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von Martin Hoffmeister |
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Tanzen regt die motorischen Areale im Gehirn an. Sogar, wenn man nur zuschaut – dafür hier ein paar schöne Angebote.

Bewegung ist Leben, die Grundlage unserer Existenz. Tanz als Ausdrucks- und Kulturform domestiziert respektive funktionalisiert Bewegung. Als in Bewegung transferierte Botschaft, Idee oder Emotion erreicht er entlang unterschiedlicher Kontexte und Stilistiken weite Teile der Gesellschaft. Ob klassisches Ballett, Modern Dance, Wiener Walzer, Charleston, Tango, Derwischoder Stepptanz: Als Korrektiv zum Alltag gilt Tanz je nach Perspektive als Versprechen kultureller Verfeinerung, ritueller Vertiefung, sportlicher Ambition oder gesell-schaftlicher Verständigung.

Die heterogenen Aspekte des Sujets entlang aktueller Strömungen und Entwicklungen zu bündeln, zu spiegeln und zu reflektieren, bedarf neben einschlägiger Expertise fundamentaler Erfahrungswerte. Als führendes publizistisches Gefäß im deutschsprachigen Raum fungiert seit 2010 die Zeitschrift Tanz. Die Zielgruppe des Organs rekrutiert sich in erster Linie aus Professionellen der Szene, aus Tänzern, Choreografen, einschlägigen Institutionen, Journalisten, Wissenschaftlern und Pädagogen, schließt allerdings den interessierten Laien keineswegs aus. Der Blick auf Themen, Berichterstattungsformen, Layout und stilistische Verfasstheit der Publikation zeitigt ein Bild inhaltlicher Konsistenz, Ausgewogenheit sowie auratischer Stringenz. Die redaktionellen Schwerpunkte umfassen sämtliche Formen und Unterformen der vielgesichtigen Materie, journalistisch aufbereitet als Rezension, Analyse, Porträt, Gespräch, Kommentar, Nachricht oder Kalendarium. So ventiliert die aktuelle Ausgabe zum Beispiel Alan Lucien Oyens Beautiful Failure, eine Tanztheater-Uraufführung in Kaiserslautern, und begleitet Alexei Ratmanskys erste Arbeit am New York City Ballet.

Tanz(en) als erfüllende Freizeitoption oder Lebenspassion, als Spiel mit Disziplin und Körperbewusstsein oder existenziell aufgeladene Verrichtung? Der junge indische Hip-Hopper Manish hat sich für eine Karriere als klassischer Balletttänzer entschieden – entgegen dem Willen seiner Eltern. Die Dokumentation Call Me Dancer erzählt den Weg eines tanzbesessenen Talents, das zwischen familiären Ziehkräften, den Ambitionen seines Trainers und dem Kampf um Akzeptanz und Erfolg zerrüttet zu werden droht. Eine Reise von Mumbai über Israel nach New York beginnt, die Karriere entwickelt sich Erfolg versprechend, bis eine Verletzung und die Pandemie das Fortkommen zunächst stocken lassen.

Die Schweiz, ein Tanz-Eldorado? Gewiss. Auch außerhalb von Metropolen wie Zürich, Genf, Bern oder Basel. Denn im Zweijahresrhythmus bespielt Steps, das Festival für zeitgenössischen Tanz, über drei Wochen hinweg über 30 Städte und Dörfer im gesamten Land mit rund 60 Vorstellungen. Dabei präsentieren neun nationale und internationale Tanz-Ensembles aktuelle Produktionen. Die Ausgabe 2024 steht im Zeichen avancierter Stilvielfalt, arrivierter Choreografinnen und Kompagnien und exzellenter Nachwuchstänzer.

Mit Ballettdirektor John Cranko begann 1961 der Aufstieg des Stuttgarter Balletts zu einem der profiliertesten Ensembles weltweit. Bis heute reisen Ballett-Aficionados und Kritiker nicht nur nach London, Paris oder Moskau, um sich über den Status quo des Genres zu informieren, sondern finden ebenso in der schwäbischen Metropole zusammen. Die vorliegenden Filmdokumentationen von Harold Woetzel und Katja Trautwein nehmen den Aufstieg der Kompagnie und Protagonistinnen wie Primaballerina assoluta Marcia Haydee und Ballettlegende Friedemann Vogel in den Blick. Entlang von Gesprächen, Probenimpressionen und Aufführungsbeispielen von führenden Bühnen erwachsen intime, nuancierte Porträts der Akteure.


  1. Zeitschrift: Tanz, Zeitschrift für Ballett, Tanz und Performance, Der Theaterverlag, 18,50 Euro monatlich, der-theaterverlag.de
  2. Dokumentation: Call Me Dancer – Von Mumbai nach New York, Regie: Leslie Shampaine/ Pip Gilmour, 85 Min., Arte-Mediathek (bis 19.4.)
  3. Festival: 19. Tanzfestival Steps (24.4.–19.5.2024), neun internationale Kompagnien, 36 Bühnen, steps.ch
  4. DVD: The Stuttgart Ballet – Documentary Collection Of Miracles and Superheroes (ein Film von Harold Woetzel), Marcia Haydee – The Seduction to Dance (ein Film von Harold Woetzel), Friedemann Vogel – Incarnation of Dance (ein Film von Katja Trautwein), 3 Filme, 195 Min., Unitel Edition
Martin Hoffmeister

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