Bienen auf dem Hausdach
Es summt auf den Dächern
Hobby-Imker stellen immer öfter in den Städten ihre Bienenkästen auf – das ist beileibe nicht nur eine Bio-Masche.
Ssssum – sobald die Temperaturen zwölf bis 13 Grad übersteigen, sind sie wieder da: Bienen. Sie brummeln von Blüte zu Blüte, sammeln Nektar und machen sich auf den Heimweg. Zum FC-St.Pauli-Stadion in Hamburg zum Beispiel. Oder zur Laeiszhalle, einer Konzerthalle, auf deren Dach es wie im Cellokonzert brummelt – aus mehreren Bienenkörben. In Hamburg unterstützen allein 4500 Honig-Bienenvölker jedes Jahr die wilden Artgenossen beim Bestäuben von Blumen, Sträuchern und Bäumen. Rund 900 Imker sind in Stadt und Umland gemeldet, und es werden mehr.
Bio-Unterricht auf dem Balkon
Bienen sind offenbar die neuen Trend- „Haustiere“. Bis zu 60.000 Immen plus Königin gehören zu einem Volk, wohnhaft nicht mehr im traditionellen Bienenkorb, sondern im Kasten mit Rahmen für den Wabenbau. Städter finden das faszinierend, wollen Bio und Selbstversorger sein – mit eigenem Honig. „Allerdings sollte man dann mehr wissen, als dass Bienen Blumen bestäuben und leckeren Brotaufstrich liefern“, so die deutschen Imkerverbände, die auch Kurse geben. Denn in der Stadt bieten Miniparks, Balkons, Vorgärten und grüne Dächer tatsächlich paradiesische Möglichkeiten für Bienen. Anders als bei Agrar-Monokulturen ist der Tisch für die Stadt-Bienen reich gedeckt – von Frühblühern bis zur Herbsttracht.
Nils Gerber von Beesharing, einer GmbH für Städter mit Imker-Gen, Landwirte und Interessierte, freut sich vor allem, dass so die Zahl der Bienen wächst: „Krankheiten, Pestizide und die Überalterung der Imker führten dazu, dass es längst zu wenige Bienenvölker bei uns gibt. Etwa 80 Prozent unseres Honigs kommen deshalb als Billigimporte aus Osteuropa und Südamerika.“
Dabei kann man sich heutzutage den Honig fürs Frühstücksbrötchen quasi vom Balkon holen. Eine sogenannte Bienenbox kann dort ein ganzes Bienenvolk beherbergen. Direkt neben Blumen angebracht gibt’s außerdem den Biologieunterricht für die Kinder gratis. Dafür muss es direkt vor der Haustür nicht mal grün sein. Bis zu 40 Ausflüge machen Bienen täglich, drei bis vier Kilometer Distanz und rund 3.500 Blüten schaffen sie dabei.
Erste Honigernten sind ab Ende Mai möglich. Durch die leicht höheren Temperaturen und das vielfältigere Nahrungsangebot in der Stadt können die Bienen zudem länger unterwegs sein – heißt: höhere Ausbeute. „Bis zu 15 Prozent mehr, bei etwa 25 Kilogramm pro Volk und Jahr“, weiß Nils Gerber, der außerdem meint, dass jeder Bienen halten sollte. „Landwirtschaft und Obstbau – überhaupt die ganze Natur braucht die Bienen.“
Bienen spüren alles
Gerber hat mit zwei Freunden in den vergangenen Jahren die Idee von „Beesharing“ umgesetzt. 15 Bienenvölker haben sie auf den Dächern von Hotels und Unternehmen stehen, vernetzen Imker, Landwirte und Hobby-Imker, vermitteln Völker, sorgen für Stellplätze und schleudern Honig. Das hat inzwischen mehr mit Organisation zu tun als mit Imkern, deshalb freut sich der 27-Jährige darauf, wenn er mal wieder mit „Bienendienst“ dran ist. „Es gibt nichts Besseres, um den Kopf frei zu bekommen. Die Bienen merken ganz schnell, wenn man gestresst ist – dann sind sie es auch.“
Mit Biene Maja hat das Imkern noch nie was zu tun gehabt, dennoch versuchen die Imker auch, in Kindergärten und Schulen Naturverbundenheit zu wecken und Nachwuchs anzuwerben. Und zu zeigen, dass guter Honig aus der Region nicht für 2,39 Euro zu haben ist. Für alle, die nach Modernität rufen, haben die Stadt-Imker Smartphone-Apps zur Bienenstock-Verwaltung und in Kürze auch das erste Bestäubungsnetzwerk im Angebot – neben Notruf-Möglichkeiten über das Web, wenn doch mal ein Bienenvolk dorthin schwärmt, wo es nicht ins moderne Leben passt.
Mehr Informationen:
Maurice Maeterlinck: Das Leben der Bienen, Union Verlag, 256 Seiten, 19,90 Euro
Kurse:
Regionale und örtliche Imkerverbände und -vereine, stadtbienen.org, beesharing.de, bienenbox.de
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