RACler als Rallye-Fahrer
Einmal als RAConaut nach Georgien und zurück
Georgien steht derzeit nicht ganz oben auf der Reiseliste der Deutschen. Der gute Zweck und potentielle Abenteuer lockten vier RACler dennoch in die Region – sie starteten bei der Allgäu-Orient-Rallye.
„Intensiv!“ – Wenn Svenja Gelpke nach ihrem Rallye-Resüme gefragt wird, fällt ihr als erstes dieses Wort ein. Außerdem war die Tour “aufregend, überraschend, an vielen Stellen auch völlig anders als erwartet“, sprudelt es aus ihr heraus. Doch der Reihe nach.
Zusammen mit Kirsten Portmann, Norman Caspari, Matteo Demetz und etwa 70 anderen Teams startete Svenja Ende April zur Allgäu-Orient-Rallye. Spannend dabei war das internationale Fahrerfeld – neben Teilnehmern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz gingen auch Jordanier und Türken auf die Rallye. Der ursprüngliche Zielort im Iran wurde aus organisatorischen Gründen noch vor dem Start geändert: In Georgien sollte nun der am weitesten entfernte Punkt zum Start in Oberstaufen liegen. Als Ziel war aber letztlich die türkische Küste geplant – mit eben jenem Schlenker über Georgien. Und neben all diesen Orten und Regionen motivierte die vier RACler auch, dass die Kilometer nicht umsonst absolviert werden sollten, sondern für einen guten Zweck.
Zwei Autos für Svenja und die drei anderen waren schnell aufgetrieben; beide sollten am Ende der Reise versteigert werden. - um schnell und unproblematisch Geld aufzutreiben für soziale Projekte in den Gastgeber- und Reiseländern. In den vergangenen zehn Jahren wurde unter anderem Mittel für ein Wasser-Labor, für Erdbeben-Opfer, für Kriegsversehrte, eine Jugendbegegnungsstätte oder Stipendien für Studenten „eingefahren“. Svenja und ihre Crew hatten vor, Kindern in Georgien ein bisschen Freude zu bringen. Dafür mussten eine ganze Reihe Sachspenden in den Autos untergebracht werden: Spiele, Bücher, Kuscheltiere, Schultaschen und Kleidung. Deshalb konnten die „RAConauten“, wie sich die vier von der Startlinie an nannten, nur das Nötigste mitnehmen.
Auftakt im Regen, Begegnungen am Straßenrand
Etwa 300 bis 600 Kilometer lang waren die Etappen quer durch Europa. Am Anfang ging es relativ schnell über Norditalien, Kroatien, Slowenien, Bosnien, Montenegro, und Albanien nach Griechenland. Leider eine Reihe von Tagestouren total im Regen – kein schöner Auftakt. Denn spannend wäre ja auch gewesen, am Rande der Strecke mal das eine oder andere zu besichtigen.
Die Tour-Autos dürfen bei dieser Rallye nicht jünger als 20 Jahre sein – oder nicht mehr als 1111,11 Euro wert sein. Dass das auch technisch ein Problem werden könnte, hatten die vier jungen Leute aus Flensburg, Oldenburg, Hannover und Düsseldorf im Blick. Und sie waren mit Matteo, der bei VW im Rallye-Team arbeitet, zumindest gut vorbereitet.
Für die Strecke durften die Teams der Tour nur Landstraßen befahren. Häufig waren da Karten nicht mehr hilfreich – in kleineren Orten halfen auch Fremdsprachen kaum noch weiter, berichten die RAConauten. „Verständigung nur noch mit Händen und Füßen - aber es ging“, lacht Svenja. „Und fahrerisch sind wir jetzt top. Superenge Straßen, glitschige Pässe oder heftiger Stadtverkehr in Istanbul – alles kein Problem mehr.“
Läuft er nicht? - Erst mal ein Tee...
