Editorial
Lex AfD?
Geplante Grundgesetzänderung
Angesichts der Wahlerfolge der AfD in Thüringen, Sachsen und Brandenburg, und mit Blick auf die Bundestagswahl in einem Jahr, verwundert es, dass die deutschen Leitmedien Mitte Oktober nicht stärker auf die geplante Grundgesetzänderung für einen stärkeren Schutz des Bundesverfassungsgerichts eingegangen sind. Denn die damit verbundenen Fragen sind 75 Jahre nach Einführung des Grundgesetzes nicht trivial. Etwa diese: Dürfen wir mit Verfassungsänderungen auf politische Entwicklungen reagieren? Politiker der Ampel-Parteien und der Union jedenfalls haben ihre Pläne präsentiert, wie das Bundesverfassungsgericht durch die Wahl seiner Richter, durch seine Stellung und Struktur sowie durch Neuregelungen zur Amtszeit und Altersgrenze der Richter besser vor populistischen Parteien geschützt werden soll. Muss also auf rechtlicher Ebene nachgeholt werden, was sich auf politischer Ebene nicht verhindern ließ? Gibt sich Deutschland eine Lex AfD?
Der Politikwissenschaftler Philip Manow geht zum Einstieg in unsere Titelgeschichte der Frage nach, ob Liberalismus ohne Demokratie und andersherum möglich ist. Und Hans-Jürgen Papier, Bundesverfassungsrichter a. D., ergänzt: Eine rechtlich begründete Resilienz allein genüge nicht, um eine Erosion der rechtsstaatlichen Demokratie zu verhindern. Entscheidend sei der Wille des Volkes.
Die Debatte um ein mögliches AfD-Verbotsverfahren ist mit voller Wucht zurück, und manche fragen, ob es nicht sinnvoller wäre, wenn das Bundesverfassungsgericht einfach die Partei verböte, vor der es nun geschützt werden soll. Unser Autor Peter Köpf zitiert den Philosophen Karl Popper: Er wäre einverstanden, dass wir „im Namen der Toleranz das Recht für uns in Anspruch nehmen, die Unduldsamen nicht zu dulden“.
Von der totalen Revolution träumt auch die FPÖ in Österreich. Die Rechtspopulisten haben die Nationalratswahl gewonnen, und überall ist die Rede vom starken „Rechtsruck“. Franz Schellhorn, Leiter des liberalen Thinktanks Agenda Austria, formuliert eine spannende Gegenthese: Möglicherweise ist es ja so, dass die Politiker viel stärker nach links gerutscht sind als die Wähler nach rechts.
Rotary ging es schon besser. Nicht in Südostasien, denn dort wachsen die Mitgliederzahlen kräftig. Aber in der alten Welt, in Nordamerika und in Europa, sind die Mitgliederzahlen rückläufig. Rotary International in Evanston hat diesen Trend früh erkannt und mit der Einführung neuer Clubmodelle, neuer Kommunikationsmodelle und mit der Konzeptionierung eines globalen Action Plans gegengesteuert. Dieser Action Plan, der aus vier Säulen besteht, wurde vor zehn Jahren erdacht und vor mehr als fünf Jahren zum ersten Mal kommuniziert. Heute ist er an der rotarischen Basis weitgehend unbekannt. Eine Breakout Session auf dem European Summit in Bonn beschäftigte sich mit der Frage, wie die Ideen und Strategien aus Evanston besser in die Clubs transportiert und dort auch umgesetzt werden können. Und: Ist Rotary eigentlich eine Top-down- oder Bottomup-Organisation? Wir haben fünf Rotarier – von der Spitze bis zur Basis – zum Gespräch gebeten. Die spannende Diskussion lesen Sie ungekürzt auf rotary.de.
Viel Vergnügen bei der Lektüre wünscht
Björn Lange
Chefredakteur
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