Distrikt 1950

Die Welt der Versuchungen

von Matthias Gehler |
| Lesezeit: 2 Minuten

Susanne Rockweiler (RC Erfurt-Gloriosa) errichtet ein bundesweit einmaliges Suchtpräventionsprojekt  

In der Lachsgasse ist noch bis zum 15. November die Ausstellung „Welt der Versuchungen“ zu erleben, Vorbotin eines großen Projekts, für das bereits eine Architekturausschreibung läuft. Hier ein kurzes Interview mit Susanne Rockweiler, Kuratorin und Vorständin der Stiftung Welt der Versuchung.

Was erlebt man in der Ausstellung?

Wir blicken mit Wissenschaft und Kunst auf das Smartphone-Zeitalter – auf unsere täglichen Begleiter und die sozialen Netzwerke. Und wie sie uns mental und körperlich fordern und unsere Welt verändern – als Individuum, als Familie und als Gesellschaft. In einer Installation sind zum Beispiel Wohnräume zu sehen, die nur noch von leuchtenden, digitalen Endgeräten beherrscht sind. Der Mensch fehlt. Wir empfinden es gesellschaftlich als normal, dass Menschen, die zu uns nach Hause kommen oder im Restaurant sitzen oder an Bushaltestellen warten, sich nicht den Mitmenschen zuwenden, sondern ihr Handy bevorzugen. Wir zeigen, wie unsere digitale Nutzeridentität entsteht, die Basis ist für KI und Algorithmus, anhand von großen Paneelen. Zu sehen ist zuerst dein Spiegelbild, dann siehst du dich als 3D-Scan und schließlich, wie du täglich datentechnisch erfasst wirst.

Wer sind die Besucher?

Menschen wie du und ich, viele mit Kindern. Etliche bemerken, dass ihr Konsum der „sozialen“ Medien suboptimal ist. Unsere Gäste sind auch viele Schülerinnen und Schüler, die als sogenannte „Generation Z“ digital aufgewachsen sind, aber feststellen, dass Smartphone und Tiktok oder Instagram unglaublich viel Zeit verschlucken. Vor Kurzem habe ich den Rotary Club Erfurt-Gloriosa durch die Ausstellung geführt. Wir sind dabei sehr angeregt über unser Suchtpotenzial und verschiedene Wirkmechanismen ins Gespräch gekommen. Rauchen irritiert uns mittlerweile, hingegen ist die Social-Media-Nutzung bereits gesellschaftlich normalisiert. Jeder und jede ist in seiner eigenen Welt – sind wir dabei gemeinsam einsam?

Geplant ist ein ganzes Ausstellungshaus zum Thema Versuchungen. Wie ist der Stand?

Neben dem derzeit laufenden Architekturwettbewerb erarbeiten wir schrittweise mit einem wissenschaftlichen Beirat und auf der Grundlage aktueller Forschungsergebnisse ein auf Wissenschaft und Kunst setzendes, evidenzbasiertes Konzept. Die Eröffnung soll im ersten Halbjahr 2027 sein. Bau und Einrichtung werden dankenswerterweise mit 20 Millionen Euro von Deutschen Bundestag gefördert. Träger und Initiatorin ist die Stiftung Welt der Versuchungen.

Matthias Gehler

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