführungskräften. „Der wichtigste Schlüssel sind die Governors. Sie haben Zugang zu den Präsidenten und Mitgliedern“, sagt er. Für ihn ist daher jeweils das erste Kennenlerntreffen der Crews eine der wichtigsten Veranstaltungen, um die Governor nominee zu erreichen. Aktuell bewirbt er außerdem die sogenannten Directed Gifts. Die einmaligen Spenden ab 15.000 Dollar, etwa zur Co-Finanzierung eines Global Grant, seien ein ideales Fundraising-Tool, sagt auch Peter Schnell, und spricht dabei von „personalisierter Philantropie“. Denn oft hätten die Spender ganz konkrete Wünsche, bestimmte Programme oder Projekte in bestimmten Schwerpunktbereichen und Regionen zu unterstützen. Das ist mit einem Directed Gift unbürokratisch für den Spender umzusetzen.
Konkrete Themen spielen ohnehin eine entscheidende Rolle für das Fundraising. So gehört zum Aufgabenfeld etwa die Organisation von Fundraising-Events, bei denen Kandidaten gewonnen werden sollen, für ganz konkrete Anlässe zu spenden, zum Beispiel für bestimmte Wasser- oder Gesundheitsprojekte oder die Rotary Peace Centers. Um die Argumente zum Spenden plakativer zu machen, finden Events dieser Art dann auch schon einmal direkt in den Räumlichkeiten der Weltgesundheitsorganisation statt oder es werden extra Friedensstipendiaten eingeladen, die eindrücklich von ihren Erfahrungen berichten. Wer dagegen die öffentliche Bühne scheut, findet ebenfalls in Peter Schnell und den Endowment/Major Gift Advisors die richtigen Ansprechpartner. So werden Gespräche über Großspenden oder Vermächtnisse auch oft sehr diskret, zum Beispiel im privaten Umfeld geführt.
Grundsätzlich gehen die Fundraiser sehr stark auf die persönlichen Bedürfnisse ein und erarbeiten individuelle Lösungen. „Es ist wichtig, mit den Spendern eine Beziehung aufzubauen“, sagt Peter Schnell, „denn ein zufriedener Spender wird die Rotary Foundation auch weiterhin unterstützen.“ Dazu gehört zum Beispiel auch die Organisation von Anerkennungs- und Informationsveranstaltungen für bereits bestehende Großspender.
Attraktives Portfolio
Seit ihrer Gründung im Jahr 1917 hat die Foundation mehr als vier Milliarden Dollar für Projekte ausgegeben. „Die Spender wissen, das Geld wird gut verwaltet und fließt kontrolliert und strukturiert in Projekte, die wiederum größtenteils von Clubs und Mitgliedern organisiert werden. Das gefällt den Großspendern“, sagt Peter Schnell. Neben den hohen Qualitätsstandards ist ein weiterer Pluspunkt das breit gefächerte Portfolio an Themen. Die Projekte werden in sieben von der Rotary Foundation festgelegten Schwerpunktbereichen finanziell gefördert: Friedensförderung und Konfliktprävention, Krankheitsprävention und -behandlung, Wasser, sanitäre Grundversorgung und Hygiene, Gesundheit von Mutter und Kind, Elementarbildung, Lesen und Schreiben, kommunale Wirtschaftsentwicklung sowie Umweltschutz. Jeder Spender kann sein Geld auf diese Weise dem Thema zukommen lassen, für das sein Herz am meisten schlägt.
Die Möglichkeiten, das Geld unterzubringen, sind vielfältig. Motor der Foundation ist der Annual Fund. Die Beiträge werden drei Jahre über das Share-System investiert und fließen dann nach Abzug von fünf Prozent Verwaltungskosten jeweils hälftig in den Weltfonds und in Form von DistrictDesignated-Fund-Mitteln (DDF) an die Distrikte zurück. Da das deutsche Spendenrecht allerdings eine Verwendung innerhalb von zwei Jahren vorsieht, werden deutsche Annual-Fund-Spenden vom Rotary Deutschland Gemeindienst e. V. (RDG) verwaltet und durchlaufen den dreijährigen Anlagezyklus nicht.
