https://rotary.de/wirtschaft/markenschutz-beim-merchandising-a-18523.html
Rotary Aktuell

Markenschutz beim Merchandising

Rotary Aktuell - Markenschutz beim Merchandising
Mit dem richtigen Rotary-Logo auch auf Accessoires wie Schlüsselband oder Cap ergibt sich ein stimmiges Gesamtbild. © Florian Läufer (alle Fotos)

Was Rotary Clubs berücksichtigen müssen, wenn sie Produkte mit dem Rotary-Logo im Umlauf bringen wollen.

Matthias Schütt01.08.2021

Wenn es darum geht, Gutes in der Welt zu tun, zeigen sich Rotarierinnen und Rotarier in Deutschland und Österreich schon immer von der großzügigen Seite. Allein Rotary Deutschland Gemeindienst e.V. (RDG) stellt jedes Jahr 45.000 Zuwendungsbescheinigungen aus. Die Musterschüler im „Service Above Self“ werden allerdings kleinlaut, wenn es um die Frage geht, ob sie bei ihrer Arbeit auch die Regeln von Rotary International für Markenschutz und Lizenzierung einhalten. Nach unseren Recherchen und vielen Gesprächen mit Clubs und Distrikten werden diese Regeln vielfach ignoriert.

Fragt man nach den Gründen, erhält man unterschiedliche Antworten: Einige behaupten, es nicht besser zu wissen, andere beklagen einen (unnötigen) bürokratischen Aufwand, der Projektabläufe behindern könne. Wieder andere sehen den Sinn von Verwaltungsgebühren nicht ein, wenn man seine gesamten Erlöse doch gemeinnützig einsetze. Und im Übrigen habe man da einen eigenen Hersteller an der Hand, der viel günstiger sei.

Markenschutz bei Rotary

Wir wollen in diesem Artikel beide Seiten beleuchten: Warum Lizenzen wichtig und sinnvoll sind und woher die Scheu vor dem Thema stammt. Zwar werden diese Fragen nicht jeden interessieren. Es gibt jedoch einen Aspekt, der tatsächlich alle angeht oder angehen sollte. Denn das Lizenzverfahren beinhaltet abgesehen von seiner wirtschaftlichen Seite auch eine wichtige Kontrolle für die richtige Nutzung der sogenannten Rotary Marks – das sind alle Logos von Rotary und seinen Programmen, die rechtlich geschützt sind und einen regelkonformen Umgang erfordern.

Markenschutz bei Rotary war lange Zeit kein Thema. Heute jedoch versteht sich RI als ein Global Player, als internationale Nichtregierungsorganisation für humanitäre Projekte mit weltweiter Ausstrahlung. Bestes Beispiel ist die Kampagne gegen die Kinderlähmung. Hier ist Rotary gleichberechtigter Partner mit der Weltgesundheitsorganisation, Unicef und anderen renommierten Institutionen. Vor diesem Hintergrund erscheint es unverantwortlich, mit den Rotary-Logos so locker umzugehen, wie es einige Clubs bis heute tun. 

2021, markenschutz, merchandising
Es regnet bei Ihrer nächsten Sozialaktion? Der Schirm mit Rotary-Logo bietet hervorragenden Regenschutz.

Wie das im Extremfall aussieht, hat RI-Mitarbeiterin Liz Thiam beim Besuch einer öffentlichen Clubveranstaltung erlebt: „Schon am Eingang habe ich mich gefreut, ein Willkommensbanner mit dem Clublogo zu entdecken. Dann allerdings sah ich ein anderes Banner, auf dem das Rotary-Rad als Pfannkuchen abgebildet wurde. Ein weiteres Clubbanner zeigte das alte Rotary-Rad. Die Clubmitglieder, die die Besucher empfingen, trugen Poloshirts mit dem alten Rotary-Rad. In den Händen allerdings hatten sie Info-Broschüren mit dem neuen Clublogo. Insgesamt waren das fünf Gelegenheiten, sich als Club der Öffentlichkeit zu präsentieren – und alle hatten unterschiedliche Logos. Es war verwirrend …“

160 Lizenznehmer weltweit

Die hier als altes Rotary-Rad bezeichnete Bildmarke ist noch immer omnipräsent. Seit 1929 ist sie das unveränderte Erkennungszeichen unseres Serviceclubs, das jedes Mitglied als Nadel am Revers trägt. Vor nunmehr acht Jahren allerdings wurde mit diesem Rad und einer Wortmarke ein neues Logo festgelegt: nicht für die Nadel, aber zum Beispiel für die Gestaltung von Briefpapier, Broschüren, Aufnähern und Etiketten. Der Zusammenhang von Markenschutz und Lizenzen liegt auf der Hand: Wer lizenzierte Produkte verkauft, kann sicher sein, dass die Verwendung des Logos genau überprüft wurde.

