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Distrikt

Maßnahmen für mehr Menschlichkeit

Distrikt - Maßnahmen für mehr Menschlichkeit
Ernst Hanisch (rechts) beim ersten Besuch in Israel in den frühen 70ern © Ernst Hanisch (drei Fotos)

Ernst Hanisch (RC Offenbach-Dreieich) ist Friedensbeauftragter des Distrikts. Anhand dreier Fragen erklärt er, warum Rotary und seine Mitglieder für Friedensarbeit prädestiniert sind.

Claus Peter Müller von der Grün03.12.2023

Ist Frieden ein Thema für Rotary?

Als humanitäre Organisation gehört Frieden zu den Grundpfeilern der Mission von Rotary. Mit Service-Projekten, Fellowships und Stipendien zur Friedensförderung ergreift Rotary Maßnahmen, die die tieferen Ursachen von Konflikten wie Armut, Diskriminierung, ethnische Spannungen, mangelnden Zugang zu Bildung und ungleiche Ressourcenverteilung betreffen, zu bekämpfen.

Rotary war 1945 bei der Gründung der Vereinten Nationen dabei und wurde als eine von nur 42 Organisationen dazu eingeladen, bei der UN-Charta-Konferenz im kalifornischen San Francisco der US-Delegation in beratender Funktion zu assistieren. Dabei dienten Rotary-Mitglieder als Delegierte, Gutachter/innen und Berater/innen: Sie leiteten die Tagesordnungen, verfassten Beschlüsse und halfen dabei, Streitigkeiten zwischen Delegierten beizulegen.

Heute nimmt Rotary den höchsten Beraterstatus ein, der einer Nichtregierungsorganisation vom UN-Wirtschafts- und Sozialrat angeboten wird, der viele Sonder-UN-Organisationen beaufsichtigt.

Wie kann sich Rotary für Frieden engagieren?

2023, friedensbeauftragter, ernst hanisch, ex-mujaheddin, herat
Ernst Hanisch beim Besuch in Herat, bewacht von einem ehemaligen Mujaheddin

Im Jahr 1999 startete Rotary das Rotary-Peace-Centers-Programm, um neue Generationen von Friedensstiftern und -stifterinnen auszubilden. Der erste Jahrgang der Rotary Peace Fellows begann sein Studium im Jahr 2002. Eines der neuesten Rotary Peace Center an der Makerere University in Uganda ist das erste in Afrika. Führende Friedens- und Entwicklungshelfer und -helferinnen, die aus Afrika stammen oder dort berufliche Erfahrung gesammelt haben, können sich für das Postgraduierten-Zertifikatsprogramm bewerben, bei dem die Herausforderungen an die Friedenserhaltung in der Region im Vordergrund stehen.

Rotary geht das Konzept "Frieden" mit Zusammenhalt, Inklusion und einem breiten Spektrum an Möglichkeiten zum Engagement an.

Im Einzelnen sind das:

GLOBAL GRANTS

Club- und Distriktprojekte, die der Aufklärung zum Thema und der Friedensförderung und Konfliktprävention dienen, können mit Global Grants der Rotary Foundation bezuschusst werden. Global Grantsunterstützen große, internationale Aktivitäten mit zukunftsfähigen, messbaren Resultaten in einem der Schwerpunktbereiche von Rotary.

Die Ziele bei der Friedensförderung sind:

  • Ausbau der Fähigkeit des Einzelnen und der Gemeinwesen im Bereich Konfliktbeilegung und Friedensstiftung
  • Aufklärung und Fortbildungen für Menschen aus dem Gemeinwesen im Bereich Erziehung und Führung mit besonderem Friedensaspekt, Konfliktprävention und Konfliktlösung
  • Unterstützung zur sozialen Integration gefährdeter Bevölkerungsgruppen
  • Förderung des Dialogs und der Gesellschaftsdynamik zur gemeinsamen und gerechten Nutzung natürlicher Ressourcen
  • Förderung von Expertinnen und Experten, die ein Zusatzstudium in der Friedensarbeit und Konfliktforschung anstreben

Die Wissenschaftlerin und Menschenrechtlerin Mina Chiang sagt:

"Die Rotary Action Group Against Slavery war für mich ein perfekter Ansatzpunkt, um mit Rotarierinnen und Rotariern in Kontakt zu treten. …. Rotary hat mich nicht nur mit dem Stipendium unterstützt, sodass ich mir die Fähigkeiten und Wissen aneignen konnte, die ich heute im Kampf gegen moderne Sklaverei einsetze. Die Organisation ist auch ein Pionier bei diesem sozialen Problem, das mir sehr am Herzen liegt. Wirklich wundervoll."

ZUSAMMENARBEIT MIT FRIEDENSPARTNERN

INSTITUTE FOR ECONOMICS AND PEACE

In Zusammenarbeit mit dem Partner Institute for Economics and Peace (Institut für Wirtschaft und Frieden), einer unabhängigen und in der Friedens- und Konfliktforschung führenden Ideenschmiede, will Rotary Konfliktursachen aufdecken und friedensfördernde Bedingungen schaffen.