Eine weitere große Säule der Foundation ist neben dem Polio Plus Fund der Endowment Fund, der im Vergleich zum Annual Fund einen langfristigeren Horizont bei der Kapitalanlage hat. „Der Endowment Fund ist der Fonds, der für immer angelegt wird. Und nur die Erträge werden zur Unterstützung von Programmen verwendet. Der ursprüngliche Spendenbetrag wird nie ausgegeben“, erklärt Peter Schnell. Aus steuerrechtlichen Gründen kann RDG aus Deutschland allerdings keine Spenden für den Endowment Fund entgegennehmen. Wer ein Vermächtnis in den Endowment Fund geben möchte, macht dies unmittelbar, indem er die Rotary Foundation im Testament als Erben einsetzt. Deutsche Vermächtnisse an die Rotary Foundation sind steuerbefreit. Das ist möglich durch das Doppelbesteuerungsabkommen von Deutschland und den USA. „Der Aufbau eines Vermächtnisses durch Rotarys Endowment ist wie das Pflanzen eines Apfelbaums, der mit der Zeit wächst und in Ihrem Namen über Jahre hinweg Äpfel hervorbringt“, sagt Peter Schnell.
Großspender aus Österreich
Einer, der diesbezüglich in Österreich mit gutem Beispiel vorangeht, ist Herbert Ederer (RC District 1910 First Austrian Passport). Er und seine Frau Andrea sind jeweils als einzige Spender im Land Mitglieder der Arch Klumph Society sowie der Legacy Society. „Wir haben schon sehr früh begonnen zu sagen, das wollen wir machen. Nachdem wir sieben Kinder haben, kann und will ich sie nicht zu sieben Millionären machen“, sagt Herbert Ederer. Alle Kinder hätten eine Hochschulausbildung beziehungsweise die Möglichkeit dazu und könnten ihren eigenen Weg gehen.
Nachdem der Mediziner im Jahr 2007 einen Rotary Club in seinem Heimatort Weiz in der Oststeiermark gründete, wurde er bereits nach drei Jahren zum Governor seines Distriktes gewählt. Der Besuch der RI Convention 2010 in Montreal war für ihn ein Augenöffner in Bezug auf die Internationalität Rotarys. Kurz nach der Wahl zum Governor saß er im Distriktbeirat. Mit dabei ein Vertreter aus Bosnien, der ein Stipendium für ein Mädchen aus einer bosnischen Familie suchte. Herbert Ederers Tochter hatte zu diesem Zeitpunkt gerade ihre Promotion abgeschlossen. Sein spontaner Gedanke: „Wir haben nun ein Kind weniger zu finanzieren. Nehmen wir doch wieder eines dazu.“ So übernahm er die Kosten für das Stipendium. Das war der Startschuss für seine Laufbahn als Großspender, die bis heute andauert. Inzwischen haben Herbert Ederer und seine Frau der Foundation auch ein Vermächtnis aus ihrem Nachlass versprochen – festgeschrieben in ihrem Testament.
Überzeugungsarbeit
„Ich habe damals in meiner Zeit als Governor die Spenden in den Annual Fund um 70 Prozent in die Höhe geschraubt. Das ist bis heute so geblieben.“ Das hat sicher auch damit zu tun, dass er es seinerzeit in Österreich durchgesetzt hat, Spenden für die Foundation steuerlich absetzbar zu machen. Es liegt auf der Hand, dass Herbert Ederer neben seinem hohen persönlichen Spenden-Engagement als Pendant zu Hans-Jürgen Leuchs für Österreich und Teile von Osteuropa das Amt des Endowment/Major Gift Advisor innehat, um andere dazu zu bewegen, es ihm gleichzutun. Aktuell ist er zum Beispiel dabei, die Notare in Österreich davon zu überzeugen, die Möglichkeit des Spendenversprechens an die Rotary Foundation in ihren Beratungsgesprächen mit aufzunehmen. Und er möchte die Paul Harris So ciety als niederschwelligen Einstieg ins Spenden an die Foundation fördern. Die Mitglieder verpflichten sich zu einer Spende von jährlich 1000 Dollar oder mehr an den Annual Fund, das Polio-PlusProgramm oder ein genehmigtes Global-Grant-Projekt. In seinem jüngst neu gegründeten Passport Club konnte er bereits sieben Mitglieder gewinnen. „Im nächsten Jahr sind es vielleicht doppelt so viele“, sagt er und blickt voller Tatendrang in die Zukunft.