Schwieriger zu bewältigen waren die technischen Herausforderungen: An einem der Autos gab es Probleme mit der Zylinderkopfdichtung. „Zeitweise sind wir nur mit drei Zylindern gefahren. Hilfe kam zwar auch aus anderen Teams. Aber wir mussten in der Türkei in die Werkstatt. Insgesamt haben wir mit dem Auto auf dieser Tour sechs Zündkerzen und 22 Liter Öl verbraucht – Hammer.“
Häufig verbrachten die RAConauten ihre Feierabende deshalb mit der Ersatzteilsuche. Essen und Versorgung musste deshalb schnell gehen – über dem Mini-Campingkocher war da oft nicht viel möglich. Nur gut, dass der Zusammenhalt unter den insgesamt 70 Teilnehmern der Rallye riesig war. Einige Fahrer waren zudem zum wiederholten Mal dabei – und daher bestens ausgestattet. „Ein Grill gehörte da zur Standard-Ausstattung.“
Doch in Sachen Kulinarik erinnert sich Svenja sowieso viel lieber an die Begegnungen am Wegesrand. Überall, wo sie anhielten, wurden die mit Grüßen, Unterschriften und guten Wünschen vollgepinselten Renn-Autos bestaunt. Meist folgte den Gesprächen auch eine Einladung zu Tee oder Snacks. „Einmal hat eine Frau den Geburtstagskuchen ihres sechsjährigen Sohnes angeschnitten, um uns eine Freude zu machen. Weil sie die Tour so toll fand“, erzählt Svenja.
Fahrerlager für alle, EIn Kamel für den Sieger
Ab der Landesgrenze Türkei trafen sich die Rallye-Teams jeden Abend zum Fahrerlager. Eine tolle Erfahrung, sind die vier „Rallye-Neulinge“ sich einig. So viele Nationen und jeder bringt seine eigene Geschichte mit, jeder hatte zudem über den Tag etwas anderes erlebt.“, erinnert sich Svenja.
Großes Hallo gab es dann auch noch mal bei der Siegerkür an der türkischen Küste: Das beste Team gewann ein Kamel! Ob das Gewinnerteam damit nach Hause geritten ist, konnte Svenja Gelpke bisher nicht herausfinden. „Wahrscheinlich musste es vor der Ausreise aus der Türkei sowieso erst mal in Quarantäne“, lacht die Rallye-Fahrerin.
Alle anderen fahren mit einer Medaille nach Hause – denn gewonnen haben irgendwie alle ein bisschen. Und Svenja hat sich noch die Startnummer gesichert, die ihr Rallye-Auto zierte. Die hängt jetzt in Flensburg an der Wand. „Kurz nach dem Ende der Tour hat sie mir auch geholfen, wieder im Jetzt anzukommen. In Deutschland ist doch vieles ganz anders als in den Regionen, die wir auf der Tour kennengelernt haben. Dort die Armut, hier der Wohlstand... Auf der Tour haben wir auch so viel erlebt. Da kommen mir meine Tage jetzt fast fade vor. Außerdem hab ich tatsächlich das Autofahren vermisst.“ Wie gut, dass Svenja nun Vorträge hält über die Tour und dort die vielen Bilder des Teams noch mal zeigen kann, Anreise über die Autobahn inklusive.
Beeindruckend, wie herzlich und freigebig die Teilnehmer der Allgäu-Orient-Tour überall begrüßt wurden - sogar mit Geburtstagskuchen! Weitere Bilder von der Tour sehen Sie, wenn Sie auf das Bild klicken.
Ob es im nächsten Jahr noch mal passt mit dieser speziellen Orient-Rallye, muss sich noch zeigen, meinen die vier von der RAC-Crew. Schließlich steckt jeder einzelne in Job, Studium oder beruflicher Entwicklung. „Und außerdem gibt es doch noch andere Rallyes, die man für einen guten Zweck nutzen kann – mal schauen...“
Anmerkung: Die Summe, mit der in diesem Jahr Projekten in Georgien und der Türkei geholfen werden kann, steht noch nicht fest. Die Autos, die für den großen Topf gespendet wurden und verkauft werden sollen, müssen den türkischen Zoll noch durchlaufen, damit sie vor Ort verkauft werden können. Sobald die Spendensumme feststeht, liefern wir sie nach.
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