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Frankfurt

MENTEA II

Frankfurt - MENTEA II
Georg-Christof Bertsch und seine Kollegen erarbeiten mit den Mentees Zwischenschritte: Wie kann es weitergehen auf dem Weg zu einer Berufsausbildung? © berami (alle Fotos)

Einige Rotarier im Distrikt 1820 beließen es nicht bei der Weihnachtsspende 2016 sondern beteiligen sich aktiv an MENTEA, einem Mentoren-Projekt für junge Geflüchtete. Jetzt gibt es erste Erfolge zu berichten.

Christian Kaiser18.04.2018

Weihnachten 2016 hatte Clubpräsidentin Heidrun Dörken (RC Frankfurt am Main-Städel) zur Hilfe für jugendliche Flüchtlinge aufgerufen. Einige Rotarier beließen es nun nicht bei Geldspenden, sondern beteiligten sich darüber hinaus aktiv an MENTEA, einem Mentoren-Projekt für junge Geflüchtete.

Im September 2017 hatte das Rotary Magazin online über die Anfänge von MENTEA berichtet (rotary.de/a11311). Nun ist es Zeit für eine erste Zwischenbilanz. Grundlage dafür sind Bulletins, die Georg-Christof Bertsch, Öffentlichkeitsarbeit beim RC Frankfurt a.M.-Friedensbrücke, in dreiwöchigen Abständen herausgibt.

In der ersten Ausgabe werden von Aslak Petersen (RC F-Friedensbrücke), Sprecher der rotarischen Mentoren, die Ziele des Programms nochmal auf den Punkt gebracht: Bei schulischen Themen unterstützen, bei der Berufsfeldorientierung beraten, Praktikumsstellen vermitteln und im Bewerbungsprozess für eine Lehrstelle begleiten. Hierbei sieht er MENTEA im Einklang mit zwei zentralen Förderzielen von Rotary International, nämlich Friedensförderung und Bildung. Auch er selbst lerne viel dazu, etwa über unsere Gesellschaft mit ihren Strukturen aus der Sicht seines Mentees, sagte Petersen.

Anine Linder, MENTEA, Projektleiterin, Frankfurt am Main, Frankfurt, Flüchtlinge
Projektleiterin Anine Linder plant die Zusammenarbeit von Mentees und Mentoren.

In einem weiteren Bulletin kommt Projektleiterin Anine Linder zu Wort. Sie versteht sich als Schaltstelle zwischen institutionellen Partnern, Mentees und Mentoren. MENTEA  setzt laut Anine Linder da an, wo institutionelle Betreuung nicht reicht: Persönliche Netzwerke und Kontakte der Rotarier eröffnen häufig Wege, die sonst nicht gangbar sind. Und Anine Linder zitiert zu den Problemen der Integration eine Kollegin: "Jeder, der es geschafft hat, hat mindestens fünf Leute hinter sich, die dabei geholfen haben."

Auch für den Bewerbungsprozess junger Migranten wichtig ist ein übersichtlich gestalteter Lebenslauf. Rotaracter Alex Flade (RAC Frankfurt am Main), im Berufsleben IT-Spezialist, setzt mit seiner Hilfe hier an und vermittelt den Mentees dabei gleich Grundkenntnisse der gebräuchlichen EDV-Programme.

Erste Erfolge

Über bereits konkrete Erfolge im Bewerbungsprozess wird in weiteren Bulletins berichtet.

„Es gibt viele Leute, die helfen, aber du allein hattest Zeit für meine Ausbildung“, so Mentee Hossein Rezayi im Gespräch mit seiner Mentorin Heidrun Dörken anlässlich des Abschlusses eines Ausbildungsvertrags als Fahrzeuglackierer. 

Heidrun Dörken, Hossein Rezayi, MENTEA, Frankfurt am Main, Frankfurt, Flüchtlinge
Wichtige Denkarbeit: Heidrun Dörken hilft Hossein Rezayi beim Erarbeiten eines Konzeptes.

Doch davor lag ein langer Weg: Nach einem Praktikum bei der Frankfurter Feuerwehr gab es dort keine Ausbildungsplätze mehr. Eigentlich wollte Hossein ja Schreiner werden, fand aber auch da keine Lehrstelle. Entscheidend waren schließlich gemeinsame Besuche bei der Arbeitsagentur und der Handwerkskammer sowie ein Gespräch mit Mit-Mentor Andreas Goetz (RC F-Friedensbrücke).  Hier kam der entscheidende Hinweis auf Mangelberufe, über die praxisnah in kurzen Filmen unter www.berufe.tv berichtet wird. 

