Eschwege/Breslau
30. Hilfsfahrt
Aus einer „Pioniertat“ im Jahr des Mauerfalls wurde eine jährlich wiederkehrende Sozialaktion des RC Eschwege – mit Signalen der Versöhnung und Völkerverständigung.
Bereits 1989 knüpfte der RC Eschwege erste Kontakte nach Polen. Einmal, um die damals akute Not zu lindern – dann aber auch, um nach der weitgehend gelungenen Versöhnung mit unseren westlichen Nachbarn nun in Richtung Osten entsprechende Signale zu senden.
Aufgrund persönlicher Beziehungen fiel die Wahl auf Breslau. Hier gaben der Pfarrer Roman von Gradolewski, ein Großonkel des damaligen Präsidenten Achim Kaiser, und die Medizinerin Prof. Lewandowska, Mutter der Eschweger Zahnärztin Joanna Wegner, wertvolle praktische Hinweise. So ging noch 1989 der erste Hilfstransport in die schlesische Hauptstadt.
Aus dieser damaligen Pioniertat wurde eine jährlich wiederkehrende Sozialaktion des Clubs – mit Anpassung an die sich im Laufe der Zeit wechselnden Verhältnisse und Bedürfnisse. Standen zunächst Lebensmittel, Medikamente und medizinische Geräte auf der Liste der Hilfsgüter, sind es jetzt vorwiegend Geldspenden, die gezielt wohnungslosen Frauen mit ihren Kindern zu Gute kommen.
Nun machte sich das „Polenteam“ der ersten Stunde wieder auf den Weg - zum inzwischen dreißigsten Hilfstransport. Joanna Wegner, Claus Hartmann, Michael Kreißler und Achim Kaiser wurden diesmal begleitet von Stephan von Eschwege, seit 2016 Mitglied im RC Eschwege.
Bei der Jubiläumsfahrt dachte das Team oft an die Anfänge: unter anderem schlechte Straßen, große bürokratische Hürden, Probleme mit der Unterkunft, mit dem sicheren Parken der Fahrzeuge und mit einer gerechten Verteilung der Spenden. Nun geht die Autobahn durch bis Breslau. Die stundenlangen Grenzabfertigungen in Görlitz sind nur noch verblasste Erinnerungen angesichts der weiß-roten Grenzpfähle Polens, die heute ohne Kontrolle zu passieren sind.
Im Heim für obdachlose Frauen und deren Kinder wurde das Team auf das Herzlichste begrüßt. Neben der Heimleitung und einem Vorstandsmitglied der Trägerorganisation „Bruder Albert“ waren drei Präsidenten des RC Wroclaw mit dabei, darunter der amtierende Präsident Stanislaw Rozanski. Nach Austausch über Gesundheitszustand, Familienstatus und die Zahl der Enkelkinder erfuhren die Eschweger Rotarier Neuigkeiten aus dem Heim: Derzeit werden 65 Frauen und drei Kinder beherbergt. Drei der Frauen, krebskrank und chemotherapiert, profitieren sehr von der vitaminreichen Zusatzernährung, die durch die Clubspenden ermöglicht wird.
Der Präsident des RC Wroclaw zeigte sich sehr beeindruckt von dem inzwischen 30 Jahre laufenden humanitären und völkerverbindenden Programm und bedankte sich im Namen seines Clubs. Auch für seinen deutsch sprechenden Amtsnachfolger bekundete er weiteres Interesse an einer Verbindung.
Nach dem Besuch im Mutter- und Kindheim „Bruder Albert“ besuchten die Rotarier die Gräber von Prof. Lewandowska und Pfarrer Roman von Gradolewski und zündeten in dankbarer Erinnerung Grablichter an.
Auf einer abschließenden Stadtrundfahrt über die Dominsel mit gotischer Basilika und bischöflichem Palais, die Jahrhunderthalle und die Universität mit der berühmten Aula Leopoldina und beim Abendessen am Rynek bekommen alle noch einen Eindruck von der pulsierenden schlesischen Hauptstadt, die bei 700.000 Einwohnern zusätzlich 200.000 Studenten beherbergt.
Christian Kaiser wurde 1942 in Hessen geboren, machte Abitur in Hanau. Studium der Agrarwissenschaften in Göttingen und Bonn mit Promotion. Pächter der Hessischen Staatsdomäne Kinzigheimerhof bis 2004. Öbuv. Sachverständiger. Verheiratet, zwei Kinder. Seit 1981 im RC Hanau. Präsident 1999/2000, PHF+3. 2011 bis 2021 war er Distriktberichterstatter für D 1820.
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