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Im Gespräch mit Wolfgang Gemeinhardt

„Rotarys Kompetenz wird gebraucht“

Der Beauftragte des Deutschen Governorrates und Sprecher des Arbeitskreises Werte – Bildung – Beruf der Distriktbeauftragten Past-Gov. Wolfgang Gemeinhardt, RC Usingen, über die Bedeutung des Berufsdienstes:

Matthias Schütt17.02.2015

Gibt es einen aktuellen Bedarf am Berufsdienst von Rotary?
Aktuell ist unser Berufsdienst seit 110 Jahren, als die vier Rotary-Gründer vier höchst unterschiedliche Berufe zusammenbrachten: Rechtsanwalt, Ingenieur, Kohlenhändler und Textilkaufmann. Hier liegt unsere Kernkompetenz, die wir pflegen und weiterentwickeln. Die Berufsinformation ist dabei ein zentraler Pfeiler, letztlich aber nur eine von vielen möglichen Aktivitäten. Beispiele für besondere Herausforderungen heute sehe ich unter anderem in der zunehmenden Leseschwäche bei Kindern und der Notwendigkeit, Migranten in Gesellschaft und Arbeitswelt zu integrieren.

Führten solche Erfahrungen zur Überlegung, die Angebots­palette des Berufsdienstes auszubauen und neu zu struk­turieren?
Ja, meine Freunde im Arbeitskreis der Distriktbeauftragten und ich wollen aufmerksam machen auf die weite Palette der Möglichkeiten, die unsere Mitglieder mitbringen – aus beruflicher Vielfalt, Kompetenz und Vernetzung. Wir alle wissen, dass berufliche Solidität nicht von selbst kommt, sondern gefordert und gefördert werden muss – mit praktizierter Fairness und gelebten Werten! Deshalb „Werte – Bildung – Beruf“!
Im Übrigen gab es diese Angebote alle schon, die Clubs haben sie erfunden, kein Arbeitskreis! Wir haben nur erkannt, dass es sinnvoll ist, diese Angebote zu bündeln. RYLA etwa zielt eindeutig auf die Entwicklung von Führungs- und Wertekompetenzen bei jungen Menschen – auch wenn es eventuell in einem anderen Servicebereich angesiedelt ist, entscheidend ist, dass es unter das Dach „Werte – Bildung – Beruf“ gehört. Wenn wir unsere Aktivitäten und Energien konsequent bündeln, auch zwischen Diensten und Distrikten, können wir noch stärker werden.

Bei der Berufsinformation wird besonders deutlich, dass sich der Fokus des Engagements verschoben hat: von der sogenannten Elite zu Kindern und Jugendlichen, die eher Schwierigkeiten in der Schule haben. Wie sehen Sie das?
Es gibt schon viele Clubs, die seit Jahren Projekte für unterschiedliche Schularten und besondere Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen entwickeln. Wenn wir heute verstärkt auf Schülermit Problemen schauen, dann wegen der aktuellen Anforderungen, die ich oben erwähnt habe.

Wenn Sie einen Club für diesen neuen Ansatz im Berufsdienst begeistern wollen, wie gehen Sie da vor?
Ich empfehle, mit offenem Blick durch das Gemeinwesen zu schauen, wo die Bedürfnisse liegen und was gebraucht wird. Hören Sie zu und schauen Sie immer auf den Bedarf, nicht auf eigene Vorlieben! Ein fataler Fehler ist es zum Beispiel, wenn Sie ein Projekt für Schüler machen wollen, aber in der Schule selbst keine Fürsprecher haben. Dann kann man es gleich bleiben lassen. Und dann sollten Sie auch gucken, was andere Clubs tun. Rotarische „Blaupausen“ zu nutzen ist keineswegs ehrenrührig, sondern effizient und vermeidet mitunter Startfehler. Wer weitere Anregungen sucht, sollte unbedingt einmal unsere neue Website rotary.de/berufsdienst aufrufen und dort insbesondere die Projektinfobank. Vielleicht ergibt sich dort auch die Möglichkeit, als Partner in ein vorhandenes Projekt einzu­steigen.

Matthias Schütt

Matthias Schütt ist selbständiger Journalist und Lektor. Von 1994 bis 2008 war er Mitglied der Redaktion des Rotary Magazins, die letzten sieben Jahre als verantwortlicher Redakteur. Seither ist er rotarischer Korrespondent des Rotary Magazins und seit 2006 außerdem Distriktberichterstatter für den Distrikt 1940.