Editorial
Mensch und Boden
Von Anfang an war die Beziehung zwischen Mensch und Natur ambivalent. Denn der Mensch ist nicht nur ein Geschöpf der Natur, sondern gleichzeitig Schöpfer. In nahezu allen Epochen und Weltanschauungen westlicher Tradition wird die Kultur gegenüber der Natur als überlegen dargestellt. Eine zentrale Rolle kommt in diesem Verhältnis dem Boden zu, denn er vereint in sich alles – ist zur einen Hälfte Natur, zur anderen Hälfte Kultur. Böden besitzen ein enormes Erinnerungsvermögen, sie erzählen Erdgeschichte und Menschheitsgeschichte.
Einer derer, die Böden lesen können, ist Hansjörg Küster. Der Pflanzenökologe schreibt zum Auftakt unserer Titelstrecke über unterschiedliche Siedlungsformen auf unterschiedlichen Böden, denn in sandigen Regionen entstanden andere Höfe als in den Gegenden mit fruchtbarem Lössboden. Dazu passt eine neue und noch unveröffentlichte Studie der Uni Göttingen: Als die Menschen sesshaft wurden, siedelten sie zuerst in den fruchtbarsten Regionen, während Gegenden mit abnehmender Bodenqualität immer später bewirtschaftet wurden. Da die Bauern auf den neuen Ackerflächen weniger erwirtschafteten als die Landwirte auf den alten, suchten sie nach Einkommensmöglichkeiten, um die geringeren Ernten zu kompensieren. „In einer vorindustriellen Welt würden sich die Menschen hauptsächlich dem Handwerk zuwenden, beispielsweise der Holz- und Metallbearbeitung oder der Büchsenmacherei. Und tatsächlich zeigt die historische Fachliteratur, dass sich das Handwerk zunächst als Zweitgewerbe, nebst der Feldarbeit, herausbildete. Und so entwickelten sich die Gegenden mit niedriger Bodenqualität schließlich zu Zentren der Handwerkskunst.“
Spuren unserer Vergangenheit lassen sich nicht nur auf der Erdoberfläche finden, sondern auch darunter. Dies ist das Spezialgebiet von Heinrich Thiemeyer, der in Frankfurt/Main zu Böden als Archive der Umweltgeschichte forscht. In seinem Beitrag „Speicher für die Ewigkeit“ erzählt er, wie er dem Boden Informationen über die Erdgeschichte sowie das Leben und Wirtschaften des Menschen entlockt. Böden bilden aber auch Ausgangspunkte für Mythen, Weltanschauungen und Religionen. Der Glaube an die Kraft der Erde und des Bodens bestehe auch heute noch in vielen Naturreligionen auf der ganzen Welt, schreibt der Wiener Bodenkundler Winfried E. H. Blum. Eine Geschichte über die enge Wechselbeziehung zwischen Mensch und Boden.
Vom 8. bis zum 14. März findet die diesjährige Welt-Rotaract-Woche statt – für uns ein Anlass, Rotaract unseren rotarischen Schwerpunkt zu widmen. Seit Juli vergangenen Jahres stellt Rotaract kein rotarisches Programm mehr dar, sondern ist vollwertiges Mitglied der rotarischen Familie. Diese neue Konstellation birgt Chancen für Rotary und Rotaract, verpflichtet aber auch dazu, sich eingehender als bisher miteinander zu beschäftigen. Rotaract hat das erkannt und noch im Jahr 2020 seine Mitglieder gefragt, wie sie zu Rotary stehen. Eines der wichtigsten Ergebnisse: Eine Rotary-Müdigkeit gibt es unter Rotaractern nicht. Drei von vier Befragten möchten Mitglied in einem Rotary Club werden. Allerdings findet letztlich nur ein Drittel von ihnen den Weg zu Rotary. Die Rotaracter
Lisa Pusch, Julius Theodor Schölkopf und Henrik Thiele schildern, was viele Rotaracter von dem Schritt abhält und wie die Zusammenarbeit nachhaltig gestaltet werden kann.
Viel Vergnügen bei der Lektüre wünscht
Björn Lange
Chefredakteur
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