Grundsätzlich gilt für die Verwendung von Rotary-Logos, dass RI nicht haftbar gemacht werden kann für Produkte oder auch Stellungnahmen, die von Clubs unter dem Rotary-Logo vertrieben beziehungsweise herausgegeben werden. Deshalb muss in solchen Fällen das Logo immer einen Club oder Distrikt ausweisen.

Für Clubs, die nicht selbst als Produzenten auftreten wollen, gibt es zwei Unternehmen in Deutschland, die als Lizenznehmer Rotary-Artikel vertreiben dürfen: Club Merchandise GbR in Münster und die Kappen-Orth GmbH & Co. KG in Bad Schwartau. Beide sind langjährig erfahrene Partner der RI-Lizenzabteilung. Über die Jahre hat sich Club Merchandise zum Marktführer entwickelt, der auch für die österreichischen Distrikte und in Nachbarländern tätig ist (siehe Interview, Adressen im Mitgliederverzeichnis).

Chris Cardenas, der bei RI für die Lizenzen zuständig ist, arbeitet weltweit mit rund 160 Lizenznehmern zusammen, zumeist Firmen. Nur etwa zehn Clubs halten eigenständig RI-Lizenzen. Cardenas erklärt sich die kleine Zahl mit dem „gewissen Aufwand“, den der Lizenzierungsprozess mit sich bringt. Den Vorwurf zu hoher finanzieller Belastungen lässt er nicht gelten, denn es gibt eine lizenzfreie Option, die Clubs für ihre Fundraising-Arbeit in Anspruch nehmen können: Wenn sich die Aktion auf einen genau definierten Anlass und eine überschaubare Zeitspanne beschränkt, wird keine Gebühr fällig.

2021, markenschutz, merchandising
Die Poloshirts gibt es in Blau und Weiß

„Allerdings darf der Club nur lizenzierte Produkte eines gelisteten Händlers vertreiben“, ergänzt Cardenas. „Oder er lässt sich bei uns den Bezug bei einem nicht lizenzierten Händler genehmigen.“ Generell vergibt Rotary International sechs verschiedene Lizenzen, abhängig vom Volumen, den Kundenzielgruppen oder der Frage, wohin die Erlöse fließen.

Entsprechend gestaffelt sind die Gebühren: „Wir müssen zweimal jährlich unsere Umsatzzahlen vorlegen und zahlen eine jährliche Grundgebühr von 1000 Dollar plus zehn Prozent vom Umsatz“, erläutert Patrik Plöger, RC Telgte, von der Firma Club Merchandise. Da kommt bei 160 Händlern einiges zusammen. Wie viel das im Jahr ausmachen kann, wollte Cardenas jedoch nicht verraten.

Wolf-Dieter Neuling, RC Lübeck, der das Rotary-Sortiment bei Kappen-Orth vor 30 Jahren aufgebaut hat, empfindet die Gebührenlast gelegentlich als „schmerzlich“, weil viele Produkte nur in kleinen Stückzahlen abgerufen werden. Andererseits berichtet er, dass RI für das Coronajahr 2020 die Umsatzgebühr um die Hälfte reduziert hat. „Das Geschäft ruht ohnehin seit bald zwei Jahren.“

Dem Ablauf, wie Evanston ihn beschreibt, stehen teils deutlich andere Erfahrungen bei den Projektmachern entgegen. Der Vorwurf übergroßer Bürokratie geht einher mit dem Hinweis, dass man sich mehr Einfühlungsvermögen in die Interessen des Clubs wünschen würde. Schließlich verfolgten doch alle Projekte einen gemeinnützigen Zweck im Sinne von Rotary. „Man bekommt in der Kor respon denz jedoch das Gefühl, dass die Mitarbeiter bei RI prinzipiell auf der Bremse stehen“, erläutert ein Gesprächspartner, der nicht namentlich genannt werden möchte. „Da scheint es weniger um eine konstruktive Lösung zu gehen als darum, wie man sie verhindern kann.“

