Editorial
von Björn Lange |
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Zusammenhalt und Glaubwürdigkeit

In ihrer 75-jährigen Geschichte hat sich die Nato mehrmals neu erfunden. Seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine ist die Allianz zu ihrem Kernauftrag zurückgekehrt. Der alte Gegner ist der neue. In Gegenwart und Zukunft geht es für das erfolgreichste Militärbündnis der Welt um Zusammenhalt und Glaubwürdigkeit, schreibt der Geostratege Ulrich Schlie. Die Nordatlantische Allianz sei nie zuvor so wichtig gewesen wie heute.

Generalleutnant Jürgen-Joachim von Sandrart kennt die Nato von innen. Als Kommandeur des Multinationalen Korps Nordost in Stettin trägt er die Verantwortung für die Sicherheit der baltischen Staaten sowie den Norden Polens. In seinem Gastbeitrag schreibt er, Landesverteidigung sei nicht nur eine Frage von Truppenstärke und Munition. Sie sei Kopfsache und gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Worauf es zukünftig ankommt und wie sich Kommando- und Führungsstrukturen verändern müssen, lesen Sie in von Sandrarts Beitrag „Die Nato, das sind wir alle“.

Nicht zuletzt wegen seiner geografischen Lage und seiner Wirtschaftskraft kommt Deutschland innerhalb der Nato eine zentrale Rolle zu. Doch um die Bundeswehr steht es auch zwei Jahre nach der „Zeitenwende“ nicht gut, wie die Wehrbeauftragte der Bundesregierung Eva Högl Mitte März in ihrem Bericht feststellte. Marco Seliger, NZZ-Redakteur für Verteidigungs- und Sicherheitspolitik, hat für uns die Bundeswehr unter die Lupe genommen: Wie ist der Stand der Neuanschaffungen? Wie steht es um die Zeitenwende und das 100-Milliarden-Sondervermögen? Wie viel Geld und Zeit werden wir brauchen, um die Truppe verteidigungsfähig zu machen, und werden wir die Ukraine dauerhaft unterstützen können? Zu den wichtigsten Erkenntnissen des jüngsten Berichts der Wehrbeauftragten Högl gehört die Feststellung, dass es nicht nur an Material und Infrastruktur mangelt, sondern auch an Personal. Bis 2031 soll die Personalstärke von 181.000 auf 203.000 aufgestockt werden. Doch dafür bedarf es nicht nur attraktiverer Arbeitsbedingungen, sondern es müsse sich etwas am gesellschaftlichen Mindset ändern, meint der Politikwissenschaftler Klaus Schroeder. Der Traditionsbezug der Soldatinnen und Soldaten sei keineswegs die Wehrmacht des Nationalsozialismus. Doch solange die Truppe unter Generalverdacht gestellt werde, sei es schwierig, überhaupt Personal zu finden.

Wenn Greg O’Brien abends zum Joggen aufbricht, ist er nie allein. Er wird begleitet von seinen Alzheimer-Dämonen, die ihn immer wieder heimsuchen. Wie ein loderndes Feuer dringen sie in seinen Kopf ein. Sosehr er auch rennt, er kann ihnen nicht entkommen. O’Brien ist einer von etwa 55 Millionen Menschen, die weltweit an Demenz erkrankt sind – so viele wie nie zuvor. Und es werden nie wieder so wenige sein, denn mit der zunehmenden Überalterung der Gesellschaft wird die Zahl der Betroffenen in den kommenden Jahren exponentiell steigen. Der amerikanische Journalist beschreibt in seinem eindringlichen Erfahrungsbericht, wie sich die Krankheit anfühlt, was er gegen sie unternimmt und woraus er trotz allem Hoffnung zieht. Illustriert haben wir seine Geschichte mit den Fotografien von Daniel Comte, einem bekannten Straßenfotografen aus der Schweiz. Bevor Comte 2022 im Alter von 59 Jahren an Alzheimer starb, erfüllte er sich einen letzten großen Wunsch und brachte mithilfe seiner Freunde ein Buch mit seinen Fotografien heraus. Es zeugt von seinem geistigen Verfall: Zur Veranschaulichung wurden Buchstaben vertauscht, ganze Sätze wiederholt und falsche Seitenzahlen abgedruckt. Angesichts seiner gesellschaftlichen Dimension ist Morbus Alzheimer längst zum Gegenstand rotarischer Initiativen geworden. Welche Clubs sich besonders engagieren, lesen Sie am Rande von Greg O’Briens und Daniel Comtes berührenden Geschichten in unserem „Fokus“.

Viel Vergnügen bei der Lektüre wünscht

Björn Lange
Chefredakteur

Björn Lange

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