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von Martin Hoffmeister |
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Eine musikalische Reise durch Venedig und ein packender Reiseführer für Sardinien

Als Sinnbild und Inbegriff von Schönheit, Kunst, Kulinarik, zauberischer Landschaft und Dolce Vita fungiert Italien für Besucher seit Jahrhunderten gleichermaßen als Fluchtpunkt wie als Glückseligkeit versprechendes Arkadien. Getrieben von einer mentalen Melange aus Sehnsucht, Hoffnungen und Erlösungsfantasien taucht der Reisende südlich des „Brenner“ in neue Dimensionen halluzinatorischen Schwindels. Selbst der Campingplatz vermag zum entgrenzten Refugium zu mutieren. Widerspruch ausgeschlossen.

Die kränkelnde Tonträger-Industrie bedarf neuer Rezepte und Strategien, um langfristig bestehen zu können. Vor diesem Hintergrund präsentiert vorliegende Audio-Hommage an Venedig einen suggestiven wie tragfähigen Ansatz. Dabei bietet „Il Gondoliere Veneziano“ mehr als nur konventionelle musikalische Dramaturgie mit Werken einschlägiger Komponisten wie Vivaldi, Auletta oder Cerutti. Auf der Agenda stehen vielmehr Lieder venezianischer Schiffer und Gondoliere, Canzoni zumeist anonymer Meister, die als Gebrauchsmusik Mitte des 17. Jahrhunderts vor allem im öffentlichen Raum während der Arbeit gesungen wurden. Bereits Goethe und Rousseau berichteten fasziniert von Klang und folkloristischer Magie, die die Gondoliere in den vielgesichtigen Räumen der Stadt zu entfalten wussten. Zu den zahllosen Höhepunkten des tiefenscharf produzierten Albums zählen neben dem idiomisch und beweglich agierenden Bariton Holger Falk und den konturiert aufspielenden Ensembles fraglos die eingeblendeten resp. unterlegten Alltagsklänge der Lagunenstadt: Reise als Hörbild.

Immer noch gehört Sardinien selbst bei Italien-Aficionados nicht selten zur Terra incognita. Sperrig, bisweilen abweisend gibt sich die zerklüftete, in weiten Teilen schwer zugängliche Insel gegenüber Besuchern, die mehr erwarten als nur Freuden kontemplativen Strandurlaubs. Dass sich indessen im Falle Sardiniens insbesondere der zweite Blick lohnt, der Fokus auf Bewohner, Kunst, kulturelle Traditionen, auf Mythen, steinerne Monumente oder kulinarische Besonderheiten, zeigt der Band „Sardische Notizen“ von Michela Murgia. In „Elf Wege(n)“ führt die Autorin wissend und mit sprachlicher Finesse über ihre Insel, reflektiert, bebildert und kommentiert dabei ebenso aufschlussreiche Marginalien, inseltypische Rituale, Industriegeschichte, Käseherstellung oder religiöse Riten wie politische Aspekte oder Küstenschutz. Lektüre, die einen verändert zurücklässt.

Trotz politischer Verwerfungen, Intrigen und stetem künstlerischen Zwist: Die Salzburger Festspiele stehen nach wie vor für herausragendes Musiktheater. Zum Highlight des vergangenen Jahres avancierte Andreas Kriegenburgs Inszenierung von Verdis Historiendrama „Simon Boccanegra“ mit hochkarätigen Protagonisten wie Luca Salsi, Rene Pape, Charles Castronovo und Marina Rebeka. Exzellente Vokalkunst geführt und begleitet von Valery Gergiev und schlank, straff und forciert aufspielenden Wiener Philharmonikern. Luzides, lichtes, zugleich anregendes wie forderndes Musiktheater!

Hauptwerke italienischer Maler des 13. bis 15. Jahrhunderts aus dem Lindenau-Museum Altenburg zeigt bis zum Herbst das Saarlandmuseum in Saarbrücken. Die rund 65 Arbeiten (Tafelmalerei) der renommiertesten Meister der Epoche bilden eine der bedeutendsten einschlägigen Sammlungen weltweit und umfassen insbesondere sakrale Werke wie Passionsszenen, Marienleben, Heiligen-Porträts, Andachtsbilder oder Predellentafeln. Solitär!


  1. Il Gondoliere Veneziano, A musical voyage through Venice, Holger Falk, Nuovo Aspetto, Merzouga, CD

  2. Michela Murgia, Elf Wege über eine Insel – Sardische Notizen, Wagenbach Verlag, 168 S., 19 Euro

  3. Giuseppe Verdi, Simon Boccanegra, Luca Salsi, Marina Rebeka, Wiener Philharmoniker, Valery Gergiev, Unitel Edition 802608c, DVD

  4. Ausstellung, italienische Meister aus dem Lindenau-Museum Altenburg, Saarbrücken, Saarlandmuseum, Alte Sammlung, bis 15.11.20
Martin Hoffmeister

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