Im Ernstfall wird es teuer

Auf das Gegenargument, man müsse doch den Schutz der Marke sichern und Transparenz im Handel mit RotaryProdukten sicherstellen, hört man dann: „Das stimmt, aber man muss auch sehen, dass wir bei Rotary unsere ehrenamtliche Arbeit einbringen, auch das trägt ja zum Imagegewinn unseres Serviceclubs bei. Dafür sollte man uns nicht auch noch Gebühren aufdrücken.“

Patentanwalt Dietrich Tergau, RC Nürnberg-Kaiserburg, erkennt in dieser Diskussion aber auch eine „typisch deutsche“ Geringschätzung von geistigem Eigentum. „Wir gehen damit ziemlich lax um.“ Er verweist dazu auf einen fundamentalen Unterschied, etwa zu den USA. „Dort müssen Sie für Ihre Hochschulausbildung bezahlen. Das findet man auch grundsätzlich in Ordnung, denn ein Studium gilt als Investition in die eigene Zukunft. Bei uns ist Bildung kostenfrei, und das prägt dann auch das fehlende Unrechtsbewusstsein.“ Befragt nach den möglichen Folgen von Lizenzverstößen, nennt Tergau die Paragrafen des Markengesetzes, die zur Anwendung kommen, wenn es denn vor Gericht geht. Die Stichworte Unterlassungsanspruch, Schadensersatzanspruch, Auskunftsanspruch und Vernichtungsanspruch lassen darauf schließen, dass es im Ernstfall teuer wird.


Christoph Stecher, RC Varel-Friesland, und Robert Bossmann, RC Leverkusen Rhein-Wupper, haben sich regelkonform angemeldet, aber ihre Erfahrungen mit dem Lizenzierungsprozess sind durchwachsen. Stecher, Physiker und Unternehmer im Bereich Beschichtungen, hatte für sein Präsidentenjahr 2016 ein Bildungsprojekt in Uganda geplant und dafür eine limitierte Serie von besonderen Bratpfannen aus eigener Herstellung aufgelegt. Der Clou ist eine patentierte Beschichtung, die gleichmäßige Wärmeverteilung und sekundengenaue Temperaturregelung ermöglicht. Den Lizenzierungsprozess erinnert er mit vier bis sechs Monaten Dauer als sehr mühsam. Bossmann kann ihm da sofort zustimmen. „Der Genehmigungsprozess für unseren Champagner für ein RYLA- Projekt war so langwierig, dass ich das als Berufstätiger nie wieder machen würde. Ich möchte nicht wissen, wie viele gute Projekte vielleicht unterbleiben, weil die Abläufe abschrecken.“ 

2021, markenschutz, merchandising
Vereint in Rotary-Blau: die Redaktion des Rotary Magazins

„Der Stand wurde buchstäblich geplündert“
Patrik Plöger, RC Telgte, über den Erfolg der Firma Club Merchandise, in der er gemeinsam mit Jan Stimberg, RC Lüdinghausen, Rotary-Artikel anbietet

Sie haben sich in 15 Jahren vom Schüler-Startup zum größten Anbieter von Rotary-Artikeln in Mitteleuropa entwickelt. Wie kam es dazu?

2021, markenschutz, merchandising, pllöger
Natürlich im professionellen Rotary-Outfit: Jan Stimberg (l.) und Patrik Plöger in ihrem Lager © PR

Jan Stimberg und ich kamen 2001 aus dem Schüleraustausch zurück und gründeten Rotex im Distrikt 1870. Dafür schlägt auch heute noch unser Herz. Bei der Vorbereitung der neuen Austauschschüler waren wir uns im Distrikt einig, dass in diesem Bereich einiges verbessert werden muss. Für uns hatte es gerade mal ein Poloshirt, ein paar Pins und eine nüchterne Broschüre gegeben, in der viele Fragen nicht behandelt wurden. Wir haben uns dann hingesetzt und alle wichtigen Fakten in einem Buch zusammengetragen und mit persönlichen Anmerkungen und Anekdoten versehen. Das und ein im folgenden Jahr zusammengestelltes Buch speziell für Gasteltern fanden reißenden Absatz. 

Wie ging es dann weiter?

