Neues vom RC Bröckedde - Folge 139
Speeddating
Bröckedde liegt im Herzen Deutschlands – dort, wo Rhein und Donau in den schönen Bröckeddesee münden. Hier trifft sich im Bröckedder Hof der RC Bröckedde zum Meeting – jeden Mittwoch um 13 Uhr im Salon Hindenburg.
Ein wichtiges Gremium im RC Bröckedde war der Aufnahmeausschuss. Er hatte die Kandidatinnen und Kandidaten für die Mitgliedschaft einer gründlichen Begutachtung zu unterziehen, um dem Club eine Aufnahme zu empfehlen oder eben nicht. Lange hielt der Ausschuss eisern an der Maxime „Qualität statt Quantität!“ fest. Seine Anhörungen waren gefürchtet, wer dort bestand, konnte sich zur Elite zählen. Doch das war Geschichte.
Freund Mürbsam-Möcklinghausen, der Vorsitzende des Aufnahmeausschusses und kurz „MM“ genannt, klagte Präsident Pröpke: „Der Markt in der Region Bröckedde ist leer gefegt, wir müssen immer weiter runter mit dem Niveau. Wenn das so weitergeht, reicht für Bewerber irgendwann der Besitz eines gültigen Führerscheins.“ Immerhin sah das Personaltableau bei der nächsten Sitzung ganz passabel aus. Eine Chefärztin und ein Chefarzt standen zur Auswahl, die Meinungsbildung wogte hin und her. Einige neigten der Dame zu, andere dem Herrn, und zwar mit dem Argument, dass seine Klinik 24 Betten mehr habe. Es kam zu keiner Einigung, dafür wählte man als Kompromiss einen Heilpraktiker, auch wenn der nur ein einziges Bett hatte.
Bei der nächsten Sitzung musste MM aber feststellen: „Wir haben keinen einzigen Bewerber mehr. Was tun?“ Freund Fröhlich, einer aus der jungen Generation, schlug vor: „Wir bieten ein Speeddating an. Das machen heute Start-up-Firmen, um sich Investoren vorzustellen. Wenn wir das publik machen, kommen sicher viele Interessenten.“
So geschah es. Nach einem entsprechenden Aufruf in der Presse und im Internet drängten sich die Bewerber im Salon Hindenburg. An den Tischen ihnen gegenüber saßen die Rotarier, jeder Kandidat hatte drei Minuten Zeit, sich vorzustellen. Die drei Minuten reichten völlig, um MM in tiefe Trübsal versinken zu lassen. An seinem Tisch hatten die Kandidaten zur Frage, weshalb sie zu Rotary wollten, erklärt: „Ich will wichtige Leute kennenlernen.“ „Ich suche eine neue Vertriebsschiene für meine Wellness-Produkte.“ „Zu Hause hört mir keiner zu.“ Und so kehrte der Aufnahmeausschuss zum alten Verfahren zurück. Als nächster Kandidat erschien ein junger Biochemiker namens Wasserlos, dem den Unterlagen zufolge eine glänzende akademische Karriere winkte. Wasserlos erschien pünktlich zur Vorstellung, allerdings in Begleitung seiner Eltern.
„Helikoptereltern“, dachte MM entsetzt. Der Kandidat kam nicht zu Wort, seine Vorstellung übernahm Mutter Wasserlos. Gegen Ende versuchte der Sohn, den Redefluss der Mutter zu unterbrechen – sie fuhr ihn scharf an: „Junge, du hältst jetzt mal den Mund.“ Er krümmte sich und füsterte: „Aber Mama …“ Als die Eltern nebst Zögling gegangen waren, meinte Mürbsam-Möcklinghausen: „Ich finde, Herr Wasserlos hat Charakter gezeigt. Er hat der Mutter immerhin einmal widersprochen. Wir sollten ihn nehmen.“
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