Editorial
Wahlen im Osten
Klares Statement für die deutsche Einheit
Thüringen und Sachsen haben gewählt – und das ganze Land hat die Luft angehalten. Ob die AfD tatsächlich in beiden Ländern stärkste Kraft wurde, vielleicht sogar einen Ministerpräsidenten stellt, ob CDU-Mann Michael Kretschmer weiter aufholen konnte und wie das BSW abschnitt, konnten wir bei Redaktionsschluss nicht wissen. Aber wir wussten, dass es eng werden würde für die demokratische Mitte. Denn seit den Europawahlen im Juni verkündet die politische Deutschlandkarte, dass unser Land knapp 35 Jahre nach der Einheit wieder exakt entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze auseinanderzubrechen droht.
Bei der Konzeption dieser Ausgabe haben wir uns ganz bewusst dagegen entschieden, in die verbreitete Erzählung einer neuen Teilungsgeschichte einzusteigen. Unser Titelthema ist stattdessen ein klares Statement für die deutsche Einheit geworden. So beschreibt die Historikerin Christina Morina zum Einstieg, weshalb es im Osten Deutschlands teilweise ein anderes Demokratieverständnis gibt als im Westen.
Unser Herausgeber Johann Michael Möller meint: „Dass die Friedliche Revolution ein grandioser Moment gesamtdeutscher Geschichte war, hat man im Westen nie so empfunden.“ Dringender denn je brauche es jetzt die freiheitliche, die demokratische Erzählung. Aber sie müsse, was sie nie war, endlich eine nationale, gesamtdeutsche sein.
Und Rolf Schwanitz liefert die dazu passende Perspektive des Ostens: „Wer die Feinde der Demokratie per Stimmzettel an die Macht schiebt, lädt schwere Schuld auf sich. (…) Mit Blick auf den Osten kommt erschwerend hinzu: Das beschmutzt, ja zerstört auch den Platz der Ostdeutschen, den sie sich durch ihr mutiges Handeln im Herbst 1989 in der wahrlich dünnen Demokratiegeschichte der Deutschen erworben haben.“
So schwierig es in der Bundespolitik ist, zusammenzuführen, was zusammengehört, so gut gelingt es auf rotarischer Ebene. Dachten wir. In der Tat gibt es zahlreiche club- oder distriktübergreifende Erfolgsgeschichten, die sich entlang der ehemaligen Grenze erzählen lassen. Westdeutsche Clubs charterten ostdeutsche Clubs und andersherum, lebendige Clubpartnerschaften entstanden, und ge meinsame Projekte wurden realisiert. „Wenn man allerdings etwas tiefer bohrt, wird deutlich, dass es auch in Rotary Clubs Unterschiede gibt zwischen dem, was offiziell in Wochenberichten festgehalten wird, und einer Grundstimmung, die sich dort nur bedingt abgebildet findet. 35 Jahre nach der Wende ist in Zwischentönen auch unter Rotariern im Osten durchaus eine Skepsis spürbar, ob unserer Gesellschaft das Projekt Wiedervereinigung tatsächlich geglückt ist“, schreibt unser Autor Matthias Schütt.
Viel Vergnügen bei der Lektüre wünscht
Björn Lange
Chefredakteur
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