Die Rückmeldungen waren so vielfältig, dass wir immer neue Anfragen zur Ausstattung der Austauschschüler bekamen und zum Beispiel Gastgeschenke und Blazer besorgen mussten. 2006 haben wir noch als Schüler die Firma Far Away gegründet und das Angebot sukzessive erweitert. Die Jugenddienst-Leiter in den Distrikten waren dankbar, dass sie die eher lästige Bestellung und Qualitätskontrolle zum Beispiel von Visitenkarten outsourcen konnten. Nicht zuletzt auch, weil eine wirtschaftliche Tätigkeit der Clubs wegen der Gemeinnützigkeit vom Finanz amt mitunter kritisch gesehen wird. Der nächste große Schritt kam dann mit der Bitte eines Distrikt- Governors, unser Sortiment für alle Rotarier zu öffnen, also Nadeln, Caps, Golfbälle und so weiter anzubieten. Unser erster kleiner Stand auf einer Distriktkonferenz 2010 wurde buchstäblich geplündert.

Klingt nach gut genutzter Marktlücke.

Wir sind zufrieden. Es ist ein Markt, der viel Fin ger spitzen ge fühl und persönlichen Einsatz verlangt. Wir sind inzwischen mit mehr als 350 Produkten in über 40 Distrikten in Deutschland und Nachbarländern unterwegs. Es war aber immer klar, dass wir das nicht hauptberuflich machen würden. Ich bin Zahnarzt, Jan Betriebswirt, beide gut ausgelastet. Die Arbeit für Club Merchandise ist ein ziemlich aufwendiger Nebenjob, aber mit einem besonderen Reiz: Unsere Kunden sind immer auch rotarische Freunde und Mitstreiter.

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit RI?

Wir sind Inhaber einer 4 A-Lizenz, also schon ein Vollsortimenter. Über Abstimmung und Abwicklung können wir nicht klagen. Das läuft professionell und umgänglich. Jedes Produkt muss geprüft und freigegeben werden. Das heißt, wir schicken ein Musterexemplar des neuen Artikels – manchmal reicht ein Foto – nach Evanston. Dort werden die korrekte Verwendung und die Platzierung des Logos geprüft und nach wenigen Tagen die Freigabe erteilt.

Gibt es Produkte, die nicht genehmigt werden?

Alles was aus Sicht der Lizenzabteilung politisch oder sozio kulturell problematisch ist, wird abgelehnt. Pro dukte, die haftungsrechtliche Fragen aufwerfen können, zum Beispiel Desinfektionsmittel, werden besonders kritisch geprüft.

Was raten Sie Clubs, die unsicher sind, ob sie eine Lizenz von RI erwerben müssen?

Sprechen Sie uns an, wir beraten gern. Wir können fast jedes Produkt liefern, sodass eine eigene Lizenz oft gar nicht nötig ist. Als neuen Service eröffnen wir im September eine Plattform auf unserer Website, auf der Clubs ihre Produkte bewerben können. Ähnlich den Marktplätzen von Onlineversandhändlern.

Die Fragen stellte Matthias Schütt.


Wissenswertes

Die Regeln und Anforderungen für die Nutzung der Rotary-Logos
und für die Erteilung von Lizenzen finden sich im Rotary Code of Policies, unter my.rotary.org/en/learning-reference/about-rotary/governance-documents (Artikel 34 und 35, inklusive Übersicht über geschützte Wort- und Bildmarken).

Im Brand-Center auf der RI-Website brandcenter.rotary.org findet man alle Logos, Vorlagen, Verwendungshinweise und viel Material für die Öffentlichkeitsarbeit.

Wer eine Lizenz erwerben möchte, wendet sich direkt an die Abteilung im RI-Zentralbüro in Evanston unter rilicensingservices@rotary.org. Für Fragen und Erläuterungen vorab steht auch das RI-Büro in Zürich zur Verfügung (eao@rotary.org, Telefon: 0041-44-387 71 11). 

Matthias Schütt

Matthias Schütt ist selbständiger Journalist und Lektor. Von 1994 bis 2008 war er Mitglied der Redaktion des Rotary Magazins, die letzten sieben Jahre als verantwortlicher Redakteur. Seither ist er rotarischer Korrespondent des Rotary Magazins und seit 2006 außerdem Distriktberichterstatter für den Distrikt 1940.