Beim Anblick einer Sprühpistole erinnerte sich Hossein an seine frühere Arbeit als Möbellackierer, die ihm Freude gemacht hatte. Schnell war ein Praktikumsplatz gefunden. Dank seiner hohen Motivation und Geschicklichkeit sowie seiner Freundlichkeit im Umgang folgte kurz darauf der Ausbildungsvertrag.  

Amir Hosseinzada,  MENTEA, Frankfurt am Main, Frankfurt, Flüchtlinge
Amir Hosseinzada ließ sich nicht beirren, lernte und hat nun eine Lehrstelle als Steinmetz.

Auch Amir Hosseinzada legte einen weiten Weg zurück. Bereits 2009 musste er mit seiner Familie Afghanistan verlassen und in den Iran fliehen, wo alle ein ärmliches Dasein ohne Perspektiven fristeten. Nach fünf Jahren machte sich Amir – jetzt ohne Familie - erneut auf die Flucht und erreichte schließlich Deutschland. Hier konnte er bald mit Deutschkursen anfangen. Die Schulbildung schloss sich an und 2017 schaffte Amir den Hauptschulabschluss – hierbei bereits unterstützt von seinem Mentor Andreas Götz. 

Die folgende Suche nach einer Lehrstelle erwies sich als schwieriger als gedacht. So bieten viele Betriebe Praktika an - ohne nachfolgendes Ausbildungsverhältnis. In Gesprächen mit Berufsberatern der Handwerkskammer entdeckte Amir schließlich seine Neigung zum Beruf „Steinmetz“ und begann ein Praktikum. Seine Chefin erkannte schnell sein handwerkliches Geschick, seine Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit und die ständige Bereitschaft, „Arbeit nicht liegen zu lassen“. Jetzt bot ihm der Betrieb zum August eine Lehrstelle an.

Mit dem PraxisLernProjekt einer Lehrerkooperative wird Amri darauf weiter vorbereitet. „Wenn du die Ärmel hochkrempelst und weiterlernst, kannst du deinen Weg in eine sichere berufliche Zukunft als Steinmetz gehen“, so Andreas Götz.

Farhad Zamani, MENTEA, Projektleiterin, Frankfurt am Main, Frankfurt, Flüchtlinge
Farhad Zamani bei einem der Workshops - er möchte gern einen Beruf in der Modebranche ergattern.

Auch Farhad Zamani, der Schützling von Georg-Christof Bertsch, hat gerade die Hauptschule erfolgreich abgeschlossen. Er hat sich in der Wilhelm-Merton-Abendrealschule eingeschrieben und möchte später im Bereich Mode arbeiten. Auch bei der Suche nach einem Praktikum kann Farhad mit der Hilfe seines Mentors rechnen. Wie alle Mentees zeigt sich auch Farhad sehr dankbar. „Wenn ich in zehn Jahren einen guten Beruf habe, möchte ich auch gerne Jungen helfen, die sich hier in Frankfurt nicht orientieren können“,  so seine Ankündigung.

MENTEA, Frankfurt am Main, Frankfurt, Flüchtlinge
Die Mentees freuen sich über die Chancen, die sich ihnen bieten. Die Rotarier sind nicht nur Ausbilder, sondern auch Vorbilder für sie geworden.

Im Bulletin Nr. 9 vom März 2018 unterhalten sich Mentorensprecher Aslak Petersen und Bulletinverfasser Georg-Christof Bertsch über den Sinn der hier geleisteten Öffentlichkeitsarbeit - mit dem Fazit: „Nur dann öffentlichkeits-aktiv werden, wenn es wirklich wichtig ist – und nicht um der Publikation willen publizieren.“ Und weiter: „Es ist wirklich wichtig, dass wir ausführlich über dieses spannende Projekt berichten. Die gesamte rotarische Gemeinde kann so den Prozess, die Komplexität, aber auch die Freude, die das Projekt stiftet, verfolgen. Darüber hinaus richten sich die Bulletins auch an Mentees, Förderpartner, städtische Stellen. Sie sollen dabei helfen, die Qualität aber auch die Herausforderungen der jeweiligen Arbeit darzustellen und dafür zu werben.“