Die Partnerschaft konzentriert sich auf die Aus- und Weiterbildung im Bereich positiver Frieden. Während negativer Frieden in der Regel als Abwesenheit von Gewalt definiert wird, betrachtet positiver Frieden die zugrunde liegenden Bedingungen, die zu friedlicheren Gesellschaften führen, einschließlich guter Regierungsführung, Zugang zu benötigten Versorgungsleistungen, ein gesundes Wirtschaftsumfeld und die Achtung von Menschenrechten.

Clubmitgliedern und führenden Persönlichkeiten des Gemeinwesens stehen folgende Materialen zur Verfügung:

  • Die Rotary Positive Peace Academy, ein kostenloser Online-Kurs
  • Die Präsentation und das Handbuch "Positiver Frieden"
  • der Leitfaden "Positiver Frieden in Aktion", um Workshops zu dem Thema zu geben

MEDIATORS BEYOND BORDERS INTERNATIONAL

Mediators Beyond Borders International (MBBI) arbeitet mit Clubs und Distrikten an Friedenskonsolidierungs- und Mediationsfähigkeiten, um Gemeinwesen zu stärken und zu stabilisieren.

MBBI und Rotary haben bereits an folgenden Projekten zusammengearbeitet:

  • In Indonesien: Gewalt verringern, die Zivilgesellschaft stärken und Rechenschaftspflicht durch Daten und Dokumentation erreichen
  • In Kolumbien: Leben retten und indigene Gemeinschaften vom Stigma und Trauma sexueller Gewalt befreien
  • In Südamerika, Südostasien und Westafrika: Entwicklung regionaler Frauengruppen als Friedensstifterinnen
  • In Südamerika, Südostasien und Westafrika: Entwicklung regionaler Gruppen zur Friedensstiftung

Das Programm Peace Conversation Facilitation von MBBI hilft Rotarierinnen und Rotariern, schwierige Gespräche in ihren Clubs und Gemeinden zu führen. In diesem dreimonatigen, praktisch ausgelegten Programm werden Rotary-Mitglieder darin geschult, Vermittlerinnen und Vermittler sowie Coaches im Bereich Friedensförderung zu werden. Anschließend helfen sie Clubs, Gespräche zu Themen wie interreligiöse Konflikte, Obdachlosigkeit, LGBTQ-Gemeinschaft zu führen.

PEACE CORPS

Rotary und Peace Corps (Friedenscorps) haben die Friedens- und ehrenamtliche Arbeit gemein und sind eine globale Partnerschaft zur Förderung der Entwicklung und des Freiwilligendienstes eingegangen.

SHELTERBOX

ShelterBox wurde im Jahr 2000 von einem Rotary Club gegründet und bietet Familien, die ihr Zuhause durch eine Katastrophe verloren haben, Notunterkünfte und Grundausstattung. Dazu zählen beispielsweise Zelte, Planen und Haushaltsgegenstände wie Matratzen und Kinderkleidung. Rotary arbeitet mit ShelterBox zusammen, indem es das Bewusstsein für seine Arbeit schärft und bei Katastrophen vor Ort unterstützt.

ShelterBox hat vertriebenen Menschen in Syrien sowie Flüchtlingshaushalten in Jordanien, im Irak und im Libanon geholfen sowie Familien unterstützt, die durch Griechenland kamen. Die Organisation setzt sich außerdem für Familien ein, die durch Konflikte in der Umgebung des Tschadseebecken vertrieben wurden.

Wie sollte sich Rotary, aber auch jede Freundin und jeder Freund individuell verhalten, wenn ein Konflikt scheinbar jedes Gespräch unter den Menschen unmöglich erscheinen lässt?

Ich erinnere mich, ich erinnere mich immer noch… als Sohn eines Schlesiers und einer Südmährerin, vertrieben aus ihrer Heimat, weiß ich, wie schwer und lange erlittenes Unrecht nachwirkt. Auch mit der Zeit wird es nicht unbedingt besser, es bleiben immer Narben.

In diesem Kontext ist es gut, Freundinnen und Freunde zu haben, die nicht Konfliktpartei sind, und behutsam vermitteln können. Wenn Gespräche ersterben, verlieren wir unsere Menschlichkeit. Deshalb sollte es unser stetes Bestreben sein, dies im Auge zu behalten. Manchmal ist es aber so, dass es keine Gespräche mehr geben kann. Auch das gehört zur Lebenserfahrung dazu. 

Claus Peter Müller von der Grün

Claus Peter Müller von der Grün ist Journalist. 1960 in Kassel geboren kehrte er — nach dem Studium in Dortmund und verschiedenen beruflichen Stationen in Dortmund, Düsseldorf und Frankfurt — nach der Wiedervereinigung nach Kassel zurück. Dem RC Kassel-Wilhelmshöhe gehört er seit dem Jahr 2000 an. Im Jahr 2013/14 war er Präsident seines Clubs. Sowohl im Club, als auch auf der Distriktebene war er schon mehrfach in Sachen der Kommunikation aktiv, derzeit ist er Distriktberichterstatter von D1820.