Seine Großspenden werden in den nächsten Jahren in ein neues Projekt fließen – in einen Endowment Fund für Stipendien in Bosnien, weil er überzeugt ist, dass Bildung für Bosnien das Wichtigste ist. Die Stipendiatin von damals, das seinerzeit junge Mädchen aus einer bosnischen Familie, hat inzwischen ihre Ausbildung erfolgreich abgeschlossen und ist heute bei einem Rotarier in Bosnien angestellt. Damals eine spontane Einzelspende von Herzen, die bis heute wirkt und mindestens zwei Leben für immer verändert hat.
Die Vielfalt der Spendenanerkennungen
Die Rotary Foundation ehrt neben Clubs auch Einzelpersonen für ihre Unterstützung mit einer Reihe von individuellen Anerkennungen. Diese Ehrungen sind ein offizielles persönliches Dankeschön der Rotary Foundation für die wichtige Unterstützung einzelner Spender. Wir stellen einige von ihnen vor:
Paul Harris Society
Gesellschaft, deren Mitglieder sich zu einer Jahresspende von 1000 Dollar oder mehr an den Jahresfonds, an das Polio-PlusProgramm oder an einen genehmigten Foundation Grant verpflichten. Zahl der Paul-Harris-Society-Mitglieder
… in Deutschland: 53
… in Österreich: 66
Major Donor (Großspender)
Die Anerkennung als Großspender erfolgt, wenn die gesamte Spendenleistung an die Foundation 10.000 Dollar erreicht. Ebene 1 bis 4: 10.000–249.999 Dollar
Zahl der Major Donors
… in Deutschland: 67
… in Österreich: 20
Arch Klumph Society
Spender mit einer Spendenleistung von insgesamt 250.000 Dollar oder mehr werden in einer speziellen Zeremonie in die Arch Klumph Society aufgenommen. Falls erwünscht, wird ihr Porträt in die Ehrengalerie im RI-Hauptsitz in Evanston und ihr Name im Jahresbericht von Rotary aufgenommen.
Zahl der Arch-Klumph-Society-Mitglieder
… in Deutschland: 7
… in Österreich: 1
Bequest Society
Diejenigen, die testamentarische Zuwendungen in Höhe von 10.000 Dollar für die Rotary Foundation zugesagt haben, werden in die Bequest Society eingeladen. Ebene 1 bis 6: 10.000–999.999 Dollar.
Zahl der Bequest-Society-Mitglieder
… in Deutschland: 8
… in Österreich: 0
Legacy Society
Spender, die testamentarische Zuwendungen von einer Million Dollar oder mehr für den Stiftungsfonds zugesichert haben, werden in die Legacy Society eingeladen und, falls erwünscht, im Jahresbericht von Rotary aufgenommen.
Zahl der Legacy-Society-Mitglieder
… in Deutschland: 1
… in Österreich: 1
Wissenswertes
Nähere Informationen zu Großspenden sowie Vermächtnissen an die Rotary Foundation:
Peter Schnell (RC Zurich Circle International), Major Gift Officer im RI-Europa/Afrika-Büro in Zürich
E-Mail: peter.schnell@rotary.org
Tel.: +41 (0)44 387 71 70
Hans-Jürgen Leuchs (RC Ingelheim am Rhein, D1860), Endowment/Major Gift Advisor (E/MGA) für Deutschland und die Schweiz
E-Mail: leuchs@me.com
Tel.: +49 160 90 66 70 61
Herbert Ederer (RC District 1910 First Austrian Passport), Endowment/Major Gift Advisor (E/MGA) für Österreich und Teile von Osteuropa
E-Mail: Hederer57@gmail.com
Tel.: +43 676 718 81 11 w
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