KASSEL
"End Polio Now" blüht vor dem Schloss Schönfeld
Rotary Clubs pflanzen ein nachhaltiges Zeichen gegen die Kinderlähmung.
Wunderschön sehen sie aus und erfreuen den Betrachter: die 8000 Hyazinthen und Wildtulpen auf der Augustenruhe vor dem Schlösschen Schönfeld erstrahlen in blau-gelber Blüte und bringen den Schriftzug "End Polio Now" zum Leuchten.
"In einer gemeinsamen Hands-on-Aktion aller Rotary Clubs der Region Kassel und dank der tatkräftigen Unterstützung und der raschen Genehmigung durch das Umwelt- und Gartenamt Kassel, wurde im vergangenen Oktober ein 12 mal 20 Meter großes Logo mit dem Schriftzug 'End Polio Now' aus bienenfreundlichen blauen Hyazinthen und gelben Wildtulpen gesetzt", berichtet Hendrik Terheyden als Präsident des RC Kassel-Wilhelmshöhe. "Diese Pflanzen sind in diesem Frühjahr erstmals erblüht und sollen durch ihre Blüte danach jährlich an die Polio Aktion erinnern", sagt Wolf Nottelmann, Präsident des RC Kassel-Hofgeismar.
Jedes Jahr am 24. Oktober ist der Welt-Poliotag. Ein Tag, an dem Rotary International auf sein Ziel hinweist, Polio durch Impfungen weltweit auszurotten. Gemeinsam mit der Weltgesundheitsorganisation und weiteren NGOs (Non governmental Organsiation) verfolgt Rotary dieses Ziel mit großem Erfolg.
Mit der Pflanzaktion in Kassel wird dazu ein weiterer Beitrag geleistete und ein nachhaltiges Zeichen gesetzt. Die Aktion folgt ähnlichen Beispielen in anderen deutschen Städten wie beispielsweise dem weithin sichtbaren Blumenteppich am Kamener Kreuz. "Für jede eingesetzte Zwiebel gingen (abzüglich des Wareneinkaufs) ein Euro Spendengeld an die Poliohilfe von Rotary International", verweist Anja Starick, Präsidentin des RC Kaufungen-Lossetal, auf ein zentrales Ziel der Pflanzaktion. "Wir haben ein Spendenvolumen von mehr als 5000 Euro erzielt", berichtet Klaus Rümler vom RC Kassel. Nach Angaben von Rotary International kostet die Impfung eines Kindes drei US-Dollar, so dass mit diesem Betrag mindestens 1500 Kinder geimpft werden können.
Kinderlähmung ist grausam
"Kinderlähmung ist grausam, Schluckimpfung ist süß" – mit diesem Slogan wurde in Deutschland seit den sechziger Jahren für die Polio-Schluckimpfung geworben. Die Poliomyelitis ist eine durch Magen-Darm-Viren durch den Mund aufgenommene Viruserkrankung, die in wenigen Prozent der befallenen Kinder das Rückenmark infiziert und dann zu akuter Atemlähmung und Tod sowie bei Überleben zu dauerhaften Lähmungen und Verwachsungen der Gliedmaßen führen kann.
Die weltweite Impfkampagne startete 1955 durch den von Jonas Salk in den USA entwickelten und heute noch ähnlich genutzten Tot-Impstoff. Etwas später, 1960, kam der durch Albert Sabin entwickelte Lebendimpfstoff mit abgeschwächten Viren hinzu, der auf einem Zuckerwürfel geträufelt und geschluckt werden kann, also nicht mehr injiziert werden musste. Die Schluckimpfung eignet sich insbesondere für Massenimpfungen in Endemiegebieten. Allerdings können die lebenden Viren ganz selten Impfpolio auslösen, weshalb diese Impfvariante seit 1998 in Deutschland nicht mehr praktiziert wird und durch den Totimpfstoff abgelöst wurde.
"Neben den zwischenstaatlichen Organisationen WHO und Unicef ist es unter den NGO vor allem Rotary International, die sich seit 1985 als zentrales Thema die weltweite Ausrottung von Polio zum Ziel gesetzt hat", erinnert Bertram Hilgen, Präsident des RC Kassel. Jeder Rotary Club in der Welt sammelt jedes Jahr Spenden und einen Teil der Mitgliedsbeiträge für die Impfkampagnen der WHO.
Weltweite Impfung ist großer Erfolg
Insgesamt sind die weltweiten Impfbestrebungen bisher ein großer Erfolg. Seit den 1990er Jahren gilt Deutschland als poliofrei. Außer einzelnen Nachweisen zum Beispiel in Nigeria, Indien, Pakistan und Afghanistan galt die Erkrankung bereits als weitgehend ausgerottet, bis sich im Jahr 2000 in der Republik Kongo und 2010 in Tadschikistan größere Ausbrüche ereigneten. Die Annahme, nur ferne asiatische oder afrikanische Länder seien betroffen, erwies sich spätestens im September 2022 als falsch, als Polioviren im New Yorker Abwasser nachgewiesen worden sind, bei gleichzeitig gefährlich nachlassender Impffrequenz in den westlichen Bevölkerungen. "Der Rotary Slogan 'End Polio Now' bekommt so ganz aktuell wieder Gewicht. Derzeit sind wieder verstärkte Anstrengungen vonnöten, um die Krankheit zu dezimieren oder möglichst doch noch ganz auszurotten", sagt Terheyden. Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt die Impfung auch für Menschen in Deutschland. Erforderlich sei die Grundimmunisierung im Alter von 2, 4 bis 11 Monaten und die Auffrischungsimpfung im Alter von 11 bis 16 Jahren.
Claus Peter Müller von der Grün ist Journalist. 1960 in Kassel geboren kehrte er — nach dem Studium in Dortmund und verschiedenen beruflichen Stationen in Dortmund, Düsseldorf und Frankfurt — nach der Wiedervereinigung nach Kassel zurück. Dem RC Kassel-Wilhelmshöhe gehört er seit dem Jahr 2000 an. Im Jahr 2013/14 war er Präsident seines Clubs. Sowohl im Club, als auch auf der Distriktebene war er schon mehrfach in Sachen der Kommunikation aktiv, derzeit ist er Distriktberichterstatter von